9. Juli 2025

9. Juli 2025
LuxemburgZLV

Der 28. Juni muß unbedingt ein Signal der Stärke werden

Übernommen von Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:

Am Samstag in einer Woche steigt eine der größten Demonstrationen der vergangenen Jahre, wenn im Kampf gegen eine erneute Beschneidung der Renten und andere Sozialabbaupläne der konservativ-liberalen Regierung nicht nur die beiden größten Gewerkschaften ihren Zwist beigelegt haben, sondern auch viele andere Akteure der progressiven Zivilgesellschaft zusammen mit ihnen auf die Straße gehen. In Luxemburg ein noch immer seltenes Bild. Bald vielleicht ein Bild mit Seltenheitswert?

Wenn wir uns die Entwicklungen in anderen EU-Ländern und weltweit anschauen, stehen Gewerkschaften mittlerweile arg unter Druck gegenüber sozialen Rollbacks und politischen Angriffen. Der Globale Rechtsindex (»Global Rights Index«) des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) sieht in seinem aktuellen Bericht eine Verschlechterung der Bedingungen weltweit: Die Arbeitnehmerrechte verschlechtern sich rapide auf allen Kontinenten, wobei Europa und Amerika am schlechtesten abschneiden. Diese beiden Regionen verzeichnen laut Bericht die schlechtesten Ergebnisse seit Einführung des Index im Jahr 2014. Europa setzte seinen rasanten Abwärtstrend fort und fiel von einem Rating von 1,84 im Jahr 2014 auf 2,78 im Jahr 2025 ab – der deutlichste Rückgang, der in den letzten zehn Jahren weltweit in einer Region zu verzeichnen war. Die 5 steht für jegliches Fehlen von Rechtsgarantien.

In Europa fällt unter den Ländern des Westens insbesondere Italien auf, welches im Ranking deutlich abgerutscht ist aufgrund wiederholter Rechtsverletzungen. Dies durch Eingriffe der Meloni-Regierung ins nationale Streikrecht, Senkung von Abfindungen sowie Lockerung des Kündigungsschutzes. Das ist zwar noch nichts im Vergleich zu etwa Argentinien, jedoch ist die Route klar: Wer sich für die Interessen der Lohnabhängigen und die Entwicklung unserer Gesellschaft stark macht, muß mit deutlich mehr Gegenwind rechnen, als ohnehin schon, gegen immer mehr konservative und rechte Regierungen und erstarkende Populisten in den EU-Parlamenten bei gleichzeitig immer weniger gewerkschaftlich organisierten Menschen.

In Deutschland steht unter der konservativ-sozialdemokratischen Regierung wie auch in Luxemburg ein Angriff auf den Sozialstaat an. Nicht nur fordert die OECD auch hier eine massive Rentenkürzung, darüber hinaus hatten Kanzler Merz und andere Regierungspolitiker mehrfach betont, es müsse »wieder mehr gearbeitet« werden um »den Wohlstand dieses Landes zu erhalten«. Dazu gehörten auch das ins Lächerliche ziehen von work-life-Balance oder Forderungen nach Arbeitszeitverkürzungen. Premier Luc Frieden, erklärter OECD-»Fan«, drückt sich wohlfeiler aus, seine Regierung meint jedoch dasselbe.

Dabei zeigen Wissenschaftler und Experimente aus immer mehr Ländern auf, daß mehr Arbeiten nicht mehr Produktivität bedeutet, sondern das Gegenteil. Ohnehin liefert ein Achtstunden-Arbeitstag nicht acht Stunden deckungsgleiche Produktivität. Und doch hat der Kampf des Patronats um ein Abschaffen auch noch des Achtstundentages längst begonnen.

Wir alle sollten hoffen und möglichst aktiv dazu beitragen, daß die Demonstration am kommenden 28. Juni ein Erfolg wird. Jenen, die nicht nur den Fortschritt der Gesellschaft für ihre kurzfristigen Profite blockieren, sondern auch noch bestehende Rechte zurückdrehen wollen, muß aufgezeigt werden, daß die Gewerkschaften eine große Rückendeckung in der Bevölkerung haben und kampfbereit sind. Andernfalls sehen wir auch hierzulande harten Zeiten entgegen.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek