Politik unerwünscht?!

Olympia soll nicht politisch sein, jedenfalls nicht dort, wo es die schönen bunten Bilder stören könnte – allerdings nur dann nicht, wenn es die vermeintlich falsche Politik ist, die propagiert wird. Aktuelles Beispiel: Tokio.

Da stattet der Chef des IOC, der Deutsche Thomas Bach, kurz vor Beginn der Olympischen Spiele der Stadt Hiroshima einen Besuch ab, legt heuchlerisch im Friedenspark der Stadt einen Kranz nieder – und verweigert wenige Tage danach ein offizielles Gedenken für die Opfer des Abwurfs der Atombombe der USA. Der Bürgermeister von Hiroshima hatte vorgeschlagen, am 6. August um 8.15 Uhr, dem Zeitpunkt des Abwurfs der Atombombe der USA, die Wettkämpfe für einen Moment ruhen zu lassen und eine Schweigeminute einzulegen. Thomas Bach lehnt ab. The Show must go an, business as usual – wobei business hier durchaus wörtlich zu nehmen ist.

Da benimmt sich die belarussische Leichtathletin Kristina Timanowskaja öffentlich daneben und wird nach Hause geschickt. Am Flughafen schreit sie: »Hilfe! Entführung!« – und schon ist das IOC mittendrin in der schönen Propagandashow. Das Nationale Olympische Komitee aus Belarus soll sich erklären, die Sicherheit Timanowskajas, sei, so meint das IOC, gewährleistet so lang sie nicht in ihr Heimatland zurück muß.

Anders bei Raven Saunders. Der Kugelstoßerin aus den USA hat das IOC Sanktionen angedroht, die Strafe dann dem US-amerikanischen NOK überlassen, das den Ball aber ans IOC zurückspielte. Aber Strafe sollte nach dem Willen des IOC sein, denn Politik ist den Sportlerinnen und Sportlern während der Wettkämpfe und der Siegerehrung bei Olympia untersagt. Raven Saunders hat bei der Ehrung – nachdem sie ihre silberne Medaille empfangen hatte – ihre Unterarme über dem Kopf gekreuzt, eine Geste, die an Malcom X erinnern soll und die laut Saunders ein »Symbol der Solidarität mit allen Unterdrückten in der Welt« sein sollte.

Daß man sich auf dem olympischen Treppchen besser nicht sichtbar gegen Unterdrückung positioniert, mußten 1969 bereits die beiden US-Amerikaner Tommie Smith und John Carlos erfahren. Für ihren Black-Panther-Gruß (schwarzer Handschuh, gesenkter Kopf, geballte Faust) mußten sie ihre Medaillen zurückgeben – und wurden schnurstracks nach Hause geschickt.

Raven Saunders wird vielleicht ein persönliches Unglück die Medaille retten. Wegen des Todes ihrer Mutter hat das IOC ein Verfahren vorerst ausgesetzt und Saunders sein Beileid ausgesprochen. Solidarität bleibt aber bei den Olympischen Spielen weiterhin unerwünscht. Wenn sie den falschen gilt.

Dazu paßt, daß die westlichen Medien weitgehend ignoriert haben, daß der kubanische Ringer Mijaín López zum vierten Mal bei Olympischen Spielen Gold geholt hat – als erster Ringer überhaupt. Daß er seinen Sieg Fidel Castro und dessen Verdiensten um den Sport auf Kuba widmete, wollte keins der Medien erwähnen.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek – Politik unerwünscht?!