KCK: Keine der Konfliktparteien verteidigt die Demokratie

Koma Civakên KurdistanMit einer Erklärung hat die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) – eine Allianz der sich auf den inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan beziehenden Organisationen – die Ereignisse in der Türkei rund um den Putschversuch in der vergangenen Nacht bewertet. Die KCK macht in ihrer Erklärung deutlich, dass es sich bei den Ereignissen nicht um einen Machtkampf zwischen Demokraten und Putschisten handelt. Vielmehr habe eine Militärclique den Putsch gegen eine andere Militärclique geprobt. Die AKP werde nun im Nachgang zu den Ereignissen versuchen, politischen Profit aus dem Putschversuch zu erzielen und sich zur Hüterin der Demokratie stilisieren. Dabei habe Erdoğan und seine AKP selbst nach den Wahlen vom 7. Juni 2015 gemeinsam mit der faschistischen MHP und dem Militär gegen den Willen der Bevölkerung geputscht. Wir dokumentieren nachstehend den Wortlaut der KCK-Erklärung.

Keine der Parteien verteidigt die Demokratie

Egal welche inländischen oder ausländischen Mächte in diesen Vorfall verwickelt sein mögen, und egal aus welchen Gründen dieser Machtkampf geführt wird, es geht bei den Ereignissen von gestern nicht darum, dass eine der beiden Seiten die Demokratie gegen die andere Seite zu verteidigen versucht. Im Gegenteil, die Ereignisse stellen unter Beweis, dass in der Türkei keine Demokratie herrscht. In Ländern, in denen Machtkämpfe dieser Art geführt werden und eine der Parteien versucht, auf diese Weise die Macht an sich bringen, sind keine Demokratien. In Ländern wie diesen wird eine autoritäre Macht eine andere autoritäre Macht versuchen, mit einem Putsch vom Thron zu stoßen, sobald sie die Bedingungen hierfür als geeignet betrachtet. Was in der Türkei gestern passiert ist, ist genau dies.

Der Putsch Erdoğans gegen den Willen der Bevölkerung

Vor genau einem Jahr hatte Tayyip Erdoğan und seine Palast-Gladio die MHP, alle faschistischen Kräfte und die Ergenekon-Bande des Militärs an seiner Seite versammelt, um gegen die Wahlergebnisse des 7. Junis [2015] zu putschen. Es fand ein Putsch des Präsidentenpalasts gegen den Willen des Volkes statt. Bereits in der Vergangenheit wurde in der Türkei geputscht, wenn die Demokratiekräfte ein wenig an Kraft gewannen und die KurdInnen begannen, sich selbst zu organisieren. Aus denselben Gründen putsche der Präsidentenpalast auch infolge der Wahlen vom 7. Juni. Der AKP-Faschismus hat Bündnisse mit allen faschistischen Kräften im Land und dem Generalstab geschmiedet, um die Kurdische Freiheitsbewegung und die Demokratiekräfte im Land zu ersticken. Das Militär wurde in die kurdischen Städten und Bezirke entsandt, um diese niederzubrennen und hunderte Zivilisten zu ermorden. Um die Verbrechen des Militärs zu decken, wurden neue Gesetze erlassen. Aufgrund dieser Situation werteten Intellektuelle und die Demokratiekräften im Land die AKP als eine Regierung, welche die Vormundschaft des Militärs im Staat legalisiert und legitimiert.

So hatte das Militär auch vor dem gestrigen Putschversuch ihre Machtposition im Staate gefestigt. Die Vorfälle des gestrigen Abends sind von daher als ein Putschversuche einer militärischen Clique im Staat gegen eine andere militärische Clique zu werten. Das ist letztlich auch der Grund dafür, dass Kräfte im Staat, die zuvor einen Putsch des Militärs gegen die AKP sich gewünscht hatten, die neuerliche Vormundschaft des Militärs durch die Regierungspartei akzeptiert und sich an die Seite der AKP stellten. Der beste Beweis dafür, dass es sich um keinen Machtkampf zwischen Demokraten und Putschisten handelt, ist die Tatsache, dass die MHP und ihnen angebundene chauvinistisch-nationalistische Kreise sich an die Seite der Palast-Gladio gestellt haben.

Erdoğan wird versuchen sich als Hüter der Demokratie zu präsentieren

Nach dem gestrigen Putschversuch nun Tayyip Erdoğan, die Palast-Gladio und die faschistische AKP-Regierung als eine demokratisch legitimierte Regierung darzustellen, wäre deshalb nicht nur falsch, sondern auch äußerst gefährlich. Einen Machtkampf zwischen autoritären, despotischen und demokratiefeindlichen Kräften so zu bewerten, als handele es hierbei um den Kampf einer anti-demokratischen und einer demokratischen Konfliktpartei, käme der Legitimierung der vorherrschenden faschistischen und despotischen Regierung gleich.

In der Türkei gibt es weder eine zivile Regierung, noch herrscht ein Machtkampf zwischen “Demokraten” und Putschisten. Es wird lediglich ein Kampf darum geführt, wer dem herrschenden demokratie- und kurdenfeindlichen System vorstehen soll. Aus diesem Grund kann nicht die Rede davon sein, dass die Demokratiekräfte sich an die Seite einer dieser beiden Konfliktparteien stellt.

Der eigentliche Putsch gegen die Demokratie

Wenn die Rede von einem Putsch gegen die Demokratie ist, dann ist es zu allererst die faschistische AKP-Regierung, die diesen Putsch vollzogen hat. Den größten Putsch gegen die Demokratie stellen die Kontrollübernahme der Regierung über die Justiz, die Durchsetzung faschistischer Gesetze auf Grundlage der Mehrheit im Parlament, die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten, die Festnahmen und Absetzungen von demokratisch gewählten BürgermeisterInnen, sowie die Inhaftierungen tausender PolitikerInnen der HDP und DBP dar. Hinzu kommt, dass in Kurdistan gegen die Bevölkerung derzeit eine Vernichtungskampagne geführt wird, wie sie bei keinem der Militärputsche in der Türkei stattgefunden hat.

Es ist die Kriegsregierung der AKP, welche die Türkei in dieses Chaos der Auseinandersetzungen geführt hat. Mit seinem monistischen, hegemonialen und anti-demokratischen Charakter sorgt die Regierung dafür, dass das Chaos im Land fortbesteht. Mit seinem ständigen Kampf gegen alle, die nicht dem eigenen Kurs folgen, und das sind zuallererst die KurdInnen und die DemokratInnen, hat die AKP dafür gesorgt, dass der Krieg zu einem Dauerzustand im Land geworden ist.

Der jüngste Putschversuch hat unter Beweis gestellt, dass die Türkei von der faschistischen AKP-Regierung befreit und zu einer demokratischen Regierung geführt werden muss. Die Befreiung der Türkei von einer monistischen, hegemonialen und faschistischen Regierung und die Demokratisierung des Landes drängt mehr denn je.

Das Gesicht der AKP enttarnen

Die wichtigste Aufgabe der Demokratiekräfte nach den gestrigen Ereignissen ist es, die Versuche der faschistischen AKP-Regierung ihr Gesicht unter dem Deckmantel der Demokratie zu verschleiern und sich so Legitimität zu verschaffen, zu enttarnen und auf diesem Wege ein wirkliches Demokratiebündnis auf die Beine zu stellen. Infolge dieses Putschversuches darf es nicht dazu kommen, dass der Kampf gegen den AKP-Faschismus vernachlässigt wird. Im Gegenteil, dieser Kampf muss gestärkt werden, um die Türkei aus diesem Chaos herauszuführen und eine demokratische Türkei zu erschaffen.

Quelle: YXK / RedGlobe