Asselborn sieht durch

By Ministerie van Buitenlandse Zaken [CC BY-SA 2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia CommonsDer Mann weiß, wie man sich blamiert, ohne es selbst zu merken. Jean Asselborn, »sozialistischer« Karrierepolitiker, einst Verwaltungschef eines mittleren Krankenhauses und dann Bürgermeister einer weniger als mittleren Gemeinde, ist fest davon überzeugt, heute eine Rolle am Tisch der Großen und Mächtigen zu spielen. Er lässt keine Kamera aus und quasselbornt in jedes Mikrofon, sobald es auf ihn gerichtet ist. Er gefällt sich an der Seite von tatsächlichen und vermeintlichen Staatenlenkern, und er platzte vor Stolz, als er einmal eine Sitzung des Sicherheitsrates der UNO leiten durfte – die allerdings keinerlei Beschlüsse fasste, die irgendwie von Relevanz gewesen wären.

Besonders gern lässt er sich von der »Welt«-Presse als »dienstältester Außenminister Europas« bezeichnen, der Herr Minister, dem bis heute nicht einmal annähernd klar geworden ist, dass die Europäische Union eben nicht EUROPA ist, und schon gar nicht die Welt. Aber er fühlt sich unverzichtbar in seinem »Europa« und er schickt sich immer wieder an, dieses Staatengebilde nach seinen kruden Vorstellungen gestalten oder gar »reformieren« zu wollen. Meist agiert er allerdings als Handpuppe seines angeblich engen Freundes aus Berlin, des deutschen Außenministers Steinmeier von Merkels Gnaden. Der lässt Asselborn zuweilen etwas verkünden, was ihm selbst unangenehm erscheint.

Diesmal aber ist Herr Asselborn mehr als deutlich über das Ziel hinausgeschossen. Ohne auch nur im Geringsten begriffen zu haben, wie und warum diese Europäische Union eigentlich funktioniert, forderte der Ex-Bürgermeister von Steinfort den Ausschluss Ungarns aus der EU. Hätte er wenigstens einen Abteilungsleiter seines Ministeriums gefragt, wüsste er, dass das in der Praxis gar nicht möglich ist… Aber darum geht es weniger.

Geradezu abenteuerlich ist die Begründung, die Herr Quasselborn einem Journalisten der Springer-Zeitung »Die Welt« in den Block diktierte. Ungarn verletze die Werte der EU, meinte er völlig ernsthaft, und das allein sei ausreichend Grund, die ungeliebten Magyaren mit dem noch ungeliebteren Premier Orbán aus dem Club der Verteidiger von Demokratie und Menschenrechten, der Friedensnobelpreisträgerin Europäische Union hinauszukomplimentieren.

Ungarn baue Zäune, und das gehe nun gar nicht, meint der wackere Herr Minister, während sein Chef, der luxemburgische Premier Xavier Bettel, zeitgleich dem Staat Israel einen freundschaftlich gemeinten Besuch abstattet und Herrn Netanjahu die Hand schüttelte, der bekanntlich mit Zäunen nichts am Hut hat, sondern sechs Meter hohe Mauern bevorzugt. Auch die Zäune, die andere EU-Länder gebaut haben stören Herrn Asselborn nicht sonderlich. Viktor Orbán hat es ihm angetan, weil der sich offen gegen die sogenannte Flüchtlingspolitik der EU aufgelehnt hatte und die famose Umverteilung von 160.000 Migranten, die unter der luxemburgischen EU-Ratspräsidentschaft erfunden wurde, nicht gut findet. Dass davon bisher, also nach einem ganzen Jahr, lediglich ein Anteil von etwa drei Prozent umverteilt wurden, ficht einen Asselborn nicht an.

Andererseits wäre ein Rauswurf Ungarns aus der EU mit der Begründung »Verletzung der Werte« vielleicht gar keine üble Idee. Das ließe sich weiterentwickeln, denn die »Werte«, die von der EU gepredigt werden, werden heute in ausnahmslos allen EU-Ländern verletzt. In der Konsequenz müsste man sie also alle rauswerfen, womit zumindest eines der Probleme der heutigen Welt gelöst würde. Weiter so, Herr Asselborn!

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek / RedGlobe