Gewalt in Venezuela: 60 Tote in sechs Wochen

Die Tageszeitung Ciudad CCS veröffentlichte eine genaue Aufstellung aller Todesfälle mit Informationen zu den Hintergründen. Grafik: Ciudad CCS

Die gewaltsamen Proteste in Venezuela haben innerhalb von anderthalb Monaten 60 Menschenleben gefordert. Diese Zahl nannte Informationsminister Ernesto Villegas am Montag (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz im Außenministerium. Begleitet wurde er von dessen Ressortchefin Delcy Rodríguez.

Wie der Minister unter Berufung auf Angaben der Nationalgarde informierte, fanden in dem Zeitraum seit Ende März landesweit 1.600 Demonstrationen statt. Bei 600 von diesen wurden demnach gewaltsame Ausschreitungen registriert. Er machte für die traurige Bilanz Kräfte verantwortlich, die die Politik verlassen hätten, um dem Land ihren Willen mittels Gewalt aufzuzwingen. Zugleich wies er Vorwürfe der Opposition zurück, die die Regierung für die Todesfälle verantwortlich macht.

Villegas erinnerte daran, dass es den Beamten der Sicherheitskräfte gesetzlich verboten ist, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit Feuerwaffen einzusetzen. Zudem habe Präsident Nicolás Maduro den Sicherheitskräften auch den Einsatz von Gummigeschossen untersagt.

Interesse an den Todesfällen hätten nur die Kräfte, die analog zum April 2002 einen Staatsstreich inszenieren wollten und dafür Menschenleben opferten. Bei dem damaligen Putschversuch gegen Hugo Chávez hatten Heckenschützen das Feuer auf oppositionelle wie auf regierungstreue Demonstranten eröffnet. Die Toten dienten dem Oberkommando des Militärs als Vorwand für einen Staatsstreich. Der Putsch konnte jedoch innerhalb von 48 Stunden besiegt werden.

Villegas erklärte, dass die Opposition versuche, jeden einzelnen der Todesfälle in ihrem Sinne zu manipulieren und die Regierung vor der nationalen wie internationalen Öffentlichkeit für diese verantwortlich zu machen.

Als Beispiel dafür nannte der Minister den Fall von Jairo Ortiz, der am 6. April im Bezirk Carrizal im Bundesstaat Miranda ermordet wurde, obwohl er nach Aussagen seines Vaters nicht an den Protesten beteiligt war. Die Sprecher der Opposition behaupteten dagegen, er habe sich an der Demonstration beteiligt und missbrauchten das Verbrechen als Banner, um ihre Welle von Kundgebungen zu initiieren.

Im Falle der 87-jährigen Ricarda González, die am 10. April starb, hatten Medien und Oppositionsvertreter behauptet, sie habe das von der Nationalgarde gegen militante Regierungsgegner verschossene Tränengas eingeatmet und sei an den Folgen verstorben. Dagegen erklärte ihre eigene Tochter, dass González einen Unfall erlitten hatte und starb, weil wegen der von den Oppositionellen errichteten Barrikaden nicht schnell genug Hilfe geholt werden konnte.

»Alle Leben zählen exakt gleich viel, unabhängig vom Alter, Geschlecht, gesellschaftlicher Stellung, dem Ort ihres Todes, ihres politischen Banners. Alle Todesfälle schmerzen uns ganz genauso viel, und wir wollen verhindern, dass diese Liste weiter anwächst«, betonte Villegas.

Außenministerin Delcy Rodríguez kritisierte die Sprache der Oppositionsführung, die sie als »Hassverbrechen« verurteilte. »Venezuela erlebt heute neue Gewaltausbrüche, die im Land und in der internationalen Gemeinschaft für Unruhe sorgen, denn sie sind ein Ausdruck von Faschismus, voller Hass und irrationalen Ansichten darüber, wie Differenzen ausgetragen werden sollten«, erklärte sie. Die Chefdiplomatin zeigte Videoaufnahmen, die die gewaltsamen und hetzerische Sprache führender Oppositioneller belegen sollten.

Ebenfalls gezeigt wurden bei der Pressekonferenz Bilder eines jungen Mannes, der am vergangenen Freitag bei einer Demonstration von Regierungsgegnern zusammengeschlagen und lebendig in Brand gesteckt wurde, offenbar weil er »wie ein Chavista ausgesehen« habe. Der Mann überlebte den Angriff und wurde mit schweren Verbrennungen in ein Krankenhaus eingeliefert.

Delcy Rodríguez kritisierte zudem das Verhalten Kolumbiens. Dessen Regierung hatte zuletzt Kampfpanzer an der gemeinsamen Grenze auffahren lassen. »Wir sind mit der Antwort der kolumbianischen Regierung nicht einverstanden, denn wir wissen, dass die militärischen Aktivitäten und die Militärausrüstung an der Grenze zu Venezuela nichts mit Aktivitäten zum Kampf gegen die transnationale Kriminalität oder andere Formen von Verbrechen zu tun haben«, erklärte sie. Vielmehr sei die Mobilmachung an der Grenze »eine vom Pentagon entworfene Provokation«.

Am Sonntag hatte die venezolanische Regierung durch ein Kommuniqué des Außenministeriums auf den Aufmarsch des kolumbianischen Militärs an der gemeinsamen Grenze aufmerksam gemacht.

Quelle: Ciudad CCS / RedGlobe