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»ReArm Europe« mit USA-Waffen?

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

Übernommen von Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:

Auch wenn sie (realistischerweise) nicht am Kampf um die Weltherrschaft teilnehmen, sind Länder wie Luxemburg, Belgien oder Schweden, aber auch wie Kanada oder die Schweiz imperialistische Länder, weil sie Teil des weltweit bestehenden Systems des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium sind. In dem geben noch immer die USA den Ton an, auch wenn sich EU-Europa unter vor allem deutscher Führung nach den Worten seiner Außenbeauftragten Kaja Kallas gerade anschickt, seine »wirtschaftliche Macht (…) in militärische Stärke zu verwandeln«. Dies geschehe »in enger Zusammenarbeit mit der NATO«, beeilte sich die Tochter des ehemaligen EU-Kommissars Siim Kallas zu erklären, als sie am 16. Oktober mit der deutschen EU-Chefin Ursula von der Leyen deren »Fahrplan für die europäische Verteidigungsbereitschaft 2030« präsentierte.

Anläßlich der Vorstellung dieser »Defence Readiness Roadmap 2030« hieß es in Brüssel, der Anfang März von Frau von der Leyen präsentierte Maßnahmenkatalog zur »Wiederaufrüstung Europas« (ReArm Europe) komme voran, die jährlichen Militärausgaben der EU-Staaten seien seit dem Jahr 2020 von rund 200 Milliarden auf in diesem Jahr 392 Milliarden Euro fast verdoppelt worden. Zum Erreichen des neuen Ausgabenziels von 3,5 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts (BIP) sei das aber noch lange nicht ausreichend, dafür seien weitere 288 Milliarden Euro nötig. Zu den Militärausgaben der EU-Staaten von dann 680 Milliarden Euro sollen noch weitere anderthalb Prozent des BIP für Militärausgaben im weiteren Sinne hinzukommen, so daß EU-Europa also Militärausgaben von insgesamt 970 Milliarden Euro plant.

Aller gegenteiligen Ankündigungen zum Trotz ist bereits klar, daß das mit Abstand größte Stück vom EU-europäischen Rüstungskuchen in die USA geht. Hatte die EU-Führung schon in ihrer im März vergangenen Jahres vorgelegten »Verteidigungsindustriestrategie« (EDIS) gefordert, den Anteil des von den Mitgliedstaaten in EU-Europa beschafften Kriegsgeräts bis zum Ende des Jahrzehnts von mickrigen 22 auf mindestens 50 Prozent zu erhöhen, so lautet das Ziel im neuen Aufrüstungsfahrplan nun 55 Prozent bis 2030.

Mit Frau von der Leyen und Frau Kallas beklagt auch die luxemburgische Armeeministerin Yuriko Backes regelmäßig, daß derzeit weniger als 20 Prozent der milliardenschweren Beschaffungen für die nationalen Streitkräfte von mehreren EU-Staaten im Verbund getätigt werden – schon bis Ende 2027 sollen es laut Aufrüstungsfahrplan 40 Prozent sein. Denn die Auflage länderübergreifender Rüstungsprojekte gilt in Brüssel als entscheidender Schritt, um Waffensysteme in größeren Mengen bestellen und damit die totale Abhängigkeit von den USA zumindest verringern zu können. So heißt es: »Die zunehmende Ausrichtung der Verteidigungsinvestitionen auf gemeinsame Beschaffungen wird ein entscheidender Faktor für die Einsatzbereitschaft sein, da die Bündelung der Nachfrage und Skaleneffekte dazu beitragen werden, die Produktionskapazitäten der europäischen Verteidigungsindustrie zu steigern«.

Als die belgischen Luftstreitkräfte Mitte Oktober drei der 34 beim USA-Konzern Lockheed Martin für schlappe 5,6 Milliarden Euro bestellte Tarnkappen-Kampfflugzeuge vom Typ »F-35A Lightning II« in Empfang nahmen, hagelte es in Frankreich Kritik. Dort hatte man lange gehofft, den Belgiern Kampfflugzeuge vom Typ »Rafale«, die von der französischen Dassault Aviation vertrieben werden, verkaufen zu können. Zusammen mit der von Deutschland kontrollierten Airbus und der spanischen Indra Sistemas ist Dassault Aviation auch am FCAS-Projekt (Future Combat Air System, Luftkampfsystem der Zukunft) beteiligt, bei dem von Anfang an gestritten wird, wer welche Komponenten beisteuern und die entsprechenden Technologievorteile und Gewinne einstreichen darf. Im September verkündete Dassault, man könne das Projekt zur Entwicklung eines Kampfjets, der im Verbund mit Drohnen kämpfen kann, notfalls auch im Alleingang bewerkstelligen, sei aber offen für Kooperationen, »auch mit den Deutschen«.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

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