Regierungserklärung des Ministerpräsidenten von Katalonien, Carles Puigdemont

100px Flag of Catalonia.svgDie Regierung von Katalonien wurde heute zum Ziel einer koordinierten Aggression seitens der polizeilichen Kräfte des spanischen Innenministeriums. Diese hat zum Ziel, zu verhindern, dass das gesamte katalanische Volk am 1. Oktober in Freiheit und Frieden an den Urnen seine Meinung zum Ausdruck bringen kann. Sie soll auch die Handlungsfähigkeit der katalanischen Regierung, die sich nach freien Wahlen am 27. September 2015 konstituiert hat, unterbinden. Eine Regierung, die über eine breite gesellschaftliche und parlamentarische Unterstützung verfügt und die demokratische Legitimität besitzt, die Interessen seiner Bürger und deren Selbstbestimmungsrecht zu verteidigen. Die Aggression birgt jegliche rechtliche Grundlage und verletzt den Rechtsstaat und sämtliche verfassungsrechtlichen Garantien. Des Weiteren verletzt sie die Grundrechte der Charta der Europäischen Union. In den letzten Stunden und vor allem am heutigen Tag, hat der spanische Staat de facto die Selbstverwaltung Kataloniens außer Kraft gesetzt und damit auch de facto den Ausnahmezustand herbeigeführt.

Die Freiheit wurde aufgehoben und unterdrückt. Die Bürgermeister katalanischer Gemeinden werden von der Staatsanwaltschaft verhört ohne irgendwelche Straftaten begangen zu haben, einzig und allein zum Zweck der Einschüchterung, wie es sogar der Generalstaatsanwalt zugegeben hat. Er verwechselt die seinem Amt innewohnende Autorität mit einem Freischein, um sämtliche Garantien und Verfahren zu umgehen, die er eigentlich verpflichtet wäre zu schützen.

Die Polizeiaktionen an unterschiedlichen Amtssitzen der Regierung von Katalonien, die Festnahmen hoher Regierungsbeamter und von Fachleuten der Regierung, die willkürlichen Durchsuchungen, sogar in Privathaushalten, die Einschüchterung der Medien, ein Vorgehen der Staatsanwaltschaft außerhalb gerichtlicher Kontrolle, der Versuch, die Konten der Regierung von Katalonien ohne Gerichtsbeschluss zu intervenieren, die Verletzung des Fernmeldegeheimnisses, die Schließung von Webseiten und die Bedrohung der gesamten Bevölkerung, die ihre Meinung zum Ausdruck bringen und über ihre Zukunft abstimmen möchte, das alles stellt eine für eine Demokratie inakzeptable Situation dar. Es steht für eine Regierung, die der Forderung einer Mehrheit des katalanischen Volkes mit der Aufhebung des Rechtsstaates und der Belagerung der Demokratie und der Freiheitsrechte begegnet.

In dieser Situation möchte die Regierung von Katalonien ihren Bürgern eine klare Botschaft übermitteln:

Wir verurteilen und lehnen die totalitäre und antidemokratische Haltung des spanischen Staates und einer Regierung ab, die sich mit dem Antlitz der Intoleranz schmückt, das im Verlauf der spanischen Geschichte einen Großteil der spanischen Politik geprägt hat.

Wir unterstützen die festgenommenen Mitglieder und öffentlichen Bediensteten der Regierung von Katalonien auf politischer, rechtlicher und persönlicher Ebene. Wir zeigen die gesetzeswidrige Suspendierung und Intervention der Regierung von Katalonien seitens der spanischen Regierung an, welche die grundlegenden Prinzipien der Demokratie nicht respektiert.

Wir wiederholen, dass unsere Antwort auf die Aggressionen und antidemokratischen Bedrohungen – die darauf abzielen, unser Zusammenleben zu sprengen –, eine demokratische und friedliche Antwort sein muss.

Wir sind der Meinung, dass die spanische Regierung die rote Linie überschritten hat, die sie von autoritären und repressiven Regimes trennte, und zu einer demokratischen Schande geworden ist.

Gemeinsam mit den wirtschaftlichen, sozialen und bürgerlichen Kräften wird die Regierung von Katalonien die notwendigen Schritte prüfen.

In jedem Fall sind wir, die Bürger des Landes, dazu aufgefordert am 1. Oktober unser demokratisches Recht gegenüber eines repressiven und einschüchternden Regimes auszuüben und mit einer massiven und bürgerlichen Antwort zu reagieren.

Wir müssen uns darauf vorbereiten, die Demokratie zu verteidigen, um Katalonien mit den einzigen Waffen zu verteidigen, die wir in der Hand haben, nämlich die Antwort der Bürger und eine friedliche und zivilisierte Haltung, die uns auch bisher in diesem Prozess ausgemacht hat.

Wir werden die Legitimität der demokratischen Wahlen der Katalanen und Katalaninnen vom 27. September 2015 verteidigen und nicht einknicken, denn dazu haben wir kein Recht. Wir werden das Selbstbestimmungsrecht der Bürger und Bürgerinnen schützen, denn dies ist unser politischer Auftrag, sowie der politische Auftrag unseres Parlaments.

Von heute bis zum 1. Oktober, dem Tag des Referendums, müssen wir Standhaftigkeit und gleichzeitig Gelassenheit beweisen. Wir müssen den Missbrauch der Staatsgewalt und die vom spanischen Staat unternommenen, illegalen Schritte aufzeigen. Doch am 1. Oktober werden wir aus dem Haus gehen, den Wahlzettel in der Hand, und wir werden ihn verwenden. Diese demokratische Handlung wird im Kontrast stehen zu den Handlungen jener, die sich der Sprache des Autoritarismus bedienen, die so lange Jahre die Politik des Staates bestimmt hat.

Die Regierung von Katalonien trifft ihre Entscheidungen stets innerhalb des rechtlichen Rahmens und der Legitimität, die auf die Wahlen vom 27. September 2015 zurückgehen. Die Regierung bleibt den Zielen der Legislaturperiode und des im Parlament beschlossenen Regierungsprogramms treu, dass zu keiner Zeit auf gerichtlicher Ebene aufgehoben wurde.

Was Katalonien derzeit erlebt, erlebt kein anderer Staat der Europäischen Union. Allen Demokraten, die sich heute über die aktuellen Ereignisse empören, sei es innerhalb oder außerhalb von Katalonien, spricht die Regierung von Katalonien Ihr Engagement und die Garantie aus, sie immer zu verteidigen.

Wir können eine Rückkehr in vergangene Zeiten nicht tolerieren und wir können nicht hinnehmen, dass man uns das Entscheidungsrecht über die zukünftigen und demokratischen Zeiten nicht zugestehen will.