13. Dezember 2024

80 Jahre nach dem sowjetischen Sieg bei Stalingrad

Erklärung des Parteivorstandes der Partei der Arbeit Österreichs (PdA), Wien, 2. Februar 2023

Am 2. Februar 1943 endete mit der Aufgabe des deutschen Nordkessels die Schlacht um Stalingrad. Seit dem Angriff auf die russische Stadt an der unteren Wolga unter Führung der 6. Armee der Wehrmacht sowie unter Beteiligung italienischer, kroatischer, rumänischer und ungarischer Verbände im August 1942 waren hunderttausende Soldaten gefallen oder verwundet worden. Mit der Kapitulation durch Generalfeldmarschall Paulus gingen annähernd 100.000 Soldaten in Kriegsgefangenschaft. Über 40.000 Österreicher kämpften bei Stalingrad in den Reihen der Wehrmacht, nicht viel mehr als 1.000 kehrten in ihre Heimat zurück.

Die Rote Armee der Sowjetunion konnte bei Stalingrad einen bedeutenden Sieg erringen. Die Einkesselung und Niederringung der deutsch-faschistischen Kräfte wurde mit ebenfalls immensen Verlusten und Opfern bezahlt. Etwa eine halbe Million Rotarmisten starb in den Kämpfen, von den rund 500.000 zivilen Einwohnern der Stadt waren Anfang Februar 1943 weniger als 10.000 verblieben. Die militärische Überlegenheit der UdSSR hatte sich dennoch deutlich manifestiert. Wenngleich der deutsch-faschistische Überfall auf die Sowjetunion eigentlich bereits mit der Niederlage vor Moskau im Jänner 1942 gescheitert war, markierte Stalingrad den endgültigen Wendepunkt im Krieg: Die Rote Armee begann eine Offensive, die sie bis nach Wien und Berlin führen sollte, den Zweiten Weltkrieg in Europa beendete und die Vernichtung des Nazi-Regimes bedeutete. Die Befreiung der Völker von Faschismus und Fremdherrschaft mündete in einigen Ländern in sozialistischen Umwälzungen.

Heute, 80 Jahre nach der symbolisch markanten Schlacht von Stalingrad, würdigen wir die heroischen Taten der Roten Armee, der politischen Führung und der Menschen der UdSSR, in Anerkennung der großen Opfer von 27 Millionen getöteten Sowjetbürgern. Der KPdSU und ihrer Fähigkeit, alle Potenzen der Sowjetvölker gegen die faschistischen Invasoren zu mobilisieren, ist es zu verdanken, dass der deutsch-faschistische Vernichtungskrieg und Genozid beendet wurden – dieses historische Verdienst der Sowjetunion bleibt unauslöschlich. Damit verbunden war auch die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Österreichs, wozu neben der UdSSR auch die österreichischen Kommunisten, antifaschistische Widerstandskämpfer und Partisanen beitrugen. Wir ehren zudem den großen Mut der Deserteure und Wehrdienstverweigerer, die unter Einsatz ihres Lebens die Teilnahme an den Verbrechen des deutschen Faschismus ablehnten. Es ist aber ebenfalls legitim, um die gefallenen österreichischen Soldaten zu trauern, die in überwältigender Mehrheit nicht freiwillig in den Krieg des deutschen Faschismus gezogen sind, sondern auf Geheiß des Imperialismus und des deutschen Monopolkapitals an einer kriminellen Aggression beteiligt waren.

Für diese und andere deutsch-faschistische Verbrechen wie nicht zuletzt den Holocaust besteht jedoch eine österreichische Mitverantwortung, der man gerecht werden muss. Der Opfermythos und der Antikommunismus waren und sind geeignet, diese Schuld kleinzureden oder gar zu negieren. Die Diffamierung der UdSSR und die Gleichsetzung von Faschismus und Sozialismus im Sinne der Totalitarismusdoktrin dienen dem Geschichtsrevisionismus, der Relativierung der Nazi-Verbrechen und der „Reinwaschung“ des Kapitalismus. Wir wissen allerdings, dass in unserem Stadium des Kapitalismus der Faschismus ein Werkzeug des Monopolkapitals ist und der imperialistische Krieg ein Resultat seines räuberischen Wesens. Soll die Losung „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ nachhaltige Wirklichkeit werden, so muss sie eingebettet sein in den revolutionären Klassenkampf für den Sozialismus.

Dort, wo die deutsch-faschistische Wehrmacht vor 80 Jahren mit ihrem Vernichtungskrieg im Osten scheiterte, herrscht gegenwärtig wieder Krieg, formell zwischen der Ukraine und Russland. Doch es ist ein Stellvertreterkrieg, den das Kiewer Regime, das nicht zufällig historische Faschistenführer ehrt und Neonazi-Bataillone unterhält, im Auftrag der NATO und v.a. der USA führt. Zwar ist es die eindeutige Verantwortung Russlands, die direkte zwischenstaatliche militärische Auseinandersetzung begonnen zu haben, aber es war der Westimperialismus, der die NATO bis an die russische Grenze ausdehnte und 2014 in Kiew einen antidemokratischen Putsch forcierte, dessen Ergebnisse der Bürgerkrieg, antirussische Repressionen und die Aufrüstung der Ukraine als indirektes NATO-Aufmarschgebiet gegenüber Russland waren. Denn am Ende wünscht sich der Westimperialismus in dieser oder jener Form auch den ungehinderten Zugriff auf die immensen Ressourcen Russlands. Diese Verantwortung der stetigen Kriegstreiberei und Eskalationspolitik liegt – ebenfalls eindeutig – bei den USA, der NATO und der EU. Und es ist überaus verstörend, dass 80 Jahre nach Stalingrad nun wieder deutsche Kampfpanzer durch die Ukraine und in Richtung Wolgograd rollen und auf russische Soldaten schießen sollen.

Doch natürlich handelt es sich nicht um eine Wiederholung der Geschichte. Die Russische Föderation ist nicht die sozialistische UdSSR, sondern ein mächtiger kapitalistischer Staat mit eigenen imperialistischen Interessen. Daher handelt es sich beim Ukrainekrieg beiderseits um einen ungerechten, einen imperialistischen Krieg, in dem die Arbeiterklasse aller Länder nichts zu gewinnen hat. Für sie gilt: Der Hauptfeind steht im eigenen Land, es sind die eigenen Kapitalisten und Imperialisten, die sich mit jenen der anderen Staaten um Einflusssphären, Macht und Profite streiten. Wir ergreifen nicht Partei für eine der Kriegsparteien, sondern für die Arbeiterklasse, die kein Interesse an diesem Krieg hat.

Und auf gar keinen Fall ergreifen wir Partei für den eigenen Imperialismus, sondern wir verweigern den Burgfrieden. Das österreichische Großkapital hat zwar ökonomische Interessen in Russland, ist aber klar Teil der antirussischen Allianz des Westimperialismus. Auch ohne NATO-Mitgliedschaft droht die Gefahr, dass Österreich zur faktischen Kriegspartei werden könnte. Schon jetzt wird das ukrainische Kriegsregime mit finanziellen Mitteln aus Österreich – bislang haften wir für über 100 Millionen Euro – und der EU unterstützt, schon jetzt erfolgen NATO-Waffentransporte über österreichisches Territorium, schon jetzt beteiligt sich Österreich zum Schaden der eigenen Bevölkerung am Sanktions- und Wirtschaftskrieg gegen Russland. Der österreichischen Neutralität wurde dadurch neuerlich schwerer Schaden zugefügt, die Bundesregierung und die oppositionelle Sozialdemokratie haben Österreich in eine gefährliche Situation manövriert. Demgegenüber muss man eine konsequente und aktive Neutralitäts- und Friedenspolitik einfordern, die auf einen Waffenstillstand und eine Verhandlungslösung orientiert. Man muss sich auf antimilitaristische Weise gegen Aufrüstung, Waffenlieferungen und Eskalationen positionieren. Die Mitfinanzierung des Krieges und der Sanktionskrieg müssen enden, zumal für beides die österreichische Bevölkerung bezahlt – im wörtlichen Sinn mit ihrem Steuergeld sowie durch Preistreiberei, Versorgungsprobleme und wachsende Armut.

Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Ukrainekrieg weitere Eskalationen und eine Ausweitung erfährt. Schlimmstenfalls könnte er der Auftakt zu einem globalen Krieg sein, der zum Gutteil in Europa geführt wird, aber auch die im imperialistischen Weltsystem zentrale Auseinandersetzung zwischen den USA und China auf die militärische Spitze treibt. Angesichts des 80. Jahrestages des Endes der Schlacht von Stalingrad bedeutet dies für uns Folgendes: Der drohende Weltkrieg, der den Zweiten Weltkrieg zweifellos in den Schatten stellen würde, muss verhindert werden – die Friedens- und Arbeiterbewegung muss die Herrschenden zum Frieden zwingen, zunächst in der Ukraine. Über 65 Millionen Tote des Zweiten Weltkrieges, darunter nicht zuletzt die Opfer von Hiroshima und Nagasaki, mahnen eindringlich die Vernichtung aller atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen ein. Die österreichische Neutralität, die ein Ergebnis der Erfahrungen der deutschen Annexion und des Zweiten Weltkrieges ist, darf nicht weiter ausgehöhlt und muss wieder gestärkt werden – gegenüber der NATO ebenso wie gegenüber der Garantiemacht Russland.

Zu guter Letzt wissen wir jedoch, dass der Imperialismus – ob in faschistischer oder in „demokratischer“ Form – nicht friedensfähig ist. Eine Welt des Friedens und der Völkerfreundschaft wird erst der Sozialismus bringen. Insofern sollen die Herrschenden und die Kriegsherren des Kapitalismus und Imperialismus zweierlei wissen: Je mehr sie ihre Barbarei steigern, umso näher rückt der weltweite neue Rote Oktober. Und die verheerende Niederlage des deutschen Imperialismus bei Stalingrad möge ihnen eine Warnung sein, dass auch die zukünftigen Armeen der organisierten revolutionären Arbeiterklasse unbesiegbar sein werden.

Quelle: Partei der Arbeit

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