Zum ersten Mal: Eine Frau an der Spitze der PT

Gleisi Hoffmann mit jungen Delegierten. Foto: pt.org.brBrasiliens Arbeiterpartei (PT) wird zum ersten Mal in ihrer Geschichte von einer Frau geführt. Die 593 Delegierten des 6. Parteitags der PT wählten die 51jährige Rechtsanwältin und Senatorin Gleisi Hoffmann mit 62 Prozent der Stimmen zu ihrer neuen Vorsitzenden. Sie setzte sich damit deutlich gegen ihren Konkurrenten, den 47jährigen Senator Lindbergh Farias, durch.

Inhaltlich stand der Kongress ganz im Zeichen des Widerstands gegen das im vergangenen Jahr an die Macht geputschten Regimes von Staatschef Michel Temer. Die Forderung nach dessen Rücktritt war allgegenwärtig. »Eines sehen wir ganz klar: Diese Regierung ist nicht in der Lage, zu regieren, sie kümmert sich nicht um die Menschen«, unterstrich Hoffmann in ihrer ersten Ansprache als Parteichefin.

Als Senatorin hatte sie vehement für ihre Parteifreundin, die 2014 gewählte Präsidentin Dilma Rousseff gestritten, der durch ein dubioses Amtsenthebungsverfahren im vergangenen Jahr das Amt genommen worden war. In ihrer Bewerbungsrede um das höchste Parteiamt betonte Hoffmann, »eine Übereinkunft mit jener Bourgeoisie«, die verfassungsbrüchig geworden sei, für »unmöglich«. Dem auch in der PT anzutreffenden Machismus müsse durch stärker horizontale und kollektive Entscheidungen entgegengewirkt werden. Mehr einbeziehen möchte die neue PT-Vorsitzende die Jugend.

Die PT fordert die Durchführung direkter Präsidentschaftswahlen und hat dafür eine Verfassungsänderung beantragt. Nach den derzeitigen Bestimmungen müsste das Parlament einen Nachfolger für Temer bestimmen.

Muito obrigada pelo carinho e pelos 62%! #gleisipresidenta Foto: Ricardo Stuckert

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Zudem solidarisierten sich die Delegierten mit ihrem früheren Vorsitzenden und brasilianischem Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. Dieser verurteilte in einer kurzen Ansprache während der Abschlusstagung des Parteitages die gegen ihn gerichtete juristische Verfolgung und bekräftigte, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. »In jedem Land der Erde muss die Justiz Beweise vorlegen, um jemanden zu verurteilen oder zu bestrafen. Aber im Brasilien von heute muss man seine Unschuld beweisen.« Es handle sich um einen Versuch der Rechten, seine Rückkehr in den Präsidentenpalast Planalto zu verhindern. Lula liegt nach Umfragen in der Wählergunst klar vorn.

Brasilianische Medien hatten am Sonnabend berichtet, dass die Strafverfolgungsbehörden die Verurteilung Lulas zu einer Haftstrafe und die Verhängung einer Millionenstrafe wegen »Geldwäsche und passiver Korruption« fordern. Nach Darstellung der Ankläger soll der Expräsident von einem Baukonzern im Zusammenhang mit einer Luxusimmobilie (Triplex) begünstigt worden sein – die dieser nachweislich weder besessen noch je genutzt hat. Voraussichtlich Ende Juni wird Richter Sérgio Moro, der selbst die Untersuchungen geleitet hat – ein Paradox brasilianischer Strafprozesse – sein Urteil in erster Instanz fällen.

Quellen: TeleSur, junge Welt / RedGlobe