Pharmaprofite vor Menschenleben

ZLV Zeitung vum Letzeburger Vollek
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Außer Drohungen gegen Moskau und die Ankündigung weiterer Waffenlieferungen an Kiew haben die in der G7 zusammengeschlossenen imperialistischen Hauptmächte auf ihrem Gipfel in den bayrischen Alpen nichts zustande gebracht. Die in diesen Tagen nicht nur in Italien und Frankreich überdeutlich zu spürende Klimakrise wird in der gemeinsamen Abschlußerklärung zwar für wichtig befunden, konkrete Maßnahmen zur Erreichung des vor mittlerweile sieben Jahren (!) in Paris ausgegebenen 1,5-Grad-Ziels sucht man aber vergeblich.

Auch die 4,5 Milliarden US-Dollar, die von der G7 zur »Stützung der weltweiten Ernährungssicherheit« bereitgestellt wurden, sind angesichts der dringend von der UNO zusätzlich erbetenen 28 Milliarden US-Dollar zur Hungerbekämpfung nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Laut Welternährungsprogramm WFP leiden derzeit 345 Millionen Menschen in 82 Ländern an Hunger. Die Zahl hat sich in zwei Jahren mehr als verdoppelt.

Darüber hinaus betätigen sich die G7 als Treiber der Coronapandemie, indem sie in Unterentwicklung gehaltenen Ländern versprochene Impfstoffspenden vorenthalten und den Patentschutz im Interesse der Pharmakonzerne über Menschenleben stellen.

Dazu hieß es kürzlich von der globalen »Impfallianz der Völker« (People’s Vaccine Alliance, PVA): »Die wohlhabenden Länder haben den Globalen Süden in Sachen Covid-19-Impfstoffe vollständig hintergangen. Zuerst haben sie den kompletten Bestand aufgekauft, dann haben sie versprochen zu spenden, was sie nicht mehr brauchen, und schließlich haben sie nicht einmal diese Zusagen eingehalten.« Jetzt sei man in Nordamerika und Europa schon wieder dabei, auch die Omikron-spezifischen Impfstoffe zu horten, während die Menschen in den in Unterentwicklung gehaltenen Ländern gezwungen seien, neuen Varianten mit den alten, weniger effektiven Impfstoffen zu behandeln.

Es gebe nur einen einzigen Weg, das zu ändern, betont die PVA. Er bestehe darin, es dem »Globalen Süden« zu erlauben, seine eigene Impfstoffproduktion aufzubauen und die dafür nötigen Technologien und wissenschaftlichen Erkenntnisse bereitzustellen. Diesem menschenfreundlichen Ansinnen diametral entgegen steht jedoch das kapitalistische Profitsystem, dem sich insbesondere die G7-Staaten verschrieben haben – unabhängig davon, welche Fraktion der bürgerlichen Einheitspartei gerade regiert, also den ideellen Gesamtkapitalisten gibt.

Seit mittlerweile 20 Monaten fordern insbesondere die G7-Gäste Indien und Südafrika eine Freigabe der Patente auf Coronaimpfstoffe über den sogenannten TRIPS Waiver. Doch das wußten die EU und ihr ehemaliges Mitglied Britannien auch auf der zwölften Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation am WTO-Sitz in Genf zu verhindern.

Stattdessen wurde in Genf ein Alternativtext durchgebracht, durch den es erleichtert werden soll, Zwangslizenzen für die Coronaimpfstoffproduktion zu verhängen. Experten halten die Kompromißlösung jedoch für weitgehend wirkungslos, weil die Eigentumsrechte der Konzerne an den Patenten weiterhin geschützt werden. »Die Maßnahmen werden weder gegen Pharmamonopole vorgehen noch einen erschwinglichen Zugang zu lebensrettenden medizinischen Hilfsmitteln gewährleisten«, urteilte beispielsweise die medizinische Nothilfeorganisation Médecins Sans Frontières.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek