Krasse Mängel als Folge der Sparpolitik im Gesundheitswesen

Dass die Maternité des Centre Hospitalier du Nord seit dem 4. April dieses Jahres geschlossen ist, hat bei vielen Menschen im Norden des Landes einen Schock ausgelöst. Die Maternité, in der im Jahr bis zu 800 Kinder zur Welt gebracht werden, habe schließen müssen, weil keine auf Neugeborene spezialisierten Kinderärzte rund um die Uhr zur Verfügung stehen, und die Gynäkologen, Anästhesisten und Kinderärzte nicht bereit seien, diese unzumutbaren Verhältnisse noch länger in Kauf zu nehmen, heißt es

Der Notstand in der kinderärztlichen Betreuung ist seit mindestens zehn Jahren bekannt, und Ettelbrück ist keine Ausnahme, denn auch in anderen Krankenhäusern, zum Beispiel im Escher CHEM, kann der Bereitschaftsdienst nur deshalb abgesichert werden, weil Kinderärzte – neben der Arbeit in ihrer Praxis – helfen, wo Not am Mann ist, wohlwissend, dass sie keine neonatologische Spezialisierung aufweisen und daher in dringenden Fällen auch keine Intensivbetreuung von Neugeborenen vornehmen können.

Das seien Probleme, die man nicht von heute auf morgen lösen könne, versucht die LSAP-Gesundheitsministerin zu beschwichtigen. Dabei weiß sie ganz genau, dass wir es hier mit einem Notstand zu tun haben, der seit vielen Jahren bekannt ist und mit dem wir uns heute herumschlagen müssen, weil ihre parteipolitischen Freunde und deren Koalitionspartner offenbar Wichtigeres zu tun hatten, als ihre Hausaufgaben zu machen und sich um lebenswichtige Fragen zu kümmern. Es sei denn, die Zuspitzung des Problems wurde billigend in Kauf genommen, um eine noch straffere Zentralisierung und die Schließung von regionalen Gesundheitseinrichtungen zu rechtfertigen und zu beschleunigen.

Tatsächlich ist es ein offenes Geheimnis, dass es in einem reichen Land wie Luxemburg alles andere als eine optimale Gesundheitsfürsorge gibt. Dafür haben wir es – bekanntlich auch nicht erst seit gestern – mit einem krassen Mangel an Personal in den Krankenhäusern zu tun. Auch da verspicht man inzwischen unter dem Druck der Verhältnisse Abhilfe, verweist aber erneut darauf, dass dieses Problem »nicht von heute auf morgen« zu lösen sei.

Weshalb das so ist, wird allerdings verschwiegen, weil die gleichen Parteien, die gegenwärtig an der Regierung sind, zuzüglich der CSV, die heute dicke Backen macht, für die Sparpolitik im Gesundheitswesen während der vergangenen 20 Jahre verantwortlich sind. Im Krankenhausbereich setzten sie zum Beispiel, zusammen mit den dortigen Führungskräften, mit dem Brecheisen ein Berechnungssystem durch, das für ein Arbeitsvolumen von 100 Prozent den Personalbedarf auf 82 Prozent beschränkte.

Krass ist die Lage auch bei den Allgemeinmedizinern. Deren Zahl droht mittelfristig nicht mehr auszureichen, um die medizinische Betreuung der Bevölkerung flächendeckend abzusichern. Auch dieses Problem war mindestens vor einem Jahrzehnt deutlich zu erkennen, aber die LSAP-Vorgängerin der derzeitigen Gesundheitsministerin behauptete noch 2018 – obwohl kompetente Mitarbeiter ihr das Gegenteil vorrechneten – steif und fest, es gebe gar keinen Mangel an Allgemeinmedizinern.

Die Corona-Pandemie machte viele Probleme, die es seit langem im Gesundheitswesen gibt und auf welche die Kommunistische Partei bereits vor mehr als einem Jahrzehnt aufmerksam machte, noch einmal wie in einem Brennglas deutlich.

Ob sie gelöst werden, steht allerdings auf einem anderen Blatt und hängt davon ab, wie energisch die Schaffenden und ihre Organisationen eingreifen werden, denn bisher gelang es starken neoliberalen, profitorientierten Kräften immer wieder – immer öfter mit der Unterstützung der Regierung – fortschrittliche Konzepte hinauszuzögern, beziehungsweise zu verhindern. Die Folgen davon müssen die Bürger und die Schaffenden aus dem Gesundheitswesen ausbaden.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek