Billige Wertschätzung

Übernommen von DKP München und Südbayern:

Zum Ergebnis der Verhandlungen für die Beschäftigten in den Kindertagesstätten und sozialen Einrichtungen.

Wochenlang kämpften Kolleginnen und Kollegen aus den Kindertagesstätten und sozialen Einrichtungen mit Warnstreiks und anderen Aktionen für ihre Forderungen: Die immer höher werdenden Ansprüche an ihre Arbeit durch eine entsprechend höhere Eingruppierung zu vergüten und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen tariflich festzulegen.

Vor allem den Beschäftigten in den Kindertagesstätten war dabei die Festlegung von Vorbereitungszeiten wichtig, damit Gespräche mit den Eltern, regelmäßige Besprechungen und die Planung der Arbeit mit den Kindern nicht zulasten der unmittelbaren pädagogischen Arbeit mit den Kindern gehen, unter den Tisch fallen oder in der Freizeit geleistet werden müssen.

Nun einigten sich in der dritten Verhandlungsrunde die Gewerkschaft ver.di und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) auf ein Ergebnis:

  • Eine Zulage von 130,00 Euro für Erzieherinnen und 180,00 Euro für Sozialpädagoginnen;
  • Zwei zusätzliche freie Tage zur Entlastung, sowie die Möglichkeit, einen Teil des Lohns in zwei weitere freie Tage umzuwandeln;
  • Ab 2024 Anpassung der Zeiten für die Erreichung der nächsten Erfahrungsstufe (Stufenlaufzeiten) an die für alle im öffentlichen Dienst geltenden, kürzeren Stufenlaufzeiten.

Dies sei „ein eindeutiges Zeichen dafür, dass wir die oft herausragende Leistung unserer Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst durch eine faire und wertschätzende Vergütung würdigen“ erklärte die Verhandlungsführerin für den VKA, Karin Welge (SPD-Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen) zu dem Ergebnis.

Wertschätzende Vergütung – ein dehnbarer Begriff

Es klingt zunächst ganz ordentlich. Doch es ist auch klar, dass die wichtigsten Forderungen nicht erreicht worden sind. Auch wenn diese 130,00 Euro für Berufseinsteiger mehr Lohn bedeuten als eine Eingruppierung in die nächsthöhere Stufe ausmachen würde – für diejenigen, die schon länger arbeiten wird es im Vergleich dazu immer weniger. Außerdem werden Zulagen nicht erhöht, wenn in den regulären Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst Lohnerhöhungen erkämpft werden. Und: Zulagen können schneller gestrichen werden, wenn die Finanzen der Kommunen, behauptet oder tatsächlich, weiter in die Krise geraten, worauf wir doch derzeit permanent vorbereitet werden. 3,7 Prozent mehr würden die Zulagen die Kommunen kosten, erklärte Welge. Für die Kolleginnen und Kollegen heißt dies, dass diese „wertschätzende Vergütung“ im Schnitt nicht einmal die Hälfte der derzeitigen Preissteigerungen auffangen wird.

Zwei zusätzliche freie Tage im Jahr sind Brosamen angesichts der alltäglichen Arbeitsbelastung der Kolleginnen und Kollegen, die zu immer mehr Ausfällen durch Krankheiten oder gleich Kündigungen führt. Die möglichen zwei weiteren freien Tage gelten nur für diejenigen, die sich entsprechend weniger Lohn leisten können.

Und die doch für die Kolleginnen und Kollegen, wie auch für die Qualität der Arbeit, so notwendigen Vorbereitungszeiten? Da muss man auf den Seiten von ver.di und GEW (für die ver.di mit verhandelt hat) lange suchen, um dann folgendes zu finden:

Die bereits geltenden 19,5 Stunden für Vorbereitung und Qualifizierung sollen auf 30 Stunden erhöht werden – pro Jahr! Zieht man den Urlaubsanspruch von sechs Wochen ab, sind das 36 Minuten pro Woche.

Doch nicht nur Vertreter der Kommunen, auch ver.di und GEW loben dieses Ergebnis. „Der Einstieg in Entlastung und die weitere Aufwertung ist uns gegen die erheblichen Widerstände der kommunalen Arbeitgeber gelungen“ erklärt der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. Wieder einmal ein Einstieg, statt Durchsetzung der Forderungen.

Auf der Kundgebung in München am 12. Mai fragte der Geschäftsführer von ver.di München die streikenden Kolleginnen und Kollegen, ob sie denn weiter streiken würden, wenn die kommunalen Vertreter in der anstehenden Verhandlungsrunde nicht auf die gewerkschaftlichen Forderungen eingehen würden. Ein lautes „Ja“ schallte daraufhin über den Marienplatz. Nutzen wollten dieses „Ja“ die Gewerkschaftsführer offensichtlich nicht.

Nun werden in den nächsten Tagen die Mitglieder zu dem Verhandlungsergebnis befragt. Die Kolleginnen und Kollegen sollten „Nein“ sagen.

Bericht: gr / Vorabdruck aus der nächsten Auf Draht vom 31. Mai 2022

Quelle: DKP München und Südbayern