Sowjetische Flagge – ein Symbol der Befreiung

Offener Brief der VVN-BdA Bremen an
Herrn Ulrich Mäurer, Senator für Inneres, Bremen
Herrn Boris Pistorius, Innenminister, Niedersachsen

Sehr geehrte Herren,
laut Ihrer Pressemitteilung vom 8. April 2022, Herr Innenminister Pistorius, haben Sie einen Erlass an die Polizei verfügt, in dem unter anderem „das Zeigen von Flaggen der UdSSR“ verboten wird.

Das Ihnen unterstellte Bremer Ordnungsamt, Herr Innensenator Mäurer, hat nun im Auflagenbescheid für den diesjährigen Ostermarsch nachgezogen und droht mit strafrechtlicher Überprüfung durch Polizei und Staatsanwaltschaft jedem, der dort Symbole wie „die Flagge der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und die Siegesfahne der Roten Armee“ zeigen sollte.

Mit Befremden reagiert der Landesvorstand der VVN-BdA Bremen auf diese Verbote. Wir sehen die Verbote nicht im gelegentlichen Zeigen der Fahne durch Truppen und Unterstützer des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine begründet, sondern im tiefverwurzelten Antikommunismus der politischen Entscheider in der Bundesrepublik.

Die Bevölkerung der UdSSR, die Rote Armee und die Partisanenverbände haben die Hauptlast des 2. Weltkrieges getragen. Von den ca. 55 Millionen Toten des 2. Weltkriegs waren 27 Millionen Bürgerinnen und Bürger der Sowjetunion. Unter der roten Fahne mit Hammer und Sichel haben sie nicht nur ihr eigenes Land – von denen die Gebiete der heutigen Russischen Föderation und der Ukraine Teile waren – vom deutschen Faschismus und seinen Verbündeten befreit, sondern auch die heutigen NATO-Staaten Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Tschechien und die Slowakei, weite Teile des Balkans sowie große Gebiete des damaligen Deutschen Reiches. Dabei befreiten sie ebenfalls – soweit nicht vorher aufgelöst – die deutschen Vernichtungslager in Polen und eine nicht bezifferbare Anzahl von Konzentrationslagern, Kriegsgefangenenlagern, Zwangsarbeitslagern etc.

In diesem Zusammenhang ist die sowjetische Flagge für Opfer und Gegner des deutschen und internationalen Faschismus ein Symbol der Befreiung. Diese haben sich in Deutschland vor 75 Jahren in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) organisiert. Diese Organisation war in der Bundesrepublik massiven Verfolgungen durch Altnazis und andere Antikommunisten ausgesetzt, die in Folge des Kalten Krieges ihre Tätigkeiten in Staatsapparat und Wirtschaft des NS-Staates in der BRD fortsetzen konnten. Dass Kommunistinnen und Kommunisten als entschiedene Träger des antifaschistischen Widerstands in der VVN verantwortliche Positionen einnahmen, wurde und wird der Organisation bis heute zum Vorwurf gemacht.

In drei Wochen jährt sich das Ende des 2. Weltkriegs und der Befreiung Deutschlands von Faschismus und Krieg, des Kriegs, der vom Deutschen Reich begonnen wurde und in dem die Sowjetunion die Hauptlast trug. Gerade in dieser Zeit ihre Symbole zu verbieten, die in der Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung die Symbole für eine Gesellschaft ohne Krieg und Ausbeutung waren und sind, zeugt auch von Geschichtsvergessenheit. Den Organisatoren und Teilnehmenden des Ostermarsches mit dem Verbot Unterstützung des russischen Angriffskrieges unterstellen zu wollen, ist abenteuerlich.

Für den Landesvorstand
Ulrich Stuwe
Regine Albrecht

Quelle: Unsere Zeit