25 Jahre nach dem Pogrom in Hoyerswerda: Flüchtlinge weiter schutzlos

Amnesty InternationalVor 25 Jahren, zwischen dem 17. und dem 23. September 1991, kam es im sächsischen Hoyerswerda zu einer Serie rassistisch motivierter Übergriffe. Ein Wohnheim für Vertragsarbeiter sowie eine Flüchtlingsunterkunft wurden mit Molotow-Cocktails und Steinen angegriffen. Das Entsetzen und die Empörung über das Randalieren des neofaschistischen Mobs war damals groß – doch Konsequenzen zum Schutz der Opfer blieben bis heute aus. »Auch zweieinhalb Jahrzehnte nach den Ausschreitungen in Hoyerswerda gibt es keine umfassenden Pläne für den systematischen Schutz von Unterkünften und vor rassistischer Gewalt«, kritisiert Alexander Bosch, Experte für Rassismus bei Amnesty International in Deutschland. »Aus dem damaligen gesellschaftlichen Klima ist die ›Generation Hoyerswerda‹ hervorgegangen, bei denen es sich um eben jene Rechtsextreme handelt, die heute die Proteste gegen Flüchtlingsheime anfachen und organisieren.«

Im Juni veröffentlichte Amnesty International einen Bericht »Leben in Unsicherheit – Wie Deutschland die Opfer rassistischer Gewalt im Stich lässt«. Er steht hier zum Download bereit.

Bosch weiter: »Die dramatisch steigende Zahl rassistisch motivierter Straftaten in Deutschland resultiert auch aus den Versäumnissen dieser Zeit. Hätte man damals die richtigen Konsequenzen gezogen, wären Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland heute besser geschützt und rassistische Straftaten würden besser erkannt und konsequenter verfolgt.« Rassismus sei damals wie heute ein tiefgehendes gesellschaftliches Problem, das nicht auf Rechtsextremismus – und damit auf ein Phänomen einiger weniger Rechtsextremer – verengt werden könne, betont der Menschenrechtsaktivist. Und er ergänzt: »Die Annahme, dass Rassismus ein ostdeutsches Problem ist, ist vor diesem Hintergrund und angesichts der vielen Übergriffe in anderen Regionen Deutschlands schlicht falsch.«

»Zwar ist bei den Sicherheitsbehörden eine größere Sensibilität für das Thema rassistische Gewalt festzustellen als noch Anfang der 90er Jahre. Doch viele Politiker und Parteien grenzen sich nicht konsequent von rassistischen Ressentiments, Stereotypen und Vorurteilen ab. Teilweise äußern sich politische Vertreter bewusst oder unbewusst rassistisch und schaffen so ein Klima, dass diese Angriffe erst möglich macht«, so Bosch. »Amnesty International fordert die Innenministerkonferenz dazu auf, sich über ein deutschlandweites Konzept zum Schutz von Unterkünften zu verständigen. Außerdem fordert Amnesty Politiker dazu auf, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden und nicht mit populistischen Aussagen die in Teilen der Gesellschaft vorhandene Stimmung gegen Flüchtlinge zusätzlich anzuheizen.«