Von Steuerdumping, niedrigen Energiepreisen und Profitmaximierung

Am 20. Juni gab der Rat der Gemeinde Bissen mit vier gegen zwei Stimmen bei fünf Enthaltungen grünes Licht für die Umklassierung einer 33,7 Hektar großen Fläche in eine »Spezialzone Datacenter«, die für den Bau eines Rechenzentrums des USA-Internetkonzerns Google genutzt werden soll.

Abgesehen davon, dass fast die Hälfte der Ratsmitglieder sich bei der Abstimmung enthielten und sich damit quasi überflüssig machten, fiel auf, dass der Gemeinderat erneut eine wichtige Entscheidung fällte, ohne über die notwendigen Fakten zu verfügen und ohne über die möglichen Auswirkungen des geplanten Datenzentrums ausreichend informiert zu sein.

Gewußt ist zwar, dass für das Rechenzentrum von Google 30 Hektar bester Ackerboden geopfert werden, weil nur auf einer statt auf mehreren Stockwerken gebaut werden soll, aber nicht bekannt ist, wie hoch der Wasser- und der Stromverbrauch tatsächlich sein werden, wie viele, beziehungsweise welche Arbeitsplätze geschaffen werden oder wie hoch die Investitionen sein werden und für wen sie, mit Ausnahme der Google-Aktionäre, von Nutzen sein werden. Das ist die Art »Transparenz«, wie sie in diesem Land seit langem üblich ist.

Selbst die Regierung konnte oder wollte bis dato keine Antwort auf die vielen offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Datenzentrum geben, was sie aber nicht davon abhält, so zu tun, als würde Luxemburg den Anschluß an den wissenschaftlich-technischen Fortschritt im Bereich der elektronischen Informations- und Datenverarbeitung verpassen, sollte das Datenzentrum nicht gebaut werden. Das ist zwar völliger Mumpitz, soll allerdings vertuschen, dass die Regierenden hierzulande seit jeher internationalen Konzernen wie Google aus der Hand fressen.

Der Vorwurf, dass es bei der Ansiedlung des Datenzentrums von Google im Wesentlichen um Steuerdumping und niedrige Energiepreise im Interesse der Profitmaximierung für die Aktionäre des USA-Konzerns geht, konnte bisher nicht aus der Welt geschafft werden. Das kann er wohl auch nicht, weil es der Wahrheit entspricht, die sich hinter einer Propaganda-Nebelwand verbirgt, welche immer dann aufgebaut wird, wenn die Bevölkerung für dumm verkauft werden soll.

Das Datenzentrum von Google und die Umstände, unter denen es gebaut werden soll, sind allerdings ein Paradebeispiel für eine Wirtschaftspolitik, welche sich weitgehend darauf beschränkt, Niederlassungen von Konzernen aus den USA und anderswo und Finanzunternehmen über Subventionen, Investitionsbeihilfen, Niedrigststeuern und sonstige Vergünstigungen nach Luxemburg zu holen.

Auf der Strecke bleibt hingegen die Ansiedlung von kleinen und mittleren Industrie- und Handwerksbetrieben, auf der Strecke bleibt eine eigenständige Strategie, welche es ermöglichen würde, die Wirtschaft zu steuern.

Eine Alternative, die nicht nur von kommunistischer Seite angeregt wurde, wäre die Schaffung eines staatlichen Beteiligungsfonds, in welchen sämtliche Staatsunternehmen und staatliche Beteiligungen an Betrieben eingebracht werden könnten, so dass bedeutsame Investitionen möglich würden.

Damit könnten die Bedürfnisse der hiesigen Schaffenden statt der Profite der Konzerne bedient werden umso mehr, wenn das unter direkter Beteiligung der Lohnabhängigen geschehen würde.

Doch unter den gegebenen politischen Verhältnissen ist das Zukunftsmusik…

Ali Ruckert

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek