Waterboarding 2.0

Nach dem Sieg über den Faschismus wurde eine ganze Reihe völkerrechtlicher Abkommen zur Ächtung der Folter geschaffen, die ihren Höhepunkt in der Antifolterkonvention der UNO vom 10. Dezember 1984 haben. Doch obwohl die Ablehnung bzw. das Verbot der Folter mittlerweile fast weltweit anerkannt wird, tat sich schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg eine wachsende Diskrepanz zwischen ihrer weltweiten Ächtung und ihrer Anwendung oder stillschweigenden Duldung auf. Laut dem Jahresbericht 2015 von Amnesty International zur Menschenrechtslage in 160 Ländern gab es in 131 Fälle von Folter und anderen Mißhandlungen.Im Zuge des »globalen Krieges gegen den Terror« wurden nach 9/11 Bürger- und Menschenrechte in beispielloser Weise preisgegeben – sowohl in den USA unter Präsident George W. Bush als auch bei ihren Bündnispartnern in aller Welt.

Stellvertretend hierfür stehen die US-amerikanischen Folterstätten wie die im vom USA-Militär besetzten Gebiet am Eingang zur Bucht von Guantánamo auf Kuba, Abu Ghraib im Irak und Bagram in Afghanistan sowie die berüchtigte Praxis des »Waterboarding«.

Der von Bush junior begonnene – und bis heute nicht beendete – Krieg gegen den Irak bezeichnete Amnesty International denn auch als »den schlimmsten Angriff auf Menschenrechte und internationale Vereinbarungen seit einem halben Jahrhundert«. Barack Obama hat die Waterboarding genannte Foltermethode für Verhöre zwar kurz nach seiner Amtsübernahme im Jahr 2009 verboten, doch auch unter ihm warf die Menschenrechtsorganisation den USA immer wieder Folter und Rechtsbrüche in ihrem »Krieg gegen den Terror« vor.

Mit Donald Trump steht erneut ein Mann an der Spitze der imperialistischen Hauptmacht, der schon im Präsidentschaftswahlkampf in Richtung des »IS« und aller Muslime gedroht hatte: »Ob ich für Waterboarding bin, das simulierte Ertrinken? Da könnt ihr euren Arsch drauf wetten. Glaubt mir, es wirkt! Selbst wenn es nicht wirkt: Sie verdienen es.«

Die »New York Times« hatte kurz nach Trumps Amtseinführung über einen dreiseitigen Entwurf für eine Anordnung zur Wiedereinführung sogenannter Black Sites, geheimer CIA-Gefängnisse im Ausland, berichtet. Zwar dementierte Trumps Sprecher, daß es sich dabei um ein Papier aus dem Weißen Haus handle, doch spätestens seit der USA-Präsident die Folterspezialistin Gina Haspel erst zur stellvertretenden CIA-Direktorin und dann zur ersten Frau an der Spitze des Auslandsgeheimdienstes machte, ist klar, wo die Reise hingehen soll: zurück zur »hochnotpeinlichen Befragung« des europäischen Mittelalters.

Die CIA-Beamtin Haspel hatte ab Herbst 2002 selbst eine »Black Site« in Thailand geleitet. Dort wurden sogenannte Terrorverdächtige gefoltert – mit Waterboarding, mit systematischem Schlafentzug oder indem sie mit dem Kopf an Wände geschleudert wurden. Zumindest teilweise wurden die Folterverhöre aufgezeichnet, weshalb die CIA-Zentrale im Jahr 2005, als die Stimmung gegen die Folterer im Staatsauftrag zu kippen begann, anordnete, Videoaufnahmen von den Verhören sowie etwaige weitere Beweise zu vernichten. Die Unterschrift unter der entsprechenden Anweisung kam von der neuen CIA-Chefin.

Doch so wie die Inquisition es nicht schaffte, den Feudalismus vor dem aufkommenden Kapitalismus zu retten, so ist auch der Kapitalismus als nächste Stufe menschlicher Entwicklung mit Waterboarding 2.0 nicht vor dem Untergang zu retten.

Oliver Wagner

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek