Übernommen von Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:
Für die Raumfahrt wie für den Frieden in der Welt war 1963 ein gutes Jahr: Im Juni umkreiste die ehemalige sowjetische Textilarbeiterin Walentina Tereschkowa während eines fast dreitägigen Soloflugs 48 Mal die Erde, im August unterzeichneten zunächst die UdSSR, die USA und Britannien in Moskau ein Abkommen, das Atomwaffentests in den Meeren, der Atmosphäre und im All verbietet, und im Dezember einigte sich die Staatengemeinschaft auf eine UNO-Resolution, nach der die Erforschung und Nutzung des Weltraums »zum Nutzen und im Interesse der gesamten Menschheit« erfolgen soll.
Heute ist von alldem nicht viel übriggeblieben: Der Präsident der USA hat angekündigt, sein Land werde sich nicht länger an den Moskauer Atomteststoppvertrag halten und neben der NATO bemüht sich seit Anfang März auch die EU ganz offiziell um die »Wiederaufrüstung Europas« – auch im Weltall. In ihrer im Oktober vorgelegten »Roadmap für die europäische Verteidigungsbereitschaft 2030« legt die EU-Führung dar, wie es – nach den Worten der Außenbeauftragten Kaja Kallas – bis zum Ende des Jahrzehnts gelingen soll, »die wirtschaftliche Macht Europas in militärische Stärke zu verwandeln«.
Im Aufrüstungsfahrplan der EU werden dazu vier Prioritäten benannt: ein nicht nur auf die Grenzen mit Rußland beschränkter »Drohnenwall« (European Drone Defence Initiative), die Aufrüstung osteuropäischer Staaten auch gegen »hybride Bedrohungen« (Eastern Flank Watch), ein mehrschichtiges, mit der NATO verflochtenes System zur Luft- und Raketenabwehr (European Air Shield) und der Schutz von Weltraumressourcen (European Space Shield). Zur Absicherung letzterer hat sich selbst das kleine Luxemburg Anfang 2022 eine »Weltraum-Verteidigungsstrategie« gegeben.
Jenseits der Mosel sind die diesbezüglichen Pläne noch ambitionierter. So kündigte der von der SPD gestellte Militärminister Boris Pistorius Ende September auf dem »Weltraumkongreß des Bundesverbands der Deutschen Industrie« an, der Bundeswehr bis zum Ende des Jahrzehnts 35 Milliarden Euro für den Ausbau ihrer »Kapazitäten im planetaren Orbit« zur Verfügung zu stellen – und damit sowohl Frankreich als auch Britannien in diesem Bereich zu überholen. Unter anderem soll eine »dreistellige Anzahl von Satelliten« ins Weltall gebracht werden, wie der Kommandeur des deutschen Weltraumkommandos, Generalmajor Michael Traut, dem »Handelsblatt« sagte. Diese »große, multifunktionale Konstellation« werde nicht nur die weltraumgestützte Militäraufklärung der BRD verbessern, sondern auch dazu dienen, Bodensignale und die Flugbahnen ballistischer Raketen zu überwachen.
Satelliten, so der deutsche Militärminister auf dem Kongreß des deutschen Industriepatronats, seien die »Achillesferse« der modernen Gesellschaften – und die würden – wie könnte es auch anders sein – von Rußland und China bedroht. Auf diese angeblichen Bedrohungen der eigenen »Achillesfersen« im Orbit hat auch Luxemburgs Armeeministerium schon »reagiert«, als es Anfang 2018 begann, zusammen mit dem börsennotierten Betzdorfer Satellitenbetreiber SES militärische Satelliten ins All zu schicken. Auf »GovSat-1«, den ersten von bislang zwei geplanten militärischen Kommunikationssatelliten, der im Januar 2018 lanciert wurde, folgte im August 2025 der von der Regierung betriebene Erdbeobachtungs- (lies: Spionage) Satellit »LUXEOSys« – nach einer mehrjährigen Verzögerung, in der die reinen Anschaffungskosten auf mehr als das Doppelte gestiegen waren. Der »Bildlieferant« vor allem für die Kriegsplaner von EU und NATO sowie von »anderen vertrauenswürdigen Partnern« soll Anfang nächsten Jahres mit der Spionage beginnen.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

