Krieg und Frieden

ZLV Zeitung vum Letzeburger Vollek
Zeitung vum Letzeburger Vollek

Die aktuelle Situation erinnert in vielen Aspekten an 1914, die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Das deutsche Kaiserreich, nach vielen Auseinandersetzungen erst wenige Jahre zuvor gegründet im Ergebnis des deutsch-französischen Krieges 1870/71, war bei der Aufteilung der Welt in Kolonien und Einflußgebiete zu kurz gekommen. Der rasch erstarkende Kapitalismus in Deutschland brauchte sowohl Absatzmärkte als auch billige Rohstoffe und Arbeitskräfte. Die Herrschenden in Berlin sahen daher einen Ausweg in einem neuen Krieg.

Feinde gab es ausreichend. »Jeder Stoß ein Franzos, jeder Tritt ein Brit, jeder Schuß ein Russ« wurde zur Losung, das Volk wurde mit völkischen Parolen kriegsbereit gemacht, und auch die Sozialdemokratische Partei stimmte im Reichstag voller Begeisterung für die Kriegskredite.

Heute geht es ebenfalls um nicht weniger als um Absatzmärkte, Rohstoffe und Arbeitskräfte. Lediglich die Kräfteverhältnisse haben sich etwas verschoben. Die USA, die größte Wirtschafts- und Militärmacht der Welt, stehen in einem gnadenlosen Konkurrenzkampf mit Rußland, China und der Europäischen Union. Die EU wiederum hatte sich offen dazu bekannt, die größte Wirtschaftsmacht der Welt werden zu wollen. Auch wenn es damals nicht offen gesagt wurde, mußten die Herrschenden in Washington und Umgebung das als Kampfansage verstehen.

Nach einer Reihe Konflikte und Kriege, aus denen die USA nicht wirklich als Sieger hervorgingen, und angesichts des wirtschaftlichen und politischen Erstarkens Rußlands und Chinas mußte nun gehandelt werden. Das Einflußgebiet des »Westens« auf dem europäischen Kontinent wurde allmählich nach Osten ausgedehnt, EU und NATO übernahmen immer neue Gebiete, und schließlich bot sich die Ukraine als Zankapfel an.

Ein vom »Westen« unterstützter, maßgeblich von den USA mit über 5 Milliarden Dollar finanzierter und von antirussischen, nationalistischen und faschistischen Kräften organisierter Putsch brachte 2014 den Wechsel in Kiew – und damit die Chance, das NATO-Territorium geographisch bis östlich von Moskau auszudehnen. Die USA ergriffen die Gelegenheit, ihren Wirtschaftskrieg gegen Rußland auf die EU zu übertragen. Die von der EU verkündete Embargopolitik führte schließlich dazu, daß in der EU und darüber hinaus eine ernste Energiekrise ausgelöst wurde, deren Nutznießer vor allem Banken und Konzerne der USA sind. Gleichzeitig führen die USA ihren Handelskrieg gegen die EU weiter, der allerdings im Schatten des Krieges in der Ukraine selten thematisiert wird.

Auch der Krieg in der Ukraine, begonnen im Jahr 2014 durch das Kiewer Regime, verschärft im Februar 2022 durch das direkte Eingreifen Rußlands, wird von den USA zum Schüren von Spannungen in der EU genutzt. Das Gerangel um die Lieferung von Panzern ist ein Ausdruck der neuen Zwistigkeiten unter EU-Staaten.

Wir Kommunisten sind grundsätzlich der Auffassung, daß all die entstandenen Probleme nicht durch Waffengewalt gelöst werden können. In diesem Krieg kann es keinen militärischen Sieger geben, weder Rußland, noch die Ukraine. Wir sind »nicht der Meinung, daß alle Völker gegeneinander wie reißende Bestien zum Sprunge bereitstehen müssen und daß der schließlich recht behält, der die größten Leichenhügel aufrichtet«, sagte die deutsche Kommunistin Rosa Luxemburg am 12. Mai 1914. »Wir glauben vielmehr, daß es den Interessen der Menschheit besser entspricht, daß alle Völker ohne Unterschied der Rasse, der Sprache und des Glaubens in völligem Frieden und in Freundschaft miteinander leben und in der Erfüllung von Kulturaufgaben wetteifern.«

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek