Rote Karte gegen »Nettoindexklau«

ZLV Zeitung vum Letzeburger Vollek
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Aus gegebenem Anlaß machte der Nationalvorstand des OGBL am Dienstag in seiner ersten Sitzung im neuen Jahr da weiter, wo er Mitte Dezember aufgehört hat. Er beschäftigte sich mit dem Indexsystem, das im März 2022 durch einen – vom OGBL nicht mitgetragenen! – Tripartitebeschluß manipuliert wurde, bevor dann im September eine weitere Dreierrunde inklusive OGBL beschloß, das Indexsystem vorerst wieder normal spielen zu lassen. »Würde das Märzabkommen heute noch gelten«, so gestern Nachmittag OGBL-Präsidentin Nora Back auf der Pressekonferenz zur Vorstandssitzung, »dann müßten die Schaffenden und Rentner noch monatelang auf die Anpassung ihrer Bezüge an die Preisentwicklung warten«.

Einstimmig, so die OGBL-Präsidentin, habe das Nationalkomitee gestern bestätigt, »jegliche Attacken auf den Index« zurückzuschlagen und keine Manipulation zuzulassen. Mit dem OGBL werde es keine Verschiebung von Indextranchen, keine Veränderung des Warenkorbs zu ihrer Berechnung und auch keinen »gedeckelten Index« geben. Letzterer »wäre der Einstieg in den Ausstieg von unserem Indexsystem«, betonte Nora Back. Und gab zu bedenken, bei einem »gedeckelten Index« bekomme kein Klein- oder Mittelverdiener auch nur einen Cent mehr.

Zur Aussage von Finanzministerin Yuriko Backes, weil das Budgetdefizit 2022 wohl um rund 500 Millionen Euro niedriger ausfalle als von der Regierung erwartet, gebe es einen entsprechenden Spielraum zumindest für »provisorische Steuererleichterungen« und zwar in Form von Steuerkrediten, erklärte Nora Back, die Regierung versuche, »den Leuten im Wahljahr Sand in die Augen zu streuen«. Die sogenannte kalte Progression, die entsteht, wenn die Steuertabelle nicht regelmäßig an die Preisteuerung angepaßt wird, bewirke nämlich, daß die 2,5-prozentige Nettoindextranche beim aktuellen Durchschnittslohn von ungefähr 5.000 Euro brutto im Monat auf 1,7 Prozent gedrückt wird. Anders gesagt: Seit der letzten Anpassung der Steuertabelle an die Inflation im Jahr 2017 bis zum Ende dieses Jahres hat ein Schaffender mit Durchschnittslohn Berechnungen des OGBL zufolge einen Kaufkraftverlust von 21,8 Prozent zu verkraften.

Die »wichtigste Botschaft« des gestrigen Nationalkomitees laute deshalb: »Der Nettoindexklau muß aus der Welt geschafft werden!« Die von Finanzministerin Backes vorgeschlagenen Steuerkredite seien »der falsche Weg«, so Nora Back, weil diese bei der nächsten Indextranche schon wieder an Wert verlören.

Einen »regelrechten Reformstau« beklagt der OGBL angesichts der Versprechen im Koalitionsabkommen von DP, LSAP und Grünen, die Gesetze über das Kollektivvertragswesen, Sozialpläne, Konkurse, zum Erhalt von Arbeitsplätzen und über die berufliche Weiterbildung zu reformieren. »Nichts«, so Nora Back, habe die Dreierkoalition umgesetzt, kein einziges ihrer versprochenen Reformvorhaben befinde sich auch nur auf dem Instanzenweg.

»Bedauerlich« sei auch, daß die Regierung ausgerechnet in Wahlkampfzeiten Studien zur Arbeitszeitregelung in Auftrag gibt, obwohl doch längst klar sei, daß sich die Positionen von Salariat und Patronat in dieser Frage »diametral« entgegenstehen. So werde es auch bleiben, erklärte die Gewerkschaftspräsidentin, »solange es den Kapitalismus gibt«.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek