Freitage für wessen Zukunft?

Am heutigen Freitag kommt es auch in Luxemburg wieder zu den mittlerweile bekannten Schülerprotesten, welche auf eine Änderung in der Klimapolitik drängen. Betont wird von den Organisatoren, keine politischen Logos beim Protest, der unter anderem die »Roud Bréck« blockieren soll, dabeihaben zu wollen.

Diese Forderung ist sicher legitim, zeigt jedoch auch den ersten Denkfehler in dem Glauben, Klimaproteste losgelöst von Politik sehen zu können. Kein Mensch und kein Handeln ist unpolitisch und gerade in der Klimapolitik gilt es, die richtigen Fragen zu stellen, auch wenn zunächst positiv hervorgehoben werden sollte, daß junge Menschen sich in Zeiten der Abkehr von der Politik wieder beginnen, zu mobilisieren.

All die nun von der herrschenden Politik, allen voran die grünen Parteien in Regierungsverantwortung, dekretierten Maßnahmen, die Umweltverschmutzung und Klimawandel Einhalt gebieten sollen, tragen keine sozialen Komponenten in sich. Im Gegenteil sind pauschale Anhebungen der Kraftstoffpreise oder die Einführung von Energiesteuern eine Belastung für kleine Einkommen, die sich nicht alle paar Jahre ein neues Auto leisten können, jedoch, auch aufgrund des Liberalisierungs-Kahlschlages, im Öffentlichen Transport keine Ausweichmöglichkeit für ihre Mobilitätsbedürfnisse finden, eine schwere Last. Demgegenüber werden Reiche und Konzerne mit solcherlei Abgaben wohl kaum wirklich behelligt.

Ohnehin ist der aktuelle Trend, persönlichen Verzicht der Bürger zu fordern, sicher nicht der richtige Weg, denn diese sind nicht die Hauptverursacher, sondern die Unternehmen, welche umweltschädlich produzierte Produkte oder Dienstleistungen, wie billige Flugreisen auf Kosten der Beschäftigten, überhaupt erst anbieten.
Die allermeisten der demonstrierenden Schüler dürften noch nicht in der Situation sein, sich ein Auto oder die Tankfüllung vom Mund absparen zu müssen und wünschen möchte man es ihnen auch keineswegs. Es muß allerdings auch bei den Klimaprotesten die Frage aufgeworfen werden, für wessen Zukunft protestiert wird: Für die Zukunft des Kapitalismus mit grünem Anstrich, in welchem die Konzerne und Reichen weitermachen, wie bisher und die Klimapolitik von den Bürgern finanziert wird, oder wollen wir eine Zukunft, in welcher eine Abkehr vom »Weiter so« tatsächlich kommt und wo die Verursacher nicht mit pseudo-umweltfreundlichen Akten wie der Produktion von Elektro-Autos davon kommen, die dann von den Menschen unter Androhung von Steuern und Verboten teuer gekauft werden müssen, während die SUVs und Limousinen weiter vom Band rollen.

Die E-Mobilität stellt eine ebensolche Sackgasse in der Transportpolitik dar, wie die Liberalisierung der Bahn. Die herrschende Politik und die aktuell populären grünen Parteien setzen aber genau auf das falsche Pferd, von hinten aufgezäumt: Propagieren von persönlichem Verzicht der arbeitenden Massen, Zwang auf einen nicht konkurrenzfähigen Öffentlichen Transport und Ausblenden von sozialen Aspekten. Die Frage nach einer besseren Klima- und Umweltpolitik kann nur gemeinsam mit der sozialen Frage gestellt werden. Menschen, die jeden Tag kämpfen müssen, um ihre Miete, ihre Automobilsteuer, Arztrechnungen oder genießbare Nahrungsmittel bezahlen zu können, werden mit der derzeitigen Entwicklung noch mehr Lasten zu tragen haben und sicher nicht offener für die Fragen der Umweltpolitik werden.

Dies müssen die Schüler und alle anderen Umweltaktivisten im Hinterkopf haben, wenn sie für eine bessere Zukunft auf die Straße gehen.

Christoph Kühnemund

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek