Den Opfern einen Namen geben

Redebeitrag von Oliver Jonischkeit, GLB-Bundessekretär und AK-Rat in Wien bei der Kundgebung zum Jahrestag der Pogromnacht 1938 am 9. November 2019 beim Aspangbahnhof in Wien

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Anwesende,

viele von euch sind mit den Wiener Linien zu dieser so wichtigen Veranstaltung gekommen – ich möchte daher einigen Straßenbahnern einen Namen geben, die von Deportationen betroffen waren: Erstes Opfer der Shoah war der aus der Oberbauwerkstätte stammende Schlosser Eduard Schleifer. Er wurde bereits am 19.2.1941 in das im Südosten von Polen gelegene Ghetto Kielce deportiert, wo sich seine Spur verliert. Ebenfalls unbekannt ist das Todesdatum des pensionierten Schaffners Isidor Oster, der im April 1942 gemeinsam mit etwa 1000 Wiener Juden nach Wlodawa, einer Stadt im äußersten Osten Polens deportiert wurde und wahrscheinlich im Vernichtungslager Sobibor umkam.

Die Pensionisten Adolf Rechnitzer und Josef Salner wurden am 14.7.1942 ins KZ Theresienstadt deportiert. Josef Salner kam dort am 30.4.1944 ums Leben. Adolf Rechnitzer wurde am 21.9.1942 von Theresienstadt ins Vernichtungslager Treblinka überstellt, wo er den Tod fand. Ebenfalls nach Theresienstadt deportiert wurde der 1938 entlassene Schaffner Oskar Ferstl. Er wurde am 29.9.1944 nach Auschwitz überstellt und kam dort ums Leben. Sein genaues Todesdatum ist, wie bei vielen anderen, die in die Vernichtungslager kamen, unbekannt.

Jetzt möchte ich einen Sprung ins Jahr 2019 unternehmen – in die erste Septemberwoche:
– 1.9.2019: der Kärntner FPÖ-Chef Gernot Darmann fordert, dass Drogendealer in Gefängnissen ihre Zellen „mit der Zahnbürste“ putzen sollen.
– 1.9.2019: der oberösterreichische FPÖ-Landesrat Wolfgang Klinger erklärt, dass er „Mischkulturen nicht vorteilhaft“ findet.
– 2.9.2019: bekannt wird, dass in der Facebook-Gruppe „Freiheitliches Forum“ FPÖ-Politiker gemeinsam mit Holocaust-Leugnern aktiv sind.
– 7.9.2019: die Wiener Stadträtin Ursula Stenzel marschiert mit Identitären durch die Wiener Innenstadt.
Das zeigt, wie wichtig der Kampf gegen Rechtsextremismus nach wie vor ist.

Abschließend: es ist klar, dass es keinen Dialog mit Nazis geben kann, diese und deren Ideologie gehören bekämpft. Wenn wir aber in unseren Betrieben, in unserer Umgebung hören, dass über Flüchtlinge, über Asylwerberinnen, über Migrantinnen oder andere Gruppen geschimpft wird, sollen wir nicht weghören oder uns angewidert wegdrehen, obwohl das verständlich wäre – sondern Zivilcourage zeigen und uns einmischen. In diesem Sinn: Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Quelle:

Gewerkschaftlicher Linksblock (GLB)