Hannes Meist, Spitzenkandidat der DKP Bayern, zum Wahlausschluss

Der Wahlausschuß des deutschen Bundestages unter der Leitung des Bundeswahlleiters hat die Deutsche Kommunistische Partei am Donnerstag, den 8.7.2021 von der Teilnahme an der Bundestagswahl ausgeschlossen. Begründet wurde der Schritt mit nicht fristgerecht eingereichten Rechenschaftsberichten wie sie das Parteiengesetz nach einer Änderung im Jahr 2016 in Bezug auf die Parteienfinanzierung vorschreiben. Damit habe die DKP ihren Rechtsstatus als Partei verloren.

Die Berechtigung des Ausschlusses der DKP ist juristisch umstritten. Die Partei hat daher Widerspruch beim Bundesverfassungsgericht gegen die Entscheidung eingelegt. Das Bundesverfassungsgericht wird bis zum 29.7. entscheiden, ob der Beschluss des Wahlausschusses des deutschen Bundestages rechtlich Bestand hat.
Unabhängig von den rechtlichen und den formaljuristischen Gesichtspunkten hat die Entscheidung aber vor allem eine politische Dimension und das auf mehreren Ebenen.

Zum einen muß man die Frage stellen, was der im Grundgesetz und im Parteiengesetz verankerte besondere Schutz politischer Parteien Wert ist, wenn ein Organ der Exekutive aufgrund eines möglichen Verstoßes gegen eine Formalität, die bestenfalls den Charakter einer Ordnungswidrigkeit haben kann, das Recht bestreitet, eine politische Partei zu sein. Degradiert man eine Partei auf diesem Weg zu einem beliebigen Organisationszusammenhang greift man nicht nur ihre finanzielle Basis an, es reicht auch eine bloße Verfügung des Innenministers, sie generell zu verbieten. Das hieße, das Grundgesetz ein weiteres Mal mit Füßen zu treten.

Zum anderen zeigt sich an diesem Beispiel exemplarisch die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit der bürgerlichen Demokratie.
Die Änderung des Parteiengesetzes wurde u.a. vor dem Hintergrund dubioser Finanzpraktiken und unsauberer Spendenpraktiken der AfD von der Großen Koalition, mit heißer Nadel gestrickt, beschlossen. Ziel war, von den Parteien, die von der staatlichen Parteienfinanzierung profitieren, mehr Transparenz bezüglich ihrer finanziellen Praktiken zu erzwingen. Es scheint ein Treppenwitz daß sich das Gesetz jetzt ausgerechnet gegen eine Partei wendet, die keinerlei staatliche Mittel erhält.

Eine weitere politische Dimension der Entscheidung wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, daß sich der Ausschluß der DKP nahtlos einreiht in eine Vielzahl von Angriffen auf fortschrittliche Organisationen und Medien.
Die Aberkennung der Gemeinnützungkeit von Attac oder campact waren der Auftakt für eine Praxis, zivilgesellschaftlichen Organisationen durch das Schleifen ihrer finanziellen Basis politisch das Wasser abzugraben. Ein gleichgearteter Versuch, nach diesem Muster gegen die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN-BdA vorzugehen, scheiterte letztlich nur an anhaltendem Protest und Widerstand. Die Erwähnung der Tageszeitung „junge welt“ im Verfassungsschutzbericht richtet sich gleichermaßen gegen die Pressefreiheit wie gegen die wirtschaftliche Situation der „jungen welt“, der auf diese Art und Weise Werbemöglichkeiten und Anzeigenakquise versperrt werden.

Mit dem Angriff auf die DKP als einer über fünfzig Jahre in der Bundesrepublik wirkenden Partei bekommt die Praxis, gegen linke und fortschrittliche Kräfte in diesem Land mit vordergründig formaljuristischen Begründungen vorzugehen eine neue, brisante Dimension. Dazu gehört auch, daß bereits jetzt schon in vielen Städten und Kreisen rechtswidriger Weise versucht wird, die DKP an ihren Vorbereitungen des Wahlkampfes zu behindern, indem man gesammelte Unterstützungsunterschriften oder Direktkandidaturen für angeblich ungültig erklärt oder Plakatierungsgenehmigungen zurückzieht unter Verweis auf die Entscheidung des Bundeswahlleiters. Dabei wird entweder aus vorauseilendem Gehorsam oder schlichter Unkenntnis ignoriert, daß die DKP selbstverständlich bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes alle Rechte als Partei behält. Die Partei wird sich diese Rechte nicht nehmen lassen.

Insofern erweist sich die Richtigkeit der Vorhersage Max Reimanns, des ersten Vorsitzenden der KPD nach dem Krieg, als er 1949 im deutschen Bundestag erklärte, daß der Tag kommen wird, an dem die Kommunisten in diesem Land das Grundgesetz gegen diejenigen verteidigen werden müssen, die es beschlossen haben.

Hannes Meist
Spitzenkandidat der Deutschen Kommunistischen Partei auf der Landesliste Bayern

Quelle: DKP Bayern