„Die internationale Solibewegung hat in der kubanischen Geschichte ihren festen Platz.“

Cuba sí-Delegation nimmt am Treffen der internationalen Solidarität im Palacio de las Convenciones in Havanna teil – Höhepunkte sind die Redebeiträge des Präsidenten der Republik Kuba, Miguel Díaz-Canel, und des Außenministers Bruno Rodríguez.

Nach den unbeschreiblichen Eindrücken der Großkundgebung zum Ersten Mai folgte für unsere Delegation am 2. Mai der nächste Höhepunkt: Traditionell richtet das Kubanische Institut für Völkerfreundschaft (ICAP) am darauffolgenden Tag ein internationales Treffen der Solibewegung aus. Der diesjährigen Einladung waren mehr als 1.600 Kubafreund*innen aus 60 Ländern gefolgt, die mehr als 200 Organisationen, Gewerkschaften und Parteien vertraten.

Im Kongresszentrum von Havanna füllte sich der große Saal rasch, bunt geschmückt mit zahlreichen Flaggen und Transparenten.  Eingestimmt wurden wir mit einem berührenden Lied der Band Buena Fe über die Erfolge der Impfstoffforschung Kubas zur Bekämpfung der Pandemie. „Jene, die ihren Weg kennen, werden auf diesem Weg erfolgreich sein“, heißt es u.a. darin.

Der Weg, den Kuba seit dem Triumph der Revolution 1959 selbstbestimmt eingeschlagen hat, und die Verteidigung der dabei erreichten Errungenschaften war zentrales Thema in den Beiträgen der Teilnehmer*innen – gerade jetzt, da die US-Blockade unter dem früheren Präsidenten Trump noch verschärft wurde und sich inmitten einer Pandemie weltweit die Wirtschaft in einer Krise befindet. Ohne die Kraft der Solibewegung, Kuba auf dieser Etappe seiner Revolution zu begleiten und zu unterstützen, hätte der Widerstand gegen alle Anfeindungen und Angriffe nicht so stark sein können, unterstrich Ismael Drullet vom kubanischen Gewerkschaftsbund CTC.

„Am Ersten Mai sind in ganz Kuba 6,5 Millionen Kubanerinnen und Kubaner auf den Straßen gewesen und haben Geschlossenheit und Rückhalt für die Revolution und ihre Anführer bewiesen“, so Ulises Guilarte de Nacimiento, Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Generalsekretär der CTC. Dennoch brauche Kuba auch weiterhin die Kraft der internationalen Solidaritätsbewegung angesichts einer verschärften Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade der USA und einer US-finanzierten, v.a. in den sozialen Medien immer aggressiver geführten Verleumdungskampagne gegen Kuba.

Weiterer Höhepunkt war die Rede des kubanischen Außenministers Bruno Rodríguez, der ebenfalls seine Anerkennung zollte: „Die zahllosen Aktivitäten der Solibewegung tragen zum kreativen Widerstand Kubas bei und auch Kuba bekräftigt seine internationale Solidarität mit den Völkern der Welt.“ Besonders hob er dabei die Bruderstaaten Venezuela und Nicaragua hervor, bekundete die Hoffnung auf politische Veränderungen bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl in Brasilien und brachte Kubas Unterstützung für die Unabhängigkeitsbewegung in Puerto Rico zum Ausdruck, den Status als US-Kolonie zu überwinden und frei zu sein. Ebenso unterstütze Kuba die Forderungen der Länder der Karibik nach Entschädigungen für die über Jahrhunderte erlittene Ausplünderung der Kolonialzeit und das Recht Argentiniens auf die Malwinen.

In klaren Worten benannte er einen menschenfeindlichen Imperialismus und eine derzeit wachsende militärische Doktrin als Bedrohung für Frieden, soziale Gerechtigkeit, Menschenwürde und den Schutz der Natur. Er verurteilte die immer aggressiveren Machtkämpfe in Politik und Wirtschaft und die Diktatur eines Kapitals der Großkonzerne, das keine Lösungen findet für die Herausforderungen unserer Zeit, sondern im Gegenteil die ärmeren Völker knebelt mit Abhängigkeit, Ausplünderung und immer neuen Verschuldungsspiralen.

Scharf kritisierte er die Doppelmoral der USA. Inmitten der Pandemie wurden die gegen Kuba bestehenden Sanktionen verschärft, was die Einfuhr dringend benötigter Schutzausrüstung, von Beatmungsgeräten und medizinischem Sauerstoff nahezu verunmöglichte. Flankiert von einer toxischen Destabilisierungskampagne der USA gegen sein Land habe sich der Goliath aus dem Norden aber einmal mehr die Zähne am kubanischen David, „unserem heroischen Volk“ ausgebissen.

„Was hat uns ein Land zum Schutz der Menschenrechte zu sagen, das gegenüber dem kubanischen Volk so menschenfeindlich agiert, indem es ihm den Zugang zu medizinischer Versorgung verwehrt? Was hat ein Land zum Schutz der Menschenrechte beizutragen, das gegenüber seiner eigenen Bevölkerung systematisch die Grundrechte verletzt durch sich ausbreitende Armut, unzureichende Ernährung, mangelnden Zugang zu Bildung, eine repressive Einwanderungspolitik, fehlenden Schutz vor dem Sturz in die Armut, Unterdrückung der gewerkschaftlichen Bewegung, Ausbeutung und Zerstörung der indigenen Kulturen, Diskriminierung und Rassismus, Polizeigewalt bis hin zu Morden, Brutalität in privatwirtschaftlich geführten Haftanstalten, Folterungen in Geheimgefängnissen?“

Rodríguez belegte seine Ausführungen mit eindrucksvollen Zahlen: 40 % der Kinder in den USA lebten in Armut, ein beträchtlicher Teil davon gar in großer Armut. Wenig überraschend, dass 60 % davon afroamerikanische Wurzeln haben. Über 4 Millionen Kinder in den USA sind nicht gesundheitsversichert. Auch haben die USA die Resolution der UNO zum Schutz der Rechte von Kindern nicht unterzeichnet.

Nach den Beiträgen nahm unsere Delegation an zwei Arbeitsgruppen teil, u.a. zum Thema der internationalen Wirtschaftskrise, COVID-19 und dem Recht der Völker auf das Leben. Der Direktor der kubanischen Pharmagruppe BioCubaFarma, Edurado Martínez, berichtete über die Entwicklungsetappen bei der Herstellung der kubanischen Impfstoffe und das beeindruckende vielfältige Forschungsspektrum.

Im anschließenden Austausch teilten Vertreter*innen der Solibewegung u.a. aus Italien, Uruguay, Brasilien, der Schweiz, Deutschland, Venezuela, Chile, Palästina, Kanada, Großbritannien und den USA ihre Erfahrungen in der Pandemie in ihren eigenen Ländern. Deutlich kritisiert wurde dabei die Profitgier der Pharmakonzerne, die ungerechte Verteilung und der unzureichende Zugang zu Impfstoffen für die Länder des globalen Südens. Kuba sei hier ein Leuchtturm des Humanismus, der Hoffnung spendet, dass eine andere Welt möglich ist.

Kubas beispielhaftes Vorgehen beim Kampf gegen die Pandemie und seine selbstlose internationale Hilfe für andere Länder wurde herausgestellt: „Wie könnten wir vergessen, wie kubanische Ärzte der Henry-Reeve-Brigade in Italien uns in der schlimmsten Zeit halfen“, berichtete die Vertreterin der italienischen Freundschaftsgesellschaft. Gleichzeitig kritisierte sie das mediale Schweigen über die Leistungen der kubanischen Medizinforschung, z.B. bei der Entwicklung neuartiger Alzheimerpräparate. Dies müsse eine Aufgabe der Solibewegung sein, die Öffentlichkeit stärker über solche beispielhaften Erfolge zu informieren.

Manu Pineda aus Spanien, Abgeordneter im Europäischen Parlament, kritisierte die bizarren Summen, die gegenwärtig für Aufrüstung und Militäreinsätze anstelle für den Schutz des Lebens und der Natur bereitgestellt werden. „Wir müssen durch unsere Solidarität diese Kriegsmaschinerie stoppen. Die Aufrüstung der NATO wird nicht zu Frieden und Sicherheit, sondern zu wachsendem Hunger, Destabilisierung und Armut führen und wahnwitzige Profite in die Kassen der Konzerne spülen.“ Gelegenheit zu Widerstand biete der kommende NATO-Gipfel in Madrid, führte er aus.

In der zweistündigen Debatte wurden die Forderungen der Solibewegung deutlich: Menschen vor Kapital! Einheit in der Vielfalt! Geschlossenheit und Solidarität! Schluss mit der Blockade!

Konkret erwachsen dafür für uns die Aufgaben, die Medienblockade gegen Kuba zu durchbrechen helfen, die Friedensbewegung zu stärken und uns gegen Aufrüstung und für Internationalismus und Völkerverständigung einzusetzen. Fernando González Llort, Präsident des ICAP, bekräftigte dies in seinem Beitrag: „Dies ist ein Krieg der Ideen. Wir müssen mit unserem Wissen der Verleumdungskampagne entgegentreten.“ Die Solibewegung sei dabei ein wichtiger Rückhalt für die kubanische Revolution.

Anschließend wurde Frederick Miller von der britischen „Cuba Solidarity Campaign“ für sein Wirken ausgezeichnet. Er erhielt die Urkunde aus den Händen des kubanischen Präsidenten, der daraufhin die abschließende Rede hielt.

Dies war denn auch der absolute Höhepunkt des Tages. Mit Stolz und auch ein wenig ungläubig wurde uns bewusst, welchen Stellenwert die internationale Solibewegung in Kuba einnimmt. Man stelle sich vor – Präsident, Außen- und Gesundheitsminister, verschiedene Mitglieder des Politbüros und Gerardo und Fernando von den fünf Helden – sie alle waren anwesend!

In seiner Rede ging Miguel Díaz-Canel auf die jüngsten Grenzüberschreitungen der USA bei der Beförderung der illegalen Auswanderung aus Kuba und die sich abzeichnende Verweigerung einer Einladung an Kuba, Venezuela und Nicaragua zur Teilnahme am bevorstehenden Gipfel der Amerikanischen Staaten im Juni in Los Angeles ein. Einmal mehr versuchten die USA, die Staatengemeinschaft zu spalten und Zwietracht zu säen.

Er bekräftigte, Kuba werde trotz aller Widrigkeiten seinen Weg der notwendigen Reformen und gesetzlichen Anpassungen im Rahmen des Programms „tarea ordenamiento“ unbeugsam und entschlossen, friedlich und geeint fortsetzen. Flankiert werden diese Maßnahmen durch eine verstärkte Arbeit mit den jüngeren Generationen, eine Stärkung der Informatisierung, Wissenschaft und sozialen Kommunikation im Land. Weitere Räume werden geschaffen, um die bestehende Gesellschaftsordnung stetig zu verbessern – für alle, und mit allen. „In der Kultur unserer Geschichte finden wir die Antworten auf diese Fragen. Denn dies ist unser Sozialismus und unsere Solidarität – jedes Leben ist wichtig. Die internationale Solibewegung hat in diesem Bekenntnis in der kubanischen Geschichte ihren festen Platz.“

Es lebe die internationale Solidarität zwischen den Völkern der Welt! Hasta la victoria siempre!

 

PS: Anlässlich des 30. Jubiläums der Gründung von Cuba sí weilt vom 28. April bis 15. Mai eine Delegation aus langjährigen Aktivist*innen und Mitstreiter*innen in Kuba. Bei Gesprächen und Begegnungen mit unseren Partnern und in verschiedenen Einrichtungen werden wir uns über die aktuelle Situation informieren, Kubas Vorhaben im Rahmen der „tarea ordenamiento“ kennenlernen und unsere Landwirtschaftsprojekte besuchen. So werden wir unsere politische und materielle Solidarität noch zielgerichteter an den derzeitigen Anforderungen ausrichten.

Quelle: Cuba Sí