Sozial fragwürdiges Prestigeprojekt Klimaplan

Seit vorgestern kann der 200 Seiten umfassende nationale Klimaplan der Regierung online bestaunt und, wer Zeit und Muße dazu hat, auch komplett gelesen werden. Das ambitiöse Klimaprogramm der grünen Minister soll dafür sorgen, daß bis zum Jahr 2030 die CO2-Emissionen mehr als halbiert werden und der Anteil erneuerbarer Energien auf ein Viertel steigen.

Wieviel dieses komplette Umkrempeln des Landes kosten wird und wer letztendlich die Zeche dafür bezahlt, dazu wollten die zuständigen Minister bis zuletzt nicht wirklich mit der Sprache herausrücken. Es dürfte sich allerdings bewahrheiten, wovor an dieser Stelle in den letzten Wochen und Monaten immer wieder gewarnt wurde: Weitere finanzielle Einschnitte für die Familien, Rentner, Alleinerziehenden und alle, die sich ein umweltbewußtes Leben vom Munde absparen müßten.

Genau darauf läuft es aber hinaus. Die Verteuerung der Spritpreise, CO2-Steuer und andere klimapolitische Maßnahmen werden in dicken, gleichgroßen Scheiben am Brot der Menschen abgeschnitten, egal ob arm oder wohlhabend. Stolz wird verkündet, daß es nach dem Verursacherprinzip laufen soll. Als ob das sozial gerecht wäre. Einem wohlhabenden SUV-Fahrer dürften CO2-Steuer und Akzisenerhöhung herzlich egal sein, während sich ein Berufspendler, der jeden Morgen aus dem Ösling, dem Osten des Landes oder, weil er sich Wohnen hierzulande nicht mehr leisten kann, von jenseits der Grenze in die Hauptstadt gurken muß, doppelt bestraft vorkommen muß. Der Ausbau des öffentlichen Transports läuft an ihm vorbei, wenn er das Pech hat, nicht an den modernisierten Grenzgängerrouten zu wohnen und weil er sich kein neues Auto leisten kann, wird er kräftig zur Kasse gebeten.

Während das Volk die grüne Peitsche zu spüren bekommt, werden Unternehmen und Reiche gebauchpinselt. Insbesondere Erstere sollen keinerlei Risiken eingehen müssen. Die trägt schließlich der Plebs. Die versprochenen sozialen Abfederungen dürften einen großen Teil der Bevölkerung überhaupt nicht erreichen, da diese Menschen »zu viel« verdienen, auch wenn der Anteil der »working poor«, der Menschen, die arm trotz Arbeit sind, immer weiter zunimmt.

Auch der gratis öffentliche Transport, mit viel Tamtam angekündigt, wird an der Mobilitätssituation der oben genannten Menschen nichts ändern. Er war ohnehin bereits spottbillig, wird aber ab dem 1. März nicht effizienter sein als vorher. Ein lahmer Esel ist auch geschenkt noch lahm. Dazu kommt, daß die Wege zur Arbeit immer länger werden. Das kommt zum einen durch den mangelnden Willen der Unternehmen zur Dezentralisierung und zur Telearbeit und gleichzeitig durch die nahezu unbezahlbaren Wohnungspreise im Land, für welche sich diese Regierung keinen Deut interessiert.

Die Frage ist, was sich die Regierung dabei erwartet, wie sie Akzeptanz für ihr ambitiöses Klimaschutzprogramm bei der breiten Masse erzeugen will. Denn eins haben déi gréng mit ihren Freunden von Die Grünen in Deutschland gemeinsam: Dekretieren, Verbieten und mahnen. Es bewahrheitet sich, was an dieser Stelle schon oft festgestellt wurde: Für eine sozial kompatible Klimapolitik sind die grünen Parteien die falschen Partner. Hippe, neoliberale Besserverdiener werden die Sorgen der arbeitenden Massen nicht bedienen können, weil sie deren Probleme nicht kennen.

Für die zuständigen Minister ist das Klimaschutzprogramm in erster Linie ein Prestigeprojekt für sie selbst, welches allein schon aufgrund der Landesfläche nur erfolgreich sein kann, wenn die Nachbarländer es ähnlich machen.

Christoph Kühnemund

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek