Berliner Polizei verfolgt Gedenken an Opfer des Faschismus als »Coronaparty«

antifa logoWie erst jetzt bekannt wurde, sehen sich Berliner GewerkschafterInnen Strafanzeigen der Polizei gegenüber, weil sie zum 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus am 9. Mai eine stille Gedenkaktion durchführten. Wie das Lokalblatt »Berliner Woche« berichtet, standen die TeilnehmerInnen mit Mundschutz und Sicherheitsabstand auf dem Rathausvorplatz an der Müllerstraße im Stadtteil Wedding.

Insgesamt 15 Minuten lang zeigten 16 Gewerkschafter, Anwohner und Mitglieder der Stadtteilinitiative »mensch.müller« Zitate von Elise und Otto Hampel und legten Blumen an ihrem ehemaligen Wohnhaus nieder. »Die Polizei fand das so gut, dass sie sich gleich dazugesellte und unsere auf Abstand und Mundschutz bedachte Gedenkaktion wegen aktueller Coronamaßnahmen ohne Abstand und Mundschutz zur Coronaparty verwandelte«, heißt es in einer Stellungnahme der Organisatoren. »Auch waren sie so interessiert an uns, dass sie unsere Personalien aufnahmen.« Das habe länger gedauert als die Aktion selbst.

»Absurd und völlig maßlos« nennt Fabian Schmidt vom DGB-Bezirk Berlin-Brandenburg das Vorgehen der Polizei. Er hatte das stille Gedenken organisiert und sich den Beamten auch als Verantwortlicher zu erkennen gegeben. Er hatte drei Tage zuvor versucht, die Gedenkaktion bei der Versammlungsbehörde anzumelden und online alle Daten angegeben. Am nächsten Tag sei er von einem Beamten angerufen und informiert worden, dass die kleine Aktion keine Demonstration sei und deshalb nicht angemeldet werden müsse. Trotzdem wird gegen ihn nun wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und Hausfriedensbruch ermittelt, wie die »Berliner Woche« von der Pressestelle der Polizei erfuhr. Für ein paar Minuten Gedenken an die Nazipofer würden Antifaschisten behandelt wie Teilnehmer obskurer »Hygienedemos«, bei denen Parolen gegrölt werden und gepöbelt werde, so Schmidt.

Erst in der Nacht zum 29. April war die zum Gedenken an das Ehepaar Hampel errichtete Stele durch einen Anschlag beschädigt worden. Die über zwei Meter hohe Stele aus Glas, auf der die Künstlerin Ingeborg Lockemann den Original-Schriftzug einer Hampel-Postkarte gedruckt hatte, lag bis zum 13. Mai zerstört auf dem Rathausvorplatz. Anschließend wurde es abtransportiert, nach offiziellen Angaben, um repariert zu werden.

Quellen: Berliner Woche, mensch.müller via Facebook / RedGlobe