Vor 80 Jahren: Die „Endlösung der Judenfrage“

Die FIR erinnert an die „Wannsee-Konferenz“ vom 20. Januar 1942, das zentrale Datum in Vorbereitung der „Endlösung der Judenfrage“. Nachdem im Vernichtungskrieg im Osten und bei Versuchen mit Giftgas in den Konzentrationslagern bereits Erfahrungen gesammelt worden waren, ging es der faschistischen Administration bei diesem Treffen nur noch um die organisatorische Seite des Massenmordes.
Eingeladen vom Chef der Sicherheitspolizei und des SD Reinhard Heydrich kamen fünfzehn Vertreter der Ministerialbürokratie, des „Reichssicherheitshauptamts“ (RSHA) der SS, der Sicherheitspolizei und des SD, die für die östlichen Besatzungsgebiete zuständig waren, zusammen, um die Deportation aller europäischen Juden zu besprechen. Allen Beteiligten war bewusst, dass diese Deportationen die Vernichtung der Menschen bedeuteten. Nicht nur in der Ideologie, sondern in der politischen Praxis hatte das NS-Regime zu diesem Zeitpunkt bewiesen, dass jüdische Menschen, Sinti und Roma oder Slawen als „Untermenschen“ und „Volksschädlinge“ im faschistischen Herrschaftsraum kein Lebensrecht mehr besaßen.

In dem von SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann, „Judenreferent“ im RSHA, verfassten Besprechungsprotokoll heißt es: „Im Zuge dieser Endlösung der europäischen Juden kommen rund 11 Millionen Juden in Betracht. (…) Im Zuge der praktischen Durchführung der Endlösung wird Europa von Westen nach Osten durchkämmt. (…) Die evakuierten Juden werden zunächst Zug um Zug in so genannte Durchgangsghettos verbracht, um von dort weiter nach dem Osten transportiert zu werden.“

Alle Beteiligten waren sich sicher, dem „Willen des Führers“ entsprechend zu handeln. Adolf Hitler verkündete gleichzeitig „die endgültige Abrechnung mit jener Verschwörung, die von den Bankhäusern der plutokratischen Welt bis in die Gewölbe des Kremls“ reiche und die „Ausrottung der arischen Völker und Menschen“ anstrebe. So eingestimmt, verschickte Adolf Eichmann in den folgenden Tagen einen „Schnellbrief“ an die Gestapo: „Die in der letzten Zeit in einzelnen Gebieten durchgeführte Evakuierung von Juden nach dem Osten stellen den Beginn der Endlösung der Judenfrage im Altreich, der Ostmark und im Protektorat Böhmen und Mähren dar.“ Die Gestapo wurde aufgefordert, alle noch im Reichsgebiet lebenden jüdischen Menschen zu melden. Bürokratisch wurden nun „Richtlinien zur technischen Durchführung der Evakuierung von Juden“ erstellt, so dass sich alle Mittäter an der Massenvernichtung – Stadtverwaltungen, Finanzämter und die Reichsbahn – dahinter verstecken konnten, man habe doch nur „Anweisungen“ befolgt. Wie sich die Angehörigen der „arischen Volksgemeinschaft“ jedoch an den Gütern der deportierten Menschen bereicherten, wurde nach dem Krieg in der deutschen Gesellschaft schnell verdrängt.

Der industrielle Massenmord in den Vernichtungslagern begann Mitte März 1942 im Rahmen der „Aktion Reinhard“. Im Mai 1942 war das Vernichtungslager Sobibor einsatzbereit, Anfang Juni Auschwitz-Birkenau, Mitte Juli 1942 die Mordstätte Treblinka und weitere Lager. Historisch gesichert muss man von weit über 6 Mio. Opfer der Vernichtungspolitik im Rahmen der „Endlösung der Judenfrage“ ausgehen.

Obwohl auf dieser Konferenz der millionenfache Massenmord geplant wurde, war die juristische Verfolgung der Täter nach der Befreiung ein Trauerspiel. Nachdem Reinhard Heydrich 1942 bei einem Attentat in Prag ums Leben kam, wurden nur wenige Beteiligte überhaupt angeklagt. In den Nürnberger Nachfolgeprozessen wurde der Vertreter des SS Rasse- und Siedlungshauptamtes 1948 zu 25 Jahren Zuchthaus verurteilt, aber bereits 1954 entlassen. Wilhelm Stuckart aus dem Innenministerium wurde zu drei Jahren und zehn Monaten verurteilt, kam aber schon 1949 frei.
Nur im Prozess gegen Adolf Eichmann in Jerusalem wurde ein Verantwortlicher wegen der Schwere der Verbrechen zum Tode verurteilt und 1962 hingerichtet.

Die Erinnerung an dieses historische Datum ist für die FIR und ihre Mitgliedsverbände eine Verpflichtung zum aktiven Handeln gegen Rassismus und Antisemitismus auch heute.