12. Februar 2025
Kongo, Demokratische RepublikPartei der Arbeit BelgiensRuanda

Kongo: Ein schmutziger Krieg um Blutmineralien, der die Region in Brand zu setzen droht

Übernommen von Internationale Website der PTB – PVDA:

In dem Hollywoodfilm „Blood Diamond“ folgt man Leonardo Di Caprio, wie er die Rivalitäten zwischen den verschiedenen bewaffneten Milizen, die Sierra Leone kontrollieren, ausspielt, um sein Diamantengeschäft unter Verachtung jeden menschlichen Lebens zu betreiben. All das unter dem wohlwollenden Blick des Westens, der von den im Titel erwähnten „Blutdiamanten“ kräftig profitiert. Ist das, was sich im Ostkongo abspielt, eine Fortsetzung des Films? Nein, aber der Rahmen gleicht ganz offensichtlich. Zusammenfassung

Seit Anfang diesen Jahres häufen sich die Ereignisse in der (Mineralien-)reichen Region Nord-Kivu im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK). Seit 2009 wiederholen praktisch alle Berichte der UN-Experten, dass sich neben der bewaffneten Miliz M23 – die von Ruanda unterstützt und finanziert wird – auch die reguläre ruandische Armee auf kongolesischem Boden befindet. Eine territoriale Verletzung der Souveränität der DR Kongo, die die heimische Bevölkerung bedroht, – seit fast drei Jahrzehnten regelmäßig Opfer von Massakern – und schätzungsweise 7 Millionen Kongolesen mussten ihren Grund und Boden in dieser Region verlassen.

Bereits Freitag sind in Goma auf kongolesischer Seite Tote zu beklagen. Eine grausame Bilanz, die täglich fortschreitet, und die auch Ruanda betrifft. All dies lässt nichts Gutes erwarten, und eine Eskalation könnte zum offenen Krieg zwischen zwei Ländern führen und die gesamte Region in Brand setzen.

Um dies zu verhindern, verurteilten die Mitglieder des Sicherheitsrats der UNO, „die anhaltend schamlose Missachtung der Souveränität und territorialen Integrität der DR Kongo, einschließlich der nicht genehmigten Präsenz ausländischer Kräfte im Osten der DR Kongo.“ UN-Generalsekretär Antonio Guterres forderte „die ruandischen Verteidigungskräfte auf, die Unterstützung der M23 einzustellen und sich aus dem Hoheitsgebiet der DR Kongo zurückzuziehen.“

Zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Zeilen tobten noch immer die Kämpfe in und um Goma – ebenso wie in Rubavu, direkt auf der anderen Seite der ruandischen Grenze. Doch was sind die Ursachen dafür?

Ruanda, weltweit wichtigster Exporteur von Bodenschätzen … aus dem Kongo

Radio France fasst zusammen, was vielleicht das Wichtigste ist: „Ruanda, das keine einzige Coltan- oder Tantal-Mine besitzt, ist in wenigen Jahren zum weltweit ersten bzw. dritten Exporteur dieser „Blutmineralien“ geworden. So fließt ein Drittel des weltweiten Coltans über Ruanda ab und entgeht der DRK! Im Klartext: Ruanda verhält sich wie eine Kolonialmacht alter Prägung.“

Erik Kenes, leitender Forscher im Afrika-Programm des Egmont-Instituts (Königliches Institut für Internationale Beziehungen), erklärt in einem Interview mit La Libre Belgique: „Den Zahlen der Zentralbank von Ruanda zufolge macht Gold ein Drittel der ruandischen Exporteinnahmen aus, weit mehr als Coltan. Experten zufolge produziert Kigali jedoch nur 3 kg Gold auf seinem Territorium.“

Wie in dem eingangs erwähnten Film liegt das Herzstück dieses schmutzigen Krieges im Boden. Coltan ist ein Mineral, das zur Gewinnung von Tantal verwendet wird, einem strategisch wichtigen Metall, das für die Elektronikbranche, aber auch für Legierungen in Flugzeugen, Triebwerken und Raketen benötigt wird. 60 bis 80 Prozent der Coltan-Vorkommen befinden sich in der kongolesischen Kivu-Region. Ein Bericht des UN-Sicherheitsrats vom Dezember letzten Jahres belegt die Plünderung des kongolesischen Coltans durch zwei ruandische Unternehmen. Die Entscheidung der M23, Ende April 2024 einen Angriff zu starten und die Rubaya-Mine (in Nord-Kivu, eine Mine, in der 15% der weltweiten Tantalproduktion abgebaut wird, Anm. d. Ü.) unter ihre Kontrolle zu bringen, gründete sich hauptsächlich auf den strategischen Bedarf, den einzig brauchbaren Weg für den Abtransport der Bodenschätze zu monopolisieren. Seit April letzten Jahres wurden mindestens 150 Tonnen Coltan illegal von Rubaya nach Ruanda exportiert.

Auf dem Weg zu einer ruandischen Kontrolle über den Ostkongo?

Ist das der einzige Grund? Nicht laut Erik Kennes, der am 24. Januar von Le Soir interviewt wurde: „Vieles deutet darauf hin – der letzte Bericht der UN-Experten geht in diese Richtung -, dass das Ziel Ruandas darin besteht, den Ostkongo unter Kontrolle zu bringen.“

Der Forscher deckt gleichzeitig die falschen Argumente des ruandischen Regimes auf, mit denen es sein Mitwirken in der Region „rechtfertigen“ will. Und speziell eine angebliche Bedrohung durch FDLR-Rebellen, die aus einem Teil der Hutu-Völkermörder von 1994 hervorgegangen sind: „Die FDLR-Rebellen haben seit über 20 Jahren keinen Angriff mehr in Ruanda verübt und die Zahl ihrer Mitglieder wird heute auf 300 geschätzt. Das stellt also keine besondere Bedrohung mehr dar. Das Sicherheitsproblem für Ruanda ist die Entfernung ihres strategischen Rückzugs. Zwischen der kongolesischen Grenze und Kigali liegen nur 150 Kilometer, was bedeutet, dass ein bewaffneter Angriff schnell die Hauptstadt erreichen könnte. Es gibt jedoch keine Hinweise darauf, dass dies geschehen könnte. Die einzige Bedrohung für die ruandischen Machthaber sind eventuell die oppositionellen Kräfte gegen das Regime, die die Bevölkerung dazu bringen könnten, Widerstand zu leisten. Dies rechtfertigt jedoch in keiner Weise die Operationen, die im Osten der DRK durchgeführt werden.“

Europa verurteilt… aber kollaboriert.

Wir haben gesehen, wie die UNO in den letzten Tagen mit deutlichem Fingerzeig auf Ruanda reagiert hat. Auch der belgische Außenminister, der Liberale Bernard Quintin, sah sich am Montag, dem 27. Januar, zu einer Reaktion gezwungen: „Die Einnahme von Goma ist eine weitere und inakzeptable Verletzung der territorialen Integrität der DRK und des Waffenstillstands von Luanda. Worte allein reichen nicht aus. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass das Völkerrecht respektiert und eingehalten wird.“

Sein französischer Amtskollege schlug in die gleiche Kerbe: „Die M23 muss sich aus dem Hoheitsgebiet der DRK zurückziehen und die (militärischen) Offensiven einstellen, die das Leben von Zivilisten und Blauhelmen bedrohen“, sagte Jean-Noël Barrot am selben Tag.

Solch starke Worte gehen in die richtige Richtung, sind aber unzureichend, wenn ihnen keine Taten folgen. Vor allem aber sind sie von Heuchelei geprägt, wenn man sich die jüngsten Ereignisse ansieht. Europa hat beispielsweise 20 Millionen Euro an Ruanda gezahlt, damit es sich in Mosambik dafür einsetzen kann, – so die offizielle Version – den Dschihadismus zu bekämpfen, der den Norden des Landes erschüttert. Eine weitere Zahlung von 20 Millionen ist im Gespräch. Frankreich stimmte dafür. Aus Humanismus? Wohl eher aus eigenem Interesse: sein Riese TotalEnergies hat 20 Milliarden Dollar in seine Erdgasförderung und -exporte in der Region investiert… „Wie können Sie akzeptieren, dass Ruanda gestern in Goma neun UN-Soldaten getötet hat und dass dasselbe Land gleichzeitig einer der größten Beitragszahler für UN-Friedensmissionen ist?“, rief die kongolesische Botschafterin während der außerplanmäßigen Sitzung des Sicherheitsrats am Sonntag, den 26. Januar, aus. Zu Recht forderte sie den sofortigen Rückzug der ruandischen Truppen und die Einstellung der Feindseligkeiten sowie ein Embargo über die kongolesischen Naturressourcen, die als ruandisch dargestellt werden. Und sie forderte auch eine Abberufung Ruandas als Truppensteller bei den Vereinten Nationen, nicht zu vergessen die vollständige Transparenz über den Transfer von Waffen nach Ruanda.

Abkommen zwischen der Europäischen Union und Ruanda zur Ausbeutung von Ressourcen

Des Weiteren kristallisiert sich die europäische Hypokrisie in der „Absichtserklärung über nachhaltige Wertschöpfungsketten für Rohstoffe“ heraus, die vor einem Jahr von der Europäischen Union (EU) und Ruanda unterzeichnet wurde. Als die EU die Miliz M23 aufforderte, „ihren Vormarsch“ im Kongo zu stoppen, fragte sich derPVDA-PTB-Europaabgeordnete Marc Botenga: „Was sind diese Worte wert, wenn die Europäische Union sich weigert, ihr vor einem Jahr geschlossenes Abkommen über strategische Bodenschätze mit Ruanda auszusetzen? Was bedeuten diese schönen Worte, wenn die Europäische Union weiterhin die ruandische Armee finanziert?“ Marc Botenga fährt fort: „Europa unterstützt weiterhin aktiv Ruanda. Nicht nur durch militärische Zusammenarbeit, sondern sogar durch den Abschluss eines privilegierten Rohstoffabkommens mit Ruanda. So unterstützt die europäische Politik aktiv die Destabilisierung und Ausbeutung der Demokratischen Republik Kongo. Europa muss die Einmischung beenden und es der kongolesischen und afrikanischen Dynamik überlassen, sich zu entfalten.

In der Ukraine, so sagt die Europäische Union, verteidige sie das Völkerrecht und die Souveränität. Warum unterstützt sie dann die Verletzung der kongolesischen Souveränität? Zwei Gewichtungen, zweierlei Maß. Liegt es daran, dass westliche multinationale Konzerne von der Plünderung der Reichtümer des Kongo profitieren?“

Die PVDA-PTB hat vor einigen Tagen im Europäischen Parlament versucht, die Aussetzung dieses Abkommens zu erreichen. Leider war eine Mehrheit der Abgeordneten von der Rechten bis zu den Sozialisten dagegen. Fazit des linken Abgeordneten: „Aber wir setzen den Kampf fort. Man muss Krieg und Zerstörung stoppen.“

„Es wäre einfach, die von Ruanda verursachten Unruhen in der DRK zu beenden“

Denn ein Ende des von Ruanda geführten Angriffskriegs ist dringend geboten. Das ist möglich. Am vergangenen Sonntag, den 26. Januar, schrieb der amerikanische Universitätsprofessor Jason Stearns, Autor des Buches <The War That Doesn’t Say Its Name: The Unending Conflict in the Congo (Der Krieg, der seinen Namen nicht nennt: Der endlose Konflikt im Kongo), in der renommierten Finanzzeitung The Financial Times: „Die westlichen Führungsmächte könnten den Unterschied leicht erkennen. Die Tatsache, dass sie es nicht getan haben, lässt viele Kongolesen zu dem Schluss kommen, dass sich niemand darum schert.“

In seinem Artikel mit dem Titel „Es wäre einfach, die von Ruanda verursachten Unruhen in der DRK zu beenden“ entwickelt der Experte: „Es wäre einfach zu handeln, denn der Hauptanstifter des M23-Konflikts ist die Regierung Ruandas, ein Land, das auf ausländische Hilfe angewiesen ist. Laut sechs Berichten einer Expertengruppe der Vereinten Nationen hat Ruanda Tausende von Soldaten an die Grenze geschickt und Boden-Luft-Raketen, Scharfschützen, Panzerfahrzeuge und Spezialkräfte eingesetzt.“

Und auch er prangert die Politik der zweierlei Maßstäbe des Westens an: „Einerseits scheinen wir in einer Welt zu leben, in der wir die russische Aggression in der Ukraine empört verurteilen, aber andererseits mit den Schultern zucken, wenn Millionen von Menschen in Zentralafrika vertrieben werden.“

Afrika braucht Frieden, nicht Krieg.

Heute beeilen sich die westlichen Länder, mit dem Finger auf Ruanda als alleinigem Schuldigen zu zeigen. Hauptverantwortlich für diese Situation sind aber an erster Stelle die USA und an zweiter Stelle Europa. Zwischen 1998 und 2009 unterstützten die USA zunächst den ruandischen Angriffskrieg und dann, als sie 2003 das Scheitern der Balkanisierung (Zersplitterung) akzeptieren mussten, guckten sie über die Präsenz ruandischer Truppen bis 2009 mit Absicht hinweg.

Europa half Ex-Präsident Joseph Kabila zwischen 2001 und 2006, diese Balkanisierung zu beenden, und folgte danach – als der Westen ihn für zu „souveränistisch“ hielt – stattdessen den USA in ihrer Politik, den Ostkongo zu destabilisieren und die kongolesische politische Klasse zu brechen, um den kongolesischen Staat zu schwächen.

Seit 2009 haben die USA und die EU Angreifer und Angegriffene systematisch gegeneinander ausgespielt, indem sie sagten, die DRK solle mit der FDLR und Ruanda mit der M23 brechen. Nun ist das militärische Gewicht der FDLR nicht mit dem der M23 zu vergleichen. Heute ist die Gefahr eines regionalen Krieges, in den Länder wie Uganda, Burundi, Angola, Südafrika und andere involviert sind, zu einer realen Möglichkeit geworden. Wieder einmal laufen Afrikaner Gefahr, sich aufgrund der westlichen Heuchelei und der von den Interessen der multinationalen Konzerne diktierten Politik gegenseitig umzubringen. Eine Mehrheit der Länder des Südens verweigert sich einem neuen Krieg und ruft zu Verhandlungen auf, die es dem kongolesischen Staat ermöglichen würden, seine Souveränität und die Kontrolle über sein Territorium zu behalten.

Unser Europaabgeordneter PVDA-PTB Marc Botenga erklärt die Rolle Europas im Krieg im Kongo.

Unser Europaabgeordneter PVDA-PTB Marc Botenga erklärt die Rolle Europas im Krieg im Kongo.

Quelle: Internationale Website der PTB – PVDA