Erneut keine Einigung im Tarifkonflikt: Gewerkschaft kündigt Ausweitung der Streiks an

Am Mittwochnachmittag (1.9.) wurde die fünfte Verhandlungsrunde für die rund 502.000 sozialversicherungspflichtig und 197.000 geringfügig Beschäftigten in Recklinghausen erneut ohne entscheidenden Durchbruch beendet. Noch am vergangenen Freitag (27.8.) hatten bei regionalen Streikkundgebungen Streikende aus über 170 Betrieben landesweit ihre Verärgerung über das Stocken der Verhandlungen deutlich gemacht. Die erhoffte Bewegung auf Arbeitgeberseite blieb trotzdem aus.

„Die Beschäftigten sind unglaublich wütend darüber, dass nach fünf Verhandlungsrunden noch immer keine Annäherung in Sicht ist. Sie werden seit vier Monaten hingehalten. Zu diesem Zeitpunkt nur mit einer minimalen Verbesserung des Angebots zu erscheinen ist respektlos“, erklärte ver.di-Verhandlungsführerin Silke Zimmer.

Das leicht verbesserte Arbeitgeberangebot sieht eine Erhöhung von 2 Prozent nach zwei Nullmonaten zum 1. Juli 2021 vor, die der Handelsverband bereits als einseitige Empfehlung an die tarifgebundenen Mitgliedsunternehmen als Orientierungsrahmen herausgegeben hatte. Für Unternehmen, die noch nicht erhöht haben, soll die Entscheidungshoheit, ob sie die Tariferhöhung zahlen oder stattdessen vier Werktage Urlaub gewähren allein bei den Arbeitgebern liegen. In diesem Fall kommt die 2-prozentige Tariferhöhung erst ab dem 1. März 2022 zur Auszahlung. Außerdem ist eine weitere Erhöhung von 1,8 Prozent nach weiteren drei Nullmonaten zum 1. August 2022 geplant. „Das Angebot ist in vielerlei Hinsicht inakzeptabel. In diesem Jahr bedeutet es Reallohnverluste und bleibt somit weit hinter der aktuellen Preissteigerungsrate von 3,8 Prozent zurück. Darüber hinaus wird es den außergewöhnlichen Leistungen der Beschäftigten nicht im Geringsten gerecht. Und das bei historischen Umsatzzuwächsen im Einzelhandel.“

Schwer wiegt jedoch auch die Enttäuschung darüber, dass es auf Seiten der Arbeitgeber keine eigene Lösungsidee für diese festgefahrene Situation gibt. So hatten sie in der letzten Verhandlungsrunde den Lösungsansatz der Gewerkschaft abgelehnt. Dieser sah eine Wahlmöglichkeit der Beschäftigten vor, für einen festgelegten Zeitraum die Erhöhung in Freizeit umzuwandeln. „Es ist schade, dass die Arbeitgeber diesen Vorschlag ablehnen, aber weiterhin keine eigenen Ideen haben, um in diesem Konflikt voranzukommen. Schlimmer noch, sie greifen unseren Vorschlag nun auf und wollen den Unternehmen, die bisher die freiwillige Erhöhung nicht gezahlt haben, die Entscheidungshoheit überlassen, ob sie für acht Monate Geld oder Freizeit anbieten. Das Wahlrecht und damit die individuellen Interessen der Beschäftigten bleiben außen vor.“

Die Gewerkschaft kündigt nun an, die Streikaktivitäten deutlich auszuweiten. „Mit dem Angebot der Arbeitgeber sind wir noch immer meilenweit von einer Einigung entfernt. Damit provozieren die Arbeitgeber eine weitere Verschärfung des Konflikts. Jedoch sollten sie wissen, dass wir bisher noch mit angezogener Handbremse unterwegs waren. Nun zwingen sie uns dazu, richtig Gas zu geben. Dazu sind wir bereit – bis die Botschaft endlich ankommt“, so Zimmer abschließend.

Quelle: ver.di NRW – Erneut keine Einigung im Tarifkonflikt: Gewerkschaft kündigt Ausweitung der Streiks an