KPL-Rat Ali Ruckert: »Auf die richtigen Prioritäten kommt es an«

Mit elf Stimmen der Grünen und der CSV und acht Gegenstimmen von LSAP, DP, déi Lénk und KPL verabschiedete der Differdinger Gemeinderat am gestrigen Mittwoch die Budgetvorlage für das Jahr 2021.

In seiner Stellungnahme hielt der kommunistische Gemeinderat Ali Ruckert fest, es handele sich um einen Haushalt in Krisenzeiten. Als einziger wies er darauf hin, dass nicht alle gegenwärtigen Probleme auf die Covid-Krise zurückzuführen seinen, sondern dass bereits ein Jahr vor der Gesundheitskrise ein Konjunkturabschwung einsetzte, die Erdölpreise fielen, die Arbeitslosigkeit anstieg und viele Betriebe weniger produzierten und investierten. Es war der Anfang einer zyklischen Wirtschaftskrise, ohne die der Kapitalismus nicht auskomme und während der massiv Kapital zerstört werde,

Nicht alle Probleme gehen auf die Covid-Krise zurück

Das aber werde gerne unter den Teppich gekehrt, ändere aber nichts daran, dass die Wirtschaftskrise weiter gehe, wenn die Gesundheitskrise, welche die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme wie in einem Brennglas sichtbar gemacht habe, überwunden sei.

Der kommunistische Rat kritisierte, dass die Gemeinden zu wenig Geld aus dem Gesamtsteueraufkommen bekommen, obwohl die Regierung ihnen immer größere Aufgaben auferlegt. Er erinnerte an die Forderung der KPL, den Gemeinden ein Drittel des Gesamtsteueraufkommens zukommen zu lassen, statt viel weniger, wie das derzeit der Fall ist. Gleichzeitig forderte er eine Erhöhung der Gewerbesteuer in Differdingen – eine Steuer die nur von Betrieben bezahlt wird, die Gewinn machen – und die Einführung einer Spekulationssteuer, die unter bestimmten Bedingungen auf leer stehende Wohnungen und auf brach liegendes Bauland eingezogen werden soll, was der Schöffenrat aber blockiere.

Keine neuen Supermärkte genehmigen!

Der KPL-Rat begrüßte, dass die Gemeinde während der vergangenen Monate eine Reihe Initiative ergriff, um Geschäftsinhabern finanziell unter die Arme zu greifen. Er erinnerte daran, dass die Geschäftswelt in Differdingen sich in einer Krise befinde, seit große Handelsketten den kleinen Geschäften zunehmend die Existenzgrundlage entziehen. Daher blute das Zentrum von Differdingen zunehmend aus. Der kommunistische Rat forderte den Schöffenrat auf, für die nächsten drei Jahre keine Genehmigungen für Super- und Hypermärkte auszustellen. Eine Antwort auf diese Forderungen blieb der Schöffenrat aber schuldig.

Auf Taxenerhöhungen verzichten!

Ali Ruckert befasste sich weiter mit den Auswirkungen der Krise auf die Lohnabhängigen und kritisierte, dass die Schaffenden, die kurzarbeiten müssen, nur 80 ihres Lohnes bekommen, statt 100 Prozent, wie das die KPL fordert. Die Verantwortung dafür trage die Regierung, und natürlich sei die Gemeinde nicht dazu in der Lage, diesen Lohnausfall zu kompensieren. Allerdings sollte der Schöffenrat, aus Rücksicht auf den Rückgang der Kaufkraft der Schaffenden und um sie nicht zusätzlich zu belasten, sich wenigstens dazu bereit erklären, während der nächsten Jahre keine kommunalen Taxen und Dienstleistungen zu erhöhen. Seitens des Schöffenrats gab es dazu keine Reaktion.

Zu den für 2021 angekündigten Investitionen in Höhe von 112 Millionen Euro erklärte der kommunistische Rat, dass die KPL eine ganze Reihe von Vorhaben unterstützen werde, darunter Investitionen in neue schulische und sportliche Infrastrukturen, in den Ausbau des Gemeindehauses, den Bau neuer Werkstätten für die technischen Dienste der Gemeinde und den Kauf von 80 Wohnungen im Gravity Tower. Er machte aber auch darauf aufmerksam, dass ein Teil der für 2021 geplanten außerordentlichen Ausgaben keine kommunalen Investitionen sind. Vielmehr finanziere die Gemeinde staatliche Projekte – das von der Regierung geplante Polizeigebäude (8,5 Millionen Euro) und die Grundschule der »Ecole Internationale« (10 Millionen Euro) vor, so dass die eigentlichen kommunalen Investitionen lediglich 93 Millionen Euro ausmachen.

Das lehne die KPL ab, denn das schränke die die kommunalen Investitionskapazitäten ein. Tatsächlich wichtige Investitionen werden zurückgestellt, darunter der Bau eines Leichtathletikstadions, und der Schöffenrat plant die Aufnahme einer neuen Anleihe in Höhe von 9 Millionen Euro.

Krasser Mangel an Mietwohnungen besteht weiter

Der KPL-Rat begrüßte die verschiedenen Initiativen des Schöffenrats im Bereich Wohnungsbau, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass weiter ein krasser Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen in Differdingen besteht.

Um den zu beheben sei es erfordert, dem Wohnungsbau absolute Priorität einzuräumen und allein oder in Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden eine kommunale Baugesellschaft zu schaffen und Bauarbeiter einzustellen, um schneller voranzukommen. Ohne das sei die Wohnungsnot auch während der nächsten Jahre nicht zu beseitigen.

Kategorisch sprach sich der KPL-Rat erneut gegen Privatisierungen aus und forderte den Schöffenrat auf, die Privatisierungen aus den vergangenen Jahren rückgängig zu machen.

Die Prioritäten der KPL

Der kommunistische Rat kündigte an, er werde aus all den genannten Gründen gegen die Budgetvorlage für 2021 stimmen und sich weiter an den von der KPL beschlossenen Prioritäten orientieren. Dazu zählt dass

– die Gemeinde deutlich mehr Geld für soziale Umverteilung und für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Armut ausgibt;

– dem Bau von bezahlbaren Mietwohnungen absolute Priorität eingeräumt und eine kommunale Baugesellschaft geschaffen wird;

– die Privatisierung von kommunalen Einrichtungen und Dienstleistungen rückgängig gemacht wird (zum Beispiel Aquasud und diffbus);

– entschiedene Maßnahmen gegen das Verkehrschaos in Differdingen ergriffen und alle Parkgebühren abgeschafft werden;

auf die Erhöhung von kommunalen Taxen und Dienstleistungen während der nächsten Jahre verzichtet wird.

Nik.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek – KPL-Rat Ali Ruckert: »Auf die richtigen Prioritäten kommt es an«