»Der Kapitalismus ist nicht das Ende der Geschichte«

Aus Anlass des 100. Jahrestages der Gründung der Kommunistischen Partei Luxemburgs am 2. Januar 1921 legte das Zentralkomitee der KPL am 2. Januar 2021 Blumen am neuen Denkmal in Niederkorn nieder. Das Denkmal wurde während der vergangenen Wochen auf einer kommunalen Grünfläche in der Rue de Longwy errichtet, gleich gegenüber dem Haus, in welchem die KPL gegründet wurde.

Wegen der Gesundheitskrise und den damit einhergehenden Einschränkungen und erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen beließ die KPL es bei einer bescheidenen Veranstaltung. Die eigentliche Einweihung des Denkmals soll zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

In seiner kurzen Ansprache erinnerte KPL-Präsident Ali Ruckert an wichtige Momente in der 100-jährigen Geschichte der KPL und bekräftigte den Anspruch der KPL Bewußtsein unter den Lohnabhängigen für notwendige gesellschaftliche Veränderungen zu schaffen.

Kurs auf revolutionäre Veränderungen

Die KPL war gegründet worden, nachdem der Kongress der Sozialistischen Partei am gleichen Tag den Beitritt zur Kommunistischen Internationale mehrheitlich abgelehnt hatte und die kommunistische Minderheit, der sich aber sofort ganze Sektionen der Sozialistischen Partei anschlossen, nicht länger bereit war, die reformistische Praxis der Partei weiter hinzunehmen, sondern revolutionäre Veränderungen in der Gesellschaft durchsetzen wollte mit dem Ziel, den Kapitalismus zu stürzen.

Die Niederlage des Streiks in der Stahlindustrie vom März 1921, die dazu führte, dass Hunderte Arbeiter entlassen und ausländische Arbeiter, unter ihnen zahlreiche KPL-Mitglieder, ausgewiesen wurden, stürzte die KPL in eine schwere Krise, die erst 1928 überwunden werden konnte, als es der KPL gelang, Einfluss unter den Luxemburger Bergarbeitern zu gewinnen.

Repression und Maulkorb

Parallel zu ihrem Einfluss wuchs auch die Repression der Regierung und der Staatsorgane gegen die KPL. Ihre Demonstrationen wurden niedergeknüppelt, zwei Lehrer, Jean Kill und Dominique Urbany, die der Leitung der Partei angehörten, bekamen Berufsverbot, der 1934 gewählte erste kommunistische Abgeordnete, Zénon Bernard wurde aus der Abgeordnetenkammer ausgeschlossen, und mit dem sogenannten »Maulkorbgesetz« sollte die KPL verboten werden. Das scheiterte daran, dass die Luxemburger am 6. Juni 1937 mehrheitlich gegen das bereits von der Abgeordnetenkammer beschlossene Verbot stimmten.

Antifaschistischer Widerstand

Als das faschistische Deutschland 1940 Luxemburg besetzte, beschloss die KPL als einzige politische Partei, in die Illegalität zu gehen und Widerstand zu leisten. Zahlreiche Parteimitglieder wurden von den Nazis ermordet. Bei einer am 5. August auf besonderen Führerbefehl erfolgten Razzia gegen den kommunistischen Widerstand wurden 70 Kommunisten verhaftet, kamen ins Gefängnis oder in ein Konzentrationslager. Der Apparat, der zur Herstellung der illegalen Zeitung »Die Wahrheit« diente, wurde beschlagnahmt. Mehrere Monate später bauten die Kommunisten eine neue, breiter angelegte Resistenzorganisation auf.

Erst in der Regierung, dann Opfer des Kalten Kriegs

Nach der Befreiung war die KPL stark unter den Stahl- und Bergarbeitern verankert, hatte mehr als 4.000 Mitglieder und stellte mit Arthur Useldinger den Bürgermeister in Esch/Alzette und mit Charles Marx den Gesundheitsminister in einer Regierung der Nationalen Union, die mit dem Beginn des Kalten Krieges auseinanderbrach. Es folge mehr als ein Jahrzehnt heftiger antikommunistischer Kampagnen, die ihren Höhepunkt fanden, als nach der Niederschlagung der Konterrevolution 1956 in Ungarn das Büro der KPL in Esch/Alzette zertrümmert und die sowjetische Botschaft verwüstet wurde, die Zerstörung der kommunistischen Druckerei aber verhindert werden konnte.

Aufschwung: Sozialistischer Entwicklungsweg ohne Modell

In der Zeit der Politik der friedlichen Koexistenz hatte die KPL einen neuen Aufschwung zu verzeichnen, der bis Anfang der 1970er Jahre andauerte. Sie entwickelte Vorschläge für einen sozialistischen Entwicklungsweg in Luxemburg, ohne sich auf ein Modell zu berufen, bekräftigte aber gleichzeitig ihre Solidarität mit der Sowjetunion und den sozialistischen Ländern.

Die Folgen der Stahlkrise

Mit der Krise in der Stahlindustrie und dem Abbau von Zehntausenden von Arbeitsplätzen verlor die KPL innerhalb von zwei Jahrzehnten weitgehend ihre soziale Basis. Ihr Vorschlag, die Stahlindustrie zu vergesellschaften, wurde von Tausenden Stahlarbeitern unterstützt, wurde aber von der Führung des OGBL abgelehnt und in der Abgeordnetenkammer verworfen.

Während der 1980er Jahre bemühte sich die KPL mit Erfolg, die Friedensbewegung, die sie mitgegründet hatte, zu stärken und die Menschen für eine Welt frei von Atomwaffen und gegen die Errichtung von Militärlagern der NATO und der USA in Luxemburg zu mobilisieren.

Scheitern des sozialistischen Anlaufs

Mit dem Scheitern des ersten Anlaufs, eine sozialistische Gesellschaftsordnung aufzubauen, der Auflösung der Sowjetunion, der Annexion der DDR durch die Bundesrepublik, der Herstellung kapitalistischer Verhältnisse in allen osteuropäischen Ländern und dem Verzicht einer Reihe von kommunistischen Parteien auf ihre revolutionären Ansprüche, brachen schwere Zeiten für die KPL an. Sie hielt jedoch am Marxismus und ihren bisherigen gesellschaftlichen Zielen fest, musste aber eine Spaltung und den Verlust ihrer Abgeordnetenmandate und ihrer Druckerei verkraften.

Schwere Jahre, neue Hoffnungen

Bestrebungen, Anfang 2000 langfristig ein breiteres linkes Bündnis aufzubauen, scheiterten, weil damit Versuche einhergingen, die KPL politisch zu liquidieren.

Auch wenn die KPL viel von ihrer Stärke einbüßte, vermochte sie mit der »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek« ihre Tageszeitung zu erhalten und schaffte wieder den Einzug in die Gemeinderäte in Differdingen und Rümelingen.

Sie ist bis heute auf politischer und sozialer Ebene aktiv, auch wenn der Wiederaufbau der Partei kompliziert bleibt, und schickt sich mit großer Hoffnung an, neue Initiativen im Sinne politischer, wirtschaftlicher und sozialer Veränderungen im Interesse der Schaffenden zu ergreifen, für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Sozialismus. Denn der Kapitalismus, der nicht in der Lage ist die großen wirtschaftlichen, sozialen und klimatischen Probleme zu lösen, ist nicht das Ende der Geschichte.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek – »Der Kapitalismus ist nicht das Ende der Geschichte«