G20-Gipfel: Hamburg war nicht mehr unsere Stadt

Die Initiative »Hamburg ist unsere Stadt« hat mit über 75 unterstützenden Organisationen und einer Vielzahl von Personen gezeigt, dass es den Hamburgerinnen und Hamburgern, nicht egal ist, wenn ihre Freiheitsrechte beschnitten werden. Spätestens mit dem Camp-Verbot von Innensenator Andy Grote und dem repressiven Einschreiten der Polizei gegen den Camp-Aufbau auf Entenwerder entgegen einer anders lautenden Gerichtsentscheidung hat sich gezeigt, wie wichtig unsere Initiative zur Verteidigung der Grundrechte ist.

Carola Ensslen, Rechtsanwältin: »Die Polizei hat bei der ›Welcome to Hell‹-Demonstration das Vermummungsverbot bei ansonsten friedlichen Teilnehmer*innen sehr repressiv ausgelegt. Das bestätigt die rechtliche Fragwürdigkeit der Strafbarkeit von Vermummungen. Es gibt der Polizei ein Mittel in die Hand, Versammlungen nach Belieben zu verhindern. Die Hamburger Polizei hat das in exzessiv grundrechtsfeindlicher Weise ausgenutzt und dabei in den beengten räumlichen Verhältnissen auch noch Leib und Leben der Versammlungsteilnehmer*innen aufs Spiel gesetzt. Innensenator Andy Grote nennt dies dagegen ›ein Schaufenster moderner Polizeiarbeit‹!«

Gewalttätige Ausschreitungen sind jedoch nicht zu rechtfertigen. Mit der Wahrnehmung von Grundrechten hat das nichts zu tun. Noch ist wenig über die Hintergründe bekannt. Dennoch ist die Polizei weiter bestrebt, die öffentliche Wahrnehmung im Sinne einer Bestätigung für ihre Abschreckungs- und Eskalationsstrategie zu beeinflussen. Sogleich sind es die Camps, aus denen angeblich Gewalttätige gekommen sein sollen. Zur Abschreckung, insbesondere auch vor der Großdemonstration »Grenzenlose Solidarität statt G20«, war von 8.000 Gewaltbereiten die Rede. Nach den Ausschreitungen am 07.07. sprach die Polizei von 1.500 »militanten Personen« – und auch das scheint eher hoch gegriffen.

Andreas Gerhold, Cannabis Social Club Hamburg: »Der laute und bunte Protest am Sonntag hat gezeigt, dass es den allermeisten Menschen nur um eines ging: Ihre Meinung öffentlich und gemeinsam kundzutun – auch und gerade für Grundrechte und Demokratie. Vor allem junge Menschen, denen man zugestehen muss, rebellisch zu sein, und die sich auch in den Protestformen erst erproben, erlebten seitens der Polizei aber eine eklatante Missachtung der Versammlungsfreiheit. Unverhältnismäßige Schlagstockeinsätze, Tritte, die unterbundene Versorgung von Verletzten, Ingewahrsamnahmen, die Zustände in der Gefangenensammelstelle, die Demonstrationsverbotszone und vieles mehr werden noch ein juristisches und politisches Nachspiel haben. Die Polizei hat die Auseinandersetzungen gezielt gesucht und provoziert. Wir brauchen jetzt zur Klärung der Ereignisse und zur Beantwortung der Frage, inwiefern die Polizeistrategie zur Eskalation beigetragen hat, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Es hat sich wieder gezeigt, dass wir dringend eine Kennzeichnungspflicht und eine unabhängige Beschwerdestelle brauchen.«

Die Initiator*innen fordern vom Senat, eine unabhängige Stelle für Beschwerden wegen Grund- und Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei – auch in ihrer Funktion als Versammlungsbehörde – einzurichten. Die Arbeit der Beschwerdestelle soll von einem ehrenamtlichen Beirat, der sich aus fachkundigen Personen aus der Zivilgesellschaft zusammensetzt, begleitet werden.

Quelle: Hamburg ist unsere Stadt / RedGlobe