Unentdecktes Land in Sicht

Der Verein „Unentdecktes Land“ beteiligt sich mit einer Ausstellung zur Geschichte der DDR am UZ-Pressefest. Sie wird in der Linienstraße/Ecke Weydinger Straße im Rahmen des Leninplatzes zu sehen sein. Mit der Ausstellung hat sich der Verein vorgenommen, das Wissen um das Werden, Wachsen, Bestehen und Vergehen der DDR auf der Straße zur Diskussion zu stellen – und in Stellung zu bringen gegen das Alte. Für die Besucherinnen und Besucher des Pressefestes hat „Unentdecktes Land“ einen Gruß geschrieben, damit sie wissen, auf welchem Gelände sie sich am 27. und 28. August bewegen werden:

Da wäre eine Volksbühne, die einst tatsächlich einem Volk gehörte. In eisigen Nachkriegswintern lernte dieses Volk bei heißer Kohlsuppe aus sowjetischen Gulaschkanonen das Denken. So war es dann schlau genug, diesmal aus Fehlern zu lernen und die U-Bahn-Station an der Bühne nicht länger Horst-Wessel-, sondern wieder Rosa-Luxemburg-Platz zu nennen. So heißt sie heute immer noch. Gut so. Horst Wessel sollte auch das Haus gegenüber der Bühne heißen, 1000 Jahre lang, so hofften die Faschisten. Daraus wurde nichts, dank Anti-Hitler-Koalition und den Gewehrläufen der Roten Armee. Schon 1947 bekam der rechtmäßige Besitzer, die KPD, das Haus und das Haus seinen rechtmäßigen Namen, Karl Liebknecht, zurück. Hinkend aus Gefängnissen und Lagern der Nazis entronnen, nahm sich die Führung der KPD die Freiheit, eine antifaschistisch-demokratische Umwälzung ins Auge zu fassen. Aus Theorie wurde Praxis mit diesem Volk durch dieses Volk.

Am 8. Mai 1945 lag es fast in Trümmern, das Karl-Liebknecht-Haus, so wie ganz Deutschland, ganz Europa. Dieser 8. Mai, an dem der Krieg in Deutschland in dem Schutt endete, wo mal Berlin lag, wurde zum Sinnbild der Befreiung. Es waren von da an vor allem die jungen Leute, die nun anpackten, um aus den Ruinen aufzuerstehen wie die Sonne am Morgen. Darum nahmen sich die Jungs und Mädels kurzerhand passend eine aufgehende Sonne zum Symbol und nannten sich FDJ. Hier wurde sie eine Macht, drüben wurde sie verboten. Wer Haltung zeigt und was zu sagen hat, der braucht eine Zeitung. So schrieben sich die FDJler und alle, die es wissen wollten, eine Zeitung namens „junge Welt“. Die wird immer noch gemacht, unweit von KL-Haus und Volksbühne auch am Rosa-Luxemburg-Platz.

Heute gehört dem Volk seine Volksbühne nicht mehr, es schaut lieber Net-Flix. Die U-Bahn-Station an der Bühne ist eine von wenigen, die noch ihren revolutionären Namen trägt. Halb Ostberlin ist zurück- oder umbenannt. Horst Wessel traut man sich noch nicht …

Ja, so ist das mit dem Viereck – U-Bahn, Bühne, KL-Haus, „junge Welt“ –, das Schauplatz des UZ-Pressefestes 2022 sein wird. Viel Geschichte, viel Auf und Ab, Siege (zu wenige), Niederlagen (zu viele). Bedenkt dies, liebe Besucherinnen und Besucher und weit Angereiste, wenn ihr übern Luxemburg-Platz latscht. Sein Pflaster atmet Geschichte, auch wenn man einen ganzen Lügenberg draufgeschüttet hat.

Quelle: Unsere Zeit