Der nächste Großkonflikt

Nun also Schweden und Finnland. Die in letzter Zeit betriebene Propaganda für einen NATO-Beitritt der nordeuropäischen Staaten lässt die verbreitete Argumentation, es gehe der NATO gar nicht um ein Vorrücken an die russische Grenze, als ziemlich albern dastehen. Selbstredend ging und geht es darum, Russland möglichst hyperschallschnelle Atomraketen vor die Haustür stellen und der russischen Führung mit der jederzeitigen und sofortigen Vernichtung drohen zu können, ohne selbst ins atomare Fadenkreuz zu geraten. Diesen Traum der Atomkriegsplaner träumte schon Ronald Reagan. Er treibt die neokonservativen US-Geostrategen bis heute um.

Die russische Militärintervention hat die Pläne der US-Neocons in Bezug auf die Ukraine gestoppt. Aber natürlich nicht das Vorhaben an sich. Schweden und Finnland haben von ihrem Status einer formalen Neutralität nach dem II. Weltkrieg durchaus profitiert. Ein großer Teil des von der Waren-Exportverbotsliste in die sozialistischen Staaten – der CoCom-Liste – drastisch eingeschränkten Austausches wickelte sich über mehr oder weniger neutrale Staaten ab. Aber natürlich gehörten diese Staaten, vor allem Schweden, immer zum westlichen Orbit. Nach 1991 wurde die Neutralität dann auch formal zu den Akten gelegt. 1995 traten beide Staaten der EU bei. Beide Staaten nahmen regelmäßig an NATO-Manövern teil. Mit der Dämonisierung Russlands und des russischen Präsidenten ab 2014 wurde Finnland zum Frontstaat und die schwedische Marine darf wieder nach russischen U-Booten in den Schären suchen.

So weit, so schlecht, könnte man sagen. Der wirkliche Game-Changer bei einem auch formalen NATO-Beitritt wäre die strategische Nähe Finnlands zu St. Petersburg und den Werften und Stützpunkten der russischen Nordflotte. Die verhängnisvolle Kollaboration Finnlands mit dem deutschen Faschismus während des II. Weltkriegs ist noch gut in Erinnerung. Der NATO-Beitritt würde mit hoher Sicherheit die Errichtung von US-Stützpunkten nach sich ziehen. Und US-Atomraketen an der finnisch-russischen Grenze dürften für die russische Führung ebenso ein No-go sein wie US-Atomraketen in der Ost­ukraine. US/NATO-Offizielle haben, wie bei der Ukraine, grünes Licht signalisiert und damit den nächsten Großkonflikt in Europa aus der Taufe gehoben. Es geht der US-Führung und ihren Euro-Lemmingen ums Ganze. Das sollte man begriffen haben.

Quelle: Unsere Zeit