Prioritäten in der Krise

Die Gesundheitskrise hat in unserem Land die anhaltende kapitalistische Wirtschaftskrise verschärft und führt zu ernsthaften Folgen für das gesellschaftliche Leben. Die von der Regierung und der Chamber ergriffenen Maßnahmen haben zu harten Einschränkungen der politischen und sozialen Aktivitäten geführt.

Eine ganze Reihe Probleme, die es bereits zuvor gab, sind infolge der Gesundheitskrise wie in einem Brennglas weitaus deutlicher sichtbar, darunter der Personalmangel im Gesundheitswesen, und damit verbunden die schlechten Arbeitsbedingungen.

Zehntausende Lohnabhängige waren die ersten Opfer der Krise, da sie zur Kurzarbeit gezwungen wurden und über Monate hinaus große Lohnverluste hinnehmen mußten. Mehrere Unternehmen haben bereits beschlossen oder sind dabei, in großem Umfang Arbeitsplätze abzubauen und kollektivvertragliche Verbesserungen, die von den Beschäftigten und ihren Gewerkschaften erkämpft wurden, rückgängig zu machen.

In dieser Situation gibt es eine Menge Diskussionen über Sinn und Unsinn von Maßnahmen, die von Regierung und Parlament beschlossen wurden, um der Gesundheitskrise Herr zu werden. Man kann durchaus unterschiedlicher Meinung sein über Maskenpflicht und Abstandsregeln, über Ausgangssperre und Schließung von Cafés und Restaurants. Diejenigen jedoch, die hierzulande und auch im Ausland im Namen der »Freiheit« gegen alle diese Maßnahmen agitieren und demonstrieren, sollten auch wissen, daß ihre Forderung nach »Freiheit« ohne Maske und Einschränkungen gleichzeitig die Freiheit der Anderen, die frei von Ansteckungsrisiken leben wollen, einschränkt oder gar gefährdet.

Die KPL hätte im Parlament ihre Zustimmung zu den Maßnahmen der Regierung verweigert – nicht weil sie gegen Bemühungen zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung der Pandemie ist, sondern weil die Kommunisten grundsätzlich andere Prioritäten setzen. So fordert die KPL seit Beginn der Krise, daß alle Hebel in Bewegung gesetzt werden müssen, um zu verhindern, daß die negativen Folgen der Wirtschafts- und Gesundheitskrise auf die Lohnabhängigen abgewälzt werden. Dazu gehört, daß sämtlichen Kurzarbeitern 100 statt 80 Prozent des Lohnes ausbezahlt werden sollen, und daß Betriebe, die Beschäftigte entlassen, von öffentlichen Geldern ausgeschlossen werden, beziehungsweise bereits erhaltene öffentliche Gelder zurückzahlen müssen.

Die KPL tritt dafür ein, daß die Helden aus dem Gesundheitswesen, dem Reinigungssektor, dem Handel, dem Sicherheitsbereich u.a. nicht nur Applaus, sondern sofort bessere Arbeitsbedingungen bekommen. Vor allem müssen im Kampf gegen Armut, Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot dringend Maßnahmen ergriffen werden.

Die Kommunisten wissen, daß für die Umsetzung ihrer Forderungen viel Geld nötig ist. Darum muß kurzfristig eine Umverteilung von oben nach unten erfolgen, über eine Vermögens- und Erbschaftssteuer für die Super-Reichen und eine Corona-Steuer für die Konzerne und die Finanzgesellschaften, um negative Folgen der Krise zu bekämpfen. Eine Corona-Steuer von 5 Prozent auf Einlagen der »Fonds d’invertissement spécialisés« würde allein 30 Milliarden Euro Mehreinnahmen für den Staat bedeuten.

Ein großer Teil die notwendigen Maßnahmen kann zudem dadurch finanziert werden, daß alle Rüstungsvorhaben eingestellt und diese Gelder für soziale Aufgaben im Rahmen der Bewältigung der Gesundheitskrise verwendet werden. Das wäre lebenswichtig und gesund für uns alle.

Uli Brockmeyer

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek – Unser Leitartikel: <br/>Prioritäten in der Krise