Türkei bereitet Angriff auf kurdische Gebiete in Syrien vor

Erklärung der Bundesgeschäftsführung und der AG Internationalismus beim Bundesvorstand der SDAJ, 30.12.2018

Mit dem drohenden militärischen Angriff der türkischen Armee auf die syrisch-kurdische Region um Manbij zeigt das türkische Regime, dass es keinen Frieden in Syrien will. Die von Präsident Erdogan angeordnete Vorbereitung des Angriffs versucht die Erfolge im Kampf gegen die islamistischen Terrorbanden des IS zurückzudrehen und langfristig das Gebiet der Türkei zu vergrößern, indem Syrien geteilt werden soll. Seit sieben Jahren ist Syrien ist ein Schlachtfeld auf globaler Ebene, auf dem imperialistische Mächte und regionale Akteure um ihren Einfluss in der Region kämpfen.

Der jetzige Angriff ist nicht der erste von Seiten der türkischen Armee. Bereits seit knapp zwei Monaten greift sie wieder die nordsyrische Region Kobane an und schwächt damit die letzten Befreiungskämpfe um Gebiete, die noch in der Hand der IS-Milizen sind. Vor nicht einmal einem Jahr griff die Türkei bereits die syrisch-kurdische Region Afrin an.

Sowohl die kurdische Autonomieverwaltung als auch die Zentralregierung in Damaskus haben erklärt, dass sich die jetzigen türkischen Angriffe gegen die territoriale Unversehrtheit Syriens richten. Deswegen hat die syrisch-arabische Armee auf die Bitte der YPG und in Absprache mit dem lokalen Militärrat unter anderem Elitetruppen in die Region um Manbij verlegt, um dort nun zusammen mit den syrisch-kurdischen Kräften gegen den NATO-Angriff zu stehen.

NATO WILL ZERSCHLAGUNG SYRIENS

Die Türkei ist anerkanntes Mitglied des westlichen Kriegsbündnisses NATO. Die USA stellt innerhalb der NATO die größte Armee und gibt in den zentralen Fragen auch den Ton an. Dagegen steht im Krieg um Syrien die russische Armee mit einem völkerrechtlichen Mandat an der Seite der syrischen Regierung im Kampf gegen die Aufteilung des Landes. Man muss kein Freund dieser beiden Regierungen sein, um anzuerkennen, dass beide in diesem Konflikt vor allem darum bemüht sind, den Krieg zu beenden und die Zerschlagung Syriens zu verhindern. Damit handeln sie im Interesse der in Syrien lebenden Menschen, die noch immer Angst haben müssen in ihrem Krieg das eigene Leben oder ihre Familie zu verlieren, die deshalb fliehen müssen oder weil ihnen der Krieg ihre ökonomische Lebensgrundlage raubt. Deshalb ist der Einsatz der russischen und der syrisch-arabischen Armee prinzipiell anders zu bewerten als der der NATO-Truppen und ihrer islamistischen Söldner.

Nachdem der russische Präsident Putin am 11.12. zusammen mit dem syrischen Präsidenten den geordneten Abzug der mit Syrien verbündeten Truppen angeordnet hatte, hat US-Präsident Trump vor kurzem in einem Telefonat mit seinem türkischen Kollegen Erdogan den Abzug der US-Truppen in Aussicht gestellt. Dabei einigten sich die beiden NATO-Partner zum Weihnachtsabend darauf, dass die weiteren militärischen Operationen gegen den IS nun der Türkei überlassen werden sollen. Das ist eine Lüge, in Wahrheit geht es den NATO-Partnern um den Kampf gegen Syrien.

Dabei wird die türkische Regierung, die seit Jahren einen blutigen Kampf gegen die kurdische Bevölkerungsgruppe und gegen die politische Opposition im eigenen Land führt, von ihren westlichen Partnern unterstützt. So hat die USA z.B. mittlerweile ein Millionen-Kopfgeld auf führende Personen der kurdischen Arbeiterpartei PKK ausgesetzt, die enge Verbindungen zur kurdischen Befreiungsbewegung YPG hat. Auch in Deutschland wird die Repression des türkischen Präsidenten unterstützt. So sitzen in München seit über dreieinhalb Jahren mehrere Aktivisten im Knast, da ihnen vorgeworfen wird in einer oppositionellen türkischen Partei aktiv gewesen zu sein. Zig deutsche Aktivisten werden außerdem vor Bayerische Gerichte gezerrt, da sie auf Demos oder in sozialen Netzwerken die Fahne der kurdischen YPG gezeigt hätten.

DEUTSCHE BUNDESREGIERUNG MISCHT MIT

Deutsche Luftabwehrwaffen wurden unter dem Vorwand der Bekämpfung des IS in der Nähe von Syrien stationiert, obwohl dieser niemals eine Luftwaffe besaß. Das deutsche Militär lieferte durch Aufklärungsflüge Daten, aufgrund derer die syrische Armee und ihre Verbündeten angegriffen wurden. Und schließlich werden deutsche Panzer und Geschütze von türkischen Besatzungstruppen im Norden und von Saudi-Arabien und Katar unterstützten islamistischen Banden eingesetzt. Die Bundesregierung hat außerdem bisherige Anstrengungen zur politischen Lösung des militärischen Konflikts ausgeschlagen. Anstatt sich an den Friedensbemühungen im Rahmen des Astana-Formats unter Beteiligung der Vereinten Nationen zu beteiligen unterstützte sie kürzlich einen Plausch über die Zukunft Syriens beim türkischen Diktator Erdogan. Im Vorfeld der Verhandlungen kam es erneut zu islamistischen Angriffen auf syrische Zivilisten. Die Bodenangriffe durch die türkische Armee sind durch die im Einsatz befindlichen deutschen Leopard-2-Panzern möglich gemacht worden.

Die NATO-Mitgliedsstaaten zeigen, dass sie kein ehrliches Interesse am Kampf gegen die islamistischen IS-Schlächter haben. Die Politik der NATO ist dagegen die komplette Destabilisierung Syriens. Dazu wurden die Islamisten genutzt, denn die USA und ihre Verbündeten arbeiten weiterhin an einem Regime-Wechsel, indem sie versuchen die syrische Regierung international zu isolieren oder das syrische Territorium militärisch angreifen. Mit Sanktionen gegen Syrien und Aufrüstung gegen Russland steht die EU und die Bundesregierung fest an der Seite von NATO und USA.

SCHLUSS MIT DEM IMPERIALISTISCHEN KRIEG

Diese Politik wird sich auch mit Merkels potentieller Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer nicht ändern. Diese sagte erst kürzlich, dass „russischer Einfluss in Kriegsgebieten wie in Syrien unseren Sicherheitsinteressen zuwiderläuft“. Dabei sind es doch die NATO-Staaten Türkei und USA, die Militärbasen in Nordsyrien errichtet haben, und somit dort das Land zu ihren neuen Gebieten ausbauen. Dazu kommen die von der westlichen Kriegsallianz geduldeten israelische Luftanschläge auf Damaskus.

Die Politik der Bundesregierung ist auf Krieg getrimmt. Obwohl Außenminister Maaß aktuell behauptet, dass seine Regierung sich gegen ein weiteres atomares Wettrüsten aussprechen würde, handelt die Bundesregierung gegenteilig. Letzte Woche zum Beispiel stimmte sie in der Vollversammlung der Vereinten Nationen zusammen mit den anderen NATO- und EU-Staaten gegen den Erhalt des INF-Vertrages. Dieser Vertrag über die Vernichtung aller landgestützten Flugkörper mit mittlerer und kürzerer Reichweite soll aufgekündigt werden, wenn es nach US-Präsident Trump geht. Ebenso unterstützt die Bundesregierung die militärische Einkreisungspolitik gegenüber Russland und China und das Aufrüstungsziel der NATO auf 2% des Bruttoinlandsprodukts, was einer Verdopplung des deutschen Kriegsetats gleichkommt.

Einhundert Jahre nach dem Ende des ersten Weltkriegs spielen die Regierungen der imperialistischen Staaten wieder im Sinne der dort herrschenden Klassen. Sie verdienen sich an Rüstungsproduktion und Wiederaufbaumaßnahmen dumm und dämlich, sie gehen für geopolitische Einflussgebiete über Leichen und zerstören ganze Regionen.

SOLIDARITÄT MIT DER VERTEIDIGUNG SYRIENS

Wir bekräftigen deswegen, was die internationale Solidaritätsmission des Weltfriedensrates und des Weltbundes der demokratischen Jugend Ende Oktober auf einer Konferenz im Damaskus feststellte, an welcher wir uns als SDAJ auch beteiligten: „Wir drücken dem syrischen Volk, seiner Führung und Armee unsere Unterstützung aus, und wir stellen mit Wut fest, dass trotz der wichtigen Siege noch immer Tausende bewaffneter fundamentalistischer Terroristen auf syrischem Boden sind, wie z.B. in der syrischen Provinz Idlib. Wir verurteilen die Invasion und die Besetzung des Nordens Syriens durch türkische Truppen sowie die Präsenz von US- und NATO-Truppen in der Region östlich des Euphrat und ihrer Militärbasis in Al Tanaaf an der Grenze zwischen Syrien, Jordanien und dem Irak. Wir verurteilen die Pläne und Aktionen der Imperialisten zur Destabilisierung und Spaltung des Landes, die zudem das Völkerrecht verletzen.“

Der Kampf um die Verteidigung Syriens verdient unsere Solidarität. Wir fordern deswegen:
+ Sofortiger Stopp aller deutscher Waffenexporte!
+ Abrüsten statt Aufrüsten, in Deutschland und weltweit!
+ Schluss mit der Verfolgung von politischen Gegnern des Erdogan-Regimes!
+ Sofortiger Stopp des NATO-Angriffs auf Syrien!

Quelle:

SDAJ – Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend