Die Krise heißt nicht Corona, sondern Kapitalismus

Wir dokumentieren die Rede der Gießener Stadträtin Martina Lennartz (DKP) auf der Demonstration „Stoppt den Mietenwahnsinn“:

Die Krise, in der wir aktuell leben, heißt nicht Corona, sie heißt Kapitalismus. Corona verschärft die Krise- natürlich auch bei der Wohnungsfrage. Es spüren die Studenten, die nebenbei für ihren Wohnraum arbeiten müssen, Mini-Jober, Geringverdiener, Kleingewerbetreibende und Kulturschaffende, sogar die sogenannten Mittelschicht. – die Krise spitzt sich zu! Insolvenzen, Entlassungen, Armut nehmen zu. Genau aus diesen Gründen nehmen auch Zwangsräumungen und Obdachlosigkeiten zu – und das bei leerstehenden Häuser und Wohnungen. Leerstand und Zweckentfremdung sind im Ballungsraum Rhein-Main- auch in Gießen- ein gravierendes Problem. Aus Wohnungen werden Büros, Praxen, Ferienwohnungen oder stehen länger als 3 Monate leer.

Schwarz-Grün blockierte in Hessen den Gesetzentwurf der SPD- Fraktion gegen Leerstand und Zweckentfremdung. Dieser Gesetzentwurf ermöglicht es, Sanktionen anzudrohen und Bußgelder zu verhängen, wenn Eigentümer nicht ihrer Pflicht nachkommen; denn Eigentum verpflichtet. Gleichzeitig finden vermehrt Zwangsräumungen statt. Bewohner werden aus ihren Wohnungen vertrieben, Wohngemeinschaften aufgelöst, um große Wohnungen zu sanieren. Diese werden in Miniappartments verwandelt und dann hohe – sanierte – Mieten einkassiert. Ergebnis: Menschen verlieren ihr soziales Umfeldes, werden psychisch und oder körperlich krank, werden dauerhaft arm oder sterben in der Kälte, wenn sie keine Wohnung haben.

Die Mieten steigen, es gibt zu wenige Sozialwohnungen, allein in Gießen fehlen mindestens 3000 Wohnungen. Mindestens jedes vierte Kind in Gießen ist arm. Die Zahl der Obdachlosen steigt schnell. Bereits 2018 schätzte man die Zahl auf 700.000 in Deutschland. Im ersten PandemieWinter sind 23 von ihnen auf der Straße erfroren. Doppelt so viele wie im Jahr davor. In Gießen sind mindestens akut 200 Menschen betroffen. Die Stadt Gießen sieht sich nicht verantwortlich und will die Verantwortung an das Land weitergeben.

ABER: Die Stadt Gießen ist verantwortlich:

Handeln muss die Sicherheitsbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Obdachlosigkeit und somit die Gefahr für Leib und Leben eintritt. Eine Obdachlosigkeit, die gegen den Willen des Betroffenen besteht, stellt nach allgemeiner Auffassung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Somit hat die Stadt Gießen die Verantwortung! Es gibt entsprechende Gerichtsurteile, man kann das auch im Handbuch des Polizeirechts nachlesen! Dass die Krise nicht Corona heißt, sondern der Kapitalismus ist, kann man daran erkennen, dass Deutschland ein Land ist, in dem es mehr Leerstand als obdachlose Menschen gibt. 2018 standen ca. 1,7 Mio. Wohnungen in der BRD leer.
Wohnen ist ein Menschenrecht!

Deshalb fordern wir:

  • Mietpreisbremse: Gießen muss in die Liste der Kommunen aufgenommen werden, in denen eine Mietpreisbremse nach Paragraf 558 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt.
  • Der Wohnberechtigungsschein II muss auch im Regierungsbezirk Gießen Anwendung finden.
  • Wir fordern die Stadt Gießen auf, Räume für die Obdachlosen zur Verfügung zu stellen
  • Wir fordern die bedingungslose Enteignung der Wohnungskonzerne.!“

Quelle: UZ – Unsere Zeit – Die Krise heißt nicht Corona, sondern Kapitalismus