Ist das Klima noch zu retten?

Wenn sich die Vertreter großer Industriestaaten über das Ergebnis der Klimakonferenz der UNO im polnischen Katowice freuen, dann ist Nachdenken gefordert. Denn nicht nur »militante Grüne« und »hartgesottene« Umweltschützer haben unverzüglich eine Menge Kritikpunkte aufgezählt, die den »Kompromiß« von Katowice in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.

Die Staatenvertreter können vor allem deshalb zufrieden sein, weil es ihnen gelungen ist, bei den Debatten auf der Klimakonferenz genau die Themen in den Mittelpunkt zu rücken, die nur scheinbar etwas an den Erscheinungen ändern könnten, die auf lange Sicht einige Änderungen am Klima deutlich machen und die für die Zukunft der Menschheit auf diesem Planeten von Bedeutung sind. Wenn es schon als »Erfolg« gefeiert wird, daß von heute an in fünf Jahren alle Staaten berichten sollen, wie viel Treibhausgase sie ausstoßen und was sie dagegen zu tun gedenken, dann sollte man sich nicht allzu viel Hoffnungen machen.

»Das gut 130 Seiten starke Regelbuch setzt das Pariser Klimaabkommen von 2015 praktisch um«, schreibt die Agentur dpa. Doch genau das ist nicht der Fall, denn das »Regelbuch« setzt überhaupt nichts um. Es enthält lediglich einige Verhaltensregeln, nach denen sich die Staaten richten sollen. Es ist nicht viel mehr als der bekannte Knigge, das Buch über die Regeln für den Umgang mit Menschen – man sollte sich daran halten, und wenn man es nicht tut, dann weiß man zumindest, welche Regeln man verletzt hat. Niemand muß deshalb mit Strafen rechnen.

Zwar werden immer wieder »Klimakiller« aufgezählt, bis hin zu Kreuzfahrtschiffen und Kühen. Nicht erwähnt werden jedoch zum Beispiel die Umwelt- und Klimaschäden durch Kriege und militärische Großmanöver.

Der deutsche Wirtschaftsminister hat in der ARD-Tagesschau das eigentliche Problem in wunderbarer Offenheit auf den Punkt gebracht. Die deutsche Delegation in Katowice hat verhindert, daß »die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft« Schaden nimmt. Genau darum ging es fast allen Staatenvertretern – die zahlreich zur Konferenz angereisten Kämpfer von Umweltschutzorganisationen aus aller Welt waren ohnehin dazu verurteilt, lediglich als Staffage zu dienen.

Denn die Verteidigung der Interessen »der Wirtschaf«t, also vor allem des Industrie- und Finanzkapitals, steht unverrückbar auf Platz eins der Aufgabenliste jedes Repräsentanten eines kapitalistischen Staates, und das gilt auch beim Klimaschutz. In Katowice haben die Delegationen aus den USA, Rußland, Saudi-Arabien und Kuwait in einer ungewöhnlich erscheinenden Allianz die Rolle eines kollektiven Bremsers übernommen, so daß der erzielte »Kompromiß« letztlich als Erfolg dargestellt werden konnte. Ein Glücksfall für die Delegationen aus den EU-Staaten, könnte man meinen. Denn die Interessen des US-amerikanischen, russischen, saudischen oder kuwaitischen Großkapitals unterscheiden sich nur in Details von denen der anderen kapitalistischen Staaten. Diese Profitinteressen lassen sich mit den Interessen des Klimaschutzes absolut nicht vereinbaren. Maßnahmen werden nur ergriffen, wenn dadurch der unvermeidliche eigene Untergang so lange wie möglich hinausgezögert wird.

Ja, das Klima ist zu retten. Doch diese Rettung ist auf Dauer unvereinbar unter den Bedingungen der kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Solange der Profit wichtiger ist als der Mensch, ist alles eine Ware, auch das Klima.

Uli Brockmeyer

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek