Hauptakteure der österreichischen Politik praktizieren Hundeliebe statt Menschenliebe

Übernommen von Zeitung der Arbeit:

Gastbeitrag von Gerhard Oberkofler, geb. 1941, Dr. phil., Universitätsprofessor i. R. für Geschichte an der Universität Innsbruck.

Politische Führer aus Österreich geben ihren Hunden zärtliche Namen, wollen damit dem Volk gefallen und von den Opfern ihres Handelns ablenken. Am bekanntesten unter diesen „Führerhunden“ ist „Blondi“, dem Wikipedia sogar einen eigenen Artikel widmet.[1] „Juli“, die Nachfolgerin von „Kita“, wird vom derzeitigen Präsidenten der Republik Österreich Alexander Van der Bellen vorgeführt,[2] Bundeskanzler Karl Nehammer zeigt sich öffentlich gerne mit „Fanny“.[3] Das auf dem Hund gekommene Narrativ dieser österreichischen politischen Akteure wird durch das gelegentliche Tragen eines Trachtenjankers verstärkt und signalisiert wie schon in dunkler Vergangenheit eine zu Ausgrenzung und zum Krieg hintreibende Gesinnung.[4]

Kanzler Nehammer, der für den vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag auf Hals völkermörderischen Kriegsverbrecher angeklagten und analog Adolf Hitler „demokratisch“ an die Macht gekommenen israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu Partei ergreift, hat sich am 21. Mai d. J. im Beisein von „Fanny“ auf den Empfang des britischen Premierministers Rishi Sunak vorbereitet, um sich mit diesem über die menschenverachtende Abschiebung von Flüchtlingen nach Ruanda auszutauschen,[5] in ein Land, in dem die 1994 verübten Massaker von den europäischen Ländern als regionales afrikanisches Ereignis rassistisch interpretiert wurden. Der Weltkirchenrat hat im Juni 2022 die Abmachung Großbritanniens mit Ruanda kritisiert, „illegal“ nach Großbritannien gelangte flüchtende Menschen in Lagern unterzubringen. Diese Abmachung widerspreche den Prinzipien des christlichen Glaubens und unterhöhle die Grundmauern des internationalen Systems zum Flüchtlingsschutz.[6] Kanzler Nehammer kann sich auf das „Heute“-Schweigen des in einen erbärmlichen Klerikalismus abgesunkenen Wiener Kardinals Christoph Schönborn („qui tacet, consentire videtur“) verlassen.

Am 1. Februar 1987 ist der langjährige österreichische Justizminister (1960 bis 1966 und 1970 bis 1983) Christian Broda verstorben. Am 30. / 31. März 1987 wurde in Wien in memoriam Christian Broda ein internationales Symposium „Asylrecht ist Menschenrecht“ veranstaltet.[7] Bei dieser Gelegenheit und als Dank an Christian Broda zitierte der Präsident der Föderation der Emigranten in Europa (FEE) Sidi Tidiane Gueye die Sicht betroffener Flüchtlinge:

„Wer von seinem Land verjagt, seiner Existenzgrundlage beraubt wurde, ist vor eine aussichtslose Wahl gestellt: dort im Kugelhagel oder an Hunger zu sterben, wo er gerade ist, oder die Flucht anzutreten, um eines jener Lager zu erreichen, wo er zur ewigen Abhängigkeit von internationalen Almosen verurteilt ist. Viele fliehen in ein Nachbarland, wo ähnliche prekäre Verhältnisse sie erwarten und wo sie meistens willkürlich zusammengewürfelt wieder in einem Lager landen. Abgesehen davon, dass sie gewöhnlich auch hier keineswegs vor Übergriffen sicher sind, lastet ihre Anwesenheit schwer auf der ohnehin angespannten Wirtschaftslage des Aufnahmelandes.

So sind es die ärmsten Völker der Erde, die 95 % es weltweiten Flüchtlingsstromes zu tragen haben. In die reichen Länder gelangen nur die wenigen, die es schaffen, diesen ganzen Hürdenlauf hinter sich zu bringen.

Sie empfangen uns schlecht. Immer schlechter. Wir, das sind die Emigranten, die hier in Europa gestrandet sind. Während Jahren ließen uns die westlichen Demokratien bereitwillig herein, solange es ihnen eben gelegen kam, weil sie in Zeiten wirtschaftlicher Expansion billige Arbeitskräfte benötigten. Aber sobald sie von der Krise berührt werden, sperren sie ihre Grenzen zu. Ja, in der durchschaubaren Absicht, die Öffentlichkeit über die wahren Ursachen des Durcheinanders zu täuschen, gehen sie so weit, uns als Sündenböcke und Urheber all ihrer Leiden hinzustellen.

Jetzt schrecken sie nicht mehr davor zurück, ihre eigenen Prinzipien über Bord zu werfen, indem sie Gesetze machen, die den internationalen Konventionen widersprechen, und hemmungslos zu Razzien und kollektiven Ausweisungen greifen.

Allzu oft wurden wir ohne unser Zutun und gegen unseren Willen zum Wahlkampfargument, dessen sich eine von krankhaften Krämpfen geschüttelte Gesellschaft leichtfertig bedient. Aber wir glauben, dass wir den Völkern Europas besser als sonst jemand erklären können, wer wir sind.

Mit der moralischen und politischen Schützenhilfe unserer demokratischen Freunde in Europa wollen wir unsere Stimme vernehmen lassen. Zusammen wollen wir die Grundlage einer praktischen, aktiven Solidarität schaffen“.

Die führenden Politiker Österreichs haben sich entschieden, als Beitragstäter und Nutznießer der Ausplünderung von Ländern der Dritten Welt und der Kriege in der Gegenwart zu handeln. Österreich steht mit vielen europäischen Ländern nicht erst am Beginn seines Weges in die faschistische Entwicklung. Der Ruanda-Deal ist nur eine Facette dieser um sich greifenden „Brutalisierung und moralischen Degradation“ (Karl Marx). Kennzeichnend mag sein, dass am 23. Mai d. J. die Vertretung des Staates Palästina in Österreich, Slowenien und Kroatien und ständige Beobachtermission des Staates Palästina bei der UN und den internationalen Organisationen in Wien mit Botschafter Salah Abdel Shafi zur Gedenkfeier anlässlich des 76. Jahrestages der Nakba in das Vienna International Center eingeladen hat. Im Gegensatz zu vielen in Wien residierenden diplomatischen Vertretungen von Staaten, die, wie zuletzt Spanien, Irland und Norwegen, Palästina als Staat anerkannt haben, hat die Republik Österreich diese Einladung ignoriert. Der Schreiber dieses Artikels musste das mit Bedauern selbst feststellen. Der von der Gratiszeitung „Heute“ aus Anlass von deren 20-jährigen Herausgabe veranstaltete Galaempfang im Belvedere waren der korrumpierten österreichischen Politik und regionalen Repräsentanten des Reichtums zur Verschleierung ihrer abscheulichen Parteilichkeit wichtiger als das Gedenken an die Massaker in Palästina in der Vergangenheit und in der Gegenwart.[8]


[1] Blondi – Wikipedia

[2] Van der Bellen packt über seinen Hund Juli aus – Politik-Live (oe24.at)

[3] „Herrli“ Nehammer postet Hunde-Video – Politik-Live (oe24.at)

[4] Vgl. Elsbeth Wallnöfer: Tracht. Macht. Politik. Mit Illustrationen von Marie Vermont. Haymon Verlag 2020.u

[5] Pressestatements von Bundeskanzler Nehammer und Sunak, Premierminister des Vereinigten Königreichs (youtube.com)

[6] Weltkirchenrat kritisiert Londons Deal mit Ruanda – Vatican News

[7] Asylrecht ist Menschenrecht. Internationales Symposium in memoriam Christan Broda. C. E. D. R. I. Wien / Basel 1987; vgl. Gerhard Oberkofler: Asylrecht ist Menschenrecht. Eine Forderung des sozialistischen Juristen Christian Brodas: AKG 2_10.qxd (klahrgesellschaft.at)

[8] https://www.heute.at/s/spitzen-der-republik-feierten-mit-heute-den-20er-120038337

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Quelle: Zeitung der Arbeit