Der Wettlauf um den Impfstoff

ZLV Zeitung vum Letzeburger Vollek
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Noch nie ging eine Impfstoffentwicklung gegen einen neuen Krankheitserreger so schnell wie heute gegen den SARS-CoV-2, der die Covid-19-Erkrankung auslöst. Weniger als ein Jahr dauerte es, daß Impfstoffe zur Marktreife kamen. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mehr als 200 Impfstoffe in der Entwicklung, 15 davon sind in der dritten klinischen Phase zugelassen, drei davon auch in Europa. Es sollen aber bald noch einige hinzukommen. Hauptsächlich sind es drei unterschiedliche Impfstoffarten: mRNA-basierter Impfstoff (zum Beispiel: BioNTech), Vektor-Impfstoff (zum Beispiel: AstraZeneca oder Sputnik V) oder eher klassisch als Totimpfung (zum Beispiel: Sinopharm).

Die meisten Diskussionen gibt es aktuell über die mRNA-basierten Impfstoffe, da diese zum ersten Mal für die humane Impfung zugelassen wurden. Diese Impfstoffe sind wirklich raffiniert, weil nur Teile des zu bekämpfenden Virus in den Körper kommen und es deswegen keine Infektion geben kann. Zudem wird die mRNA vom Körper des Geimpften selbst schnell wieder abgebaut. An dem Prinzip der mRNA-Impfungen wird seit Anfang der 90er Jahre geforscht und mehrere Impfstoffe dieser Art sind bereits in klinischen Studien, vor allem als Impfstoffe gegen Krebserkrankungen. Bis Ende 2020 waren aber keine humanen mRNA-Impfstoffe zugelassen.

Das Prinzip der Forschung in großen Teilen der Welt sieht folgendermaßen aus: Es wird Grundlagenforschung an den Universitäten aus öffentlichen Mitteln über Jahrzehnte gefördert, bis sich Wissenschaftler mit einem erforschten Patent im Rahmen eines Start-up ausgründen. Auch diese Unternehmen können noch weiter öffentliche Forschungsgelder bei der jeweiligen Regierung oder bei der EU beantragen. Beispiele dafür sind aktuell BioNTech, das aus der Universität Mainz stammt, oder CureVac aus der Universität Tübingen, die unter anderem mit dem deutschen Bayer-Konzern kooperieren, aber den Endspurt mit BioNTech bei der Zulassung verloren haben. Zur endgültigen Produktion benötigen diese Start-ups finanzstarke Konzerne, die die Produktion stemmen können, wie eben Pfizer oder Bayer.

Zurzeit sehen wir, daß die eingestiegenen Konzerne nicht bereit sind, ihre Patente zu teilen und damit zu einem schnelleren Ende der Pandemie beizutragen. Auch dem Wissenschaftsrat der deutschen Regierung ist aufgefallen, daß das Wissenschaftssystem aus dieser rasanten Entwicklung der SARS-CoV-2-Impfstoffe einiges lernen kann. Der Wissenschaftsrat zieht aber die Konsequenz, daß es in Deutschland mehr Ausgründungen und mehr Kooperationen mit Konzernen, den sogenannten Wagniskapitalgebern, geben muß. Im Wortlaut heißt es:
»Biotechnologie-Unternehmen mit Sitz in Deutschland haben intensiv an der Entwicklung von SARS-CoV-2-Impfstoffen mitgearbeitet: Dazu gehören das Unternehmen CureVac, eine Ausgründung der Tübinger Universitätsmedizin, und BioNTech, eine Ausgründung der Mainzer Universitätsmedizin, die als erstes Unternehmen nunmehr in Kooperation mit dem Pharmaunternehmen Pfizer einen Impfstoff auf den Markt gebracht hat. (…) Allerdings darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Anzahl erfolgreicher Unternehmensgründungen aus Hochschulen im Vergleich zu Israel, den USA und Großbritannien immer noch unbefriedigend ist und es weiterer Anstrengungen bedarf. Dazu gehört es, einerseits die Bereitschaft zu Gründungen und vor allem zu Ausgründungen aus dem Wissenschaftssystem heraus zu befördern. Andererseits muß der Zugang zu Wagniskapital, insbesondere für die Wachstumsphasen, verbessert werden.«

Das bedeutet, es geht weiter mit der gesellschaftlichen Forschungsförderung und der privaten Aneignung durch die Pharmakonzerne. Die Forschung dient dem Profit und nicht der Gesundheit aller.

Tina Sanders

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Wie funktionieren mRNA-basierte
Impfstoffe?

Der Impfstoff besteht hauptsächlich aus mRNA, übersetzt Boten-Ribonukleinsäure, die die Erbinformationen eines bestimmten Gens des Virus enthält. Die mRNA des Virus überschreibt an den Ribosomen in den menschlichen Zellen die Sequenzen, die die Sequenzen für die Proteinherstellung überschreibt.

Im Fall des Impfstoffes von BioNTech und Pfizer wird das Spikeprotein des Virus in die Zelle »kopiert« und hilft dem Virus in die Zellen einzudringen. Der menschliche Körper kann dann gegen dieses Protein seine Immunantwort aufbauen. Die mRNA wird in der Zelle schnell wieder abgebaut und nicht in die menschliche DNA eingebaut. Dafür fehlen zwei grundsätzliche Voraussetzungen: er­stens, die RNA muß in DNA umgeschrieben werden, dazu fehlt das Enzym »Reserve Transkriptase«, zweitens benötigt dieses Enzym eine Erkennungssequenz, um zu arbeiten. Die auch nicht mitgeliefert wird. (TS)

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek – Der Wettlauf um den Impfstoff