FIR: Wir erinnern an die Befreiung der Konzentrationslager

Im April finden traditionell in den verschiedenen Gedenkstätten in Deutschland die Feierlichkeiten zur Erinnerung an die Befreiung der Konzentrationslager im Jahre 1945 statt. Es ist gute Tradition, dass zu diesen Gedenkveranstaltungen nicht nur die Überlebenden und ihre Angehörigen, sondern auch Repräsentanten der Staaten eingeladen werden, deren Angehörige in diesen Lagern eingekerkert waren und deren Armeen im Rahmen der Anti-Hitler-Koalition die militärische Befreiung überhaupt erst ermöglicht haben. Das ist einerseits eine Würdigung der Opfer und gleichzeitig ein sichtbarer Dank an die Befreier.

In den vergangenen Tagen erreichten uns Informationen aus verschiedenen Gedenkorten, an denen auch der sowjetischen Opfer der faschistischen Barbarei – darunter Zwangsarbeiter*innen, KZ-Häftlinge oder Kriegsgefangene – gedacht wird, dass vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine bei den diesjährigen Gedenkveranstaltungen Vertreter aus Belarus und der Russischen Föderation ausgeladen wurden. Die FIR sieht in einem solchen Verhalten nicht nur ein falsches politisches Signal, sondern einen Affront gegenüber den sowjetischen Opfern und ihren Angehörigen. Wir fragen uns, wie man beispielsweise der Befreiung des KZ Sachsenhausen gedenken will, wenn Repräsentanten der Streitkräfte, die die militärische Befreiung ermöglicht haben, ausgeschlossen werden. Das erinnert uns fatal an die Haltung polnischen Regierung vor wenigen Jahren, als Vertreter Russlands von den Feierlichkeiten zur Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz ausgeschlossen wurden und ein polnischer Minister sich zu der absurden Behauptung verstieg, Auschwitz sei von der Ukraine befreit worden, weil bekanntlich die Soldaten der 2. Ukrainischen Front am 27. Januar 1945 das Vernichtungslager erreichten.

Die FIR unterstützt die Erklärung des deutschen Mitgliedsverbands VVN-BdA:

„Es ist uns wichtig, zwischen der notwendigen Verurteilung des Kriegs in der Ukraine und der Erinnerung an die Toten des deutschen Faschismus deutlich zu unterscheiden. Außerdem gilt es zu bedenken, dass an diesen Tagen und an diesen Orten aller sowjetischen Opfer der Faschismus gedacht werden soll, und diese kamen aus allen Teilen der damaligen UdSSR.

Zudem unterstreichen wir noch einmal, dass die Rote Armee – als Teil der Anti-Hitler-Koalition – den entscheidenden militärischen Beitrag zur Befreiung auch unseres Landes von der faschistischen Barbarei geleistet hat. In dieser Armee der Sowjetunion kämpften Seite an Seite Russ*innen, Ukrainer*innen, Vertreter*innen aller Völker der Sowjetunion.

Es ist daher vollkommen ausgeschlossen, dass aus diesem Anlass die staatlichen Vertreter von Nachfolgestaaten der UdSSR keine Gelegenheit bekommen sollen, sich in würdiger Weise an diesem Gedenken zu beteiligen. Denn bei diesem Gedenken stehen die Opfer im Zentrum. Und dabei sollte es sichtbar werden, dass dieses Gedenken auch eine Verpflichtung zum Frieden, zur Versöhnung und zur gemeinsamen Erinnerung ist.

Vergleichbares gilt aus unserer Sicht auch am 8./ 9. Mai – dem „Tag der Befreiung“ und dem „Tag des Sieges“. Auch bei dieser Gelegenheit sollten wir im Sinne einer Friedensbotschaft gemeinsam an die bedeutsame Leistung aller Veteranen der Roten Armee, aus welchem Nachfolgestaat der UdSSR auch immer sie kommen, erinnern. Wir sollten daran erinnern, wie sie gegen den Nazismus und für den Frieden gekämpft haben und welche Opfer sie für diese Befreiungsleistung gebracht haben.

Eine Ausgrenzung von Teilnehmenden steht dazu im diametralen Gegensatz. Dies gilt gleichermaßen auch für die Familienangehörigen und Nachkommen, die sich an einem würdigen Gedenken beteiligen wollen.“

Die FIR erwartet, dass die Verantwortlichen in allen Gedenkstätten sicherstellen, dass eine Erinnerung an die sowjetischen Opfer der Lager und Haftstätten gewährleistet wird und es Vertretern aller Nachfolgestaaten der UdSSR in würdiger Form ermöglicht wird, die Ehrung ihrer Opfer an diesen Orten vorzunehmen. Wir verurteilen jegliche Ausgrenzung und betrachten dies als Form staatlicher Geschichtsrevision auf Kosten der Befreier und der Opfer sowie ihrer Angehörigen. Welche skandalöse Konsequenz solche antirussische Ausgrenzungen haben kann, musste man mit tiefer Abscheu bei der Schändung der Gedenkstätte Treptower Park erleben.