DFG-VK-Mitglied klagt gegen Deutschlands Rolle im Ukraine-Krieg

Vor den Verwaltungsgerichten Köln und Berlin sind 16 Klagen anhängig, in den es um die Rolle Deutschlands im Krieg in der Ukraine geht. Hintergrund der Klagen sind zwei Anträge des Friedensaktivisten Hermann Theisen, Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), die er Anfang Mai an das Bundeskanzleramt und vier Bundesministerien gerichtet hat.

Worum geht es in den Anträgen

In dem ersten Antrag geht es um ein „Auskunftsersuchen über die Hintergründe der politischen, ministeriellen und behördlichen Tätigkeiten und Entscheidungen im Umgang mit dem Krieg in der Ukraine“, im zweiten Antrag um die „Ausrichtung der politischen, ministeriellen und behördlichen Tätigkeiten und Entscheidungen im Umgang mit dem Krieg in der Ukraine nach den Bestimmungen des Friedensgebotes des Grundgesetzes und der UN-Charta.“

Deutschland verletzt Friedensgebot

Der Friedensaktivist weist in den Klagen darauf hin, dass die Bestimmungen des Friedensgebotes des Grundgesetzes und der UN-Charta verletzt werden, wenn Deutschland den Krieg in der Ukraine finanziell unterstützt, Waffen in die Ukraine liefert und zudem ukrainische Soldat*innen in Deutschland an der Bedienung jener Waffen ausgebildet werden.

Deutschland de facto Kriegspartei

Damit sei Deutschland faktisch zu einer Kriegspartei geworden, was auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages in einem Gutachten („Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch NATO-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme“) insinuiert hat.

Darin heißt es: „Bei Unterstützungsleistungen auf der Grundlage von non-belligerency bleibt der Umfang von Waffenlieferungen, aber auch die Frage, ob es sich dabei um `offensive ́ oder `defensive ́ Waffen handelt, rechtlich unerheblich. Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen“ (Sachstand WD 2 – 3000 – 019/22).

Bereits im April habe Medienberichten zufolge aber demgegenüber bereits die Ausbildung ukrainischer Soldat*innen an schweren Waffen in der Artillerieschule der Bundeswehr im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein begonnen, so Theisen.

Keine Reaktion aus Kanzleramt und Ministerien

Nachdem vom Bundeskanzleramt und den vier Bundesministerien die Anträge des Friedensaktivisten zunächst drei Monate lang unbeantwortet geblieben seien, habe er verwaltungsrechtliche Untätigkeitsklagen erhoben, die nun vor den Verwaltungsgerichten Berlin und Köln verhandelt werden müssten. Das Verwaltungsgericht Berlin habe die Klagen in drei Sachgebiete aufgeteilt (Informationsfreiheitsgesetz/Presserecht/Sonstiges), weshalb dort bei drei Kammern jeweils mehrere Klagen anhängig seien.

Krieg darf nicht zu unrechtmäßigem Handeln Deutschlands führen

Die DFG-VK verurteilt den russischen Angriff auf die Ukraine aufs Schärfste – dennoch darf dies nicht zu einem unrechtmäßigen Handeln der deutschen Politik führen.

Theisen kritisiert in seinen Klagen die immer massiver werdenden Forderungen nach Waffenlieferungen aus Deutschland in die Ukraine, die noch immer nicht klar definierten Kriegsziele und die aus seiner Sicht mangelnden politischen Bemühungen bei der Suche nach einer diplomatischen Lösung des Krieges.

Diplomatische Lösungen nicht außer Acht lassen

Es habe „den Anschein, als laufen die bundespolitischen Entscheidungsträger*innen einer eskalierenden Abfolge von militärischen Entscheidungen einfach nur stereotyp hinterher, ohne dabei proaktiv auch zivile sicherheitspolitische Lösungsansätze ins Auge zu fassen“, so der Friedensaktivist: „Eine als Alternative zur militärischen Logik ausgerichtete deutsche Sicherheitspolitik muss aber stets vom Frieden her gedacht und konzipiert werden, denn die Verpflichtung des Staates zum Frieden ist im Grundgesetz und der UN-Charta verfassungsrechtlich bindend angelegt.

Deutschland als Vermittlerin

Deutschland könnte deshalb eine tragende Rolle bei der Suche nach einer nicht militärischen Lösung des Krieges in der Ukraine spielen, was angesichts der globalen klimapolitischen Herausforderungen ohnehin einfach nur alternativlos“ sei, so Theisen, der in den bevorstehenden Verfahren den verwaltungsgerichtlichen Instanzenweg bestreiten werde.

Quelle: Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner’innen