Ein Sturm im Wasserglas

Am gleichen Tag, an dem die Chamber über das Wohnungsproblem diskutierte, wurde bekannt, dass eine Wohnung von 70 Quadratmetern im Royal Hamilius in der Hauptstadt mehr als 800.000 Euro kosten werde. Wollte ein Mindestlohnbezieher eine solche Wohnung kaufen, müsste er seinen ganzen Lohn von 34 Jahren Arbeit aufbringen. Bis dahin wäre er natürlich längst verhungert, so dass es einleuchtet, dass ausschließlich Reiche Kaufverträge für solche Wohnungen abschließen werden.

Dies ist nur ein, wenn auch krasses Beispiel dafür, dass in Luxemburg noch immer Reiche Wohnungen für Reiche bauen, und während die reichen Luxemburger, Franzosen, Belgier, Russen und Saudis sich in den besten Lagen in der Hauptstadt und in deren Speckgürtel einrichten, sind junge Luxemburger Familien zunehmend gezwungen, ins nahe belgische, deutsche und französische Grenzgebiet auszuweichen, weil sie es sich finanziell nicht leisten können, eine Eigentumswohnung zu kaufen, noch eine Wohnung finden, deren Miete sie verkraften könnten.

Diese Situation ist nicht neu, verschlimmert sich aber zusehend, weil es offenbar genug große Baulöwen und viele kleine Spekulanten gibt, die sich mit dem Wohnungsnotstand eine goldene Nase verdienen (dürfen), weil sie über den entsprechenden politischen Rückhalt verfügen und daher kein Interesse daran haben, dass sich über kurz oder lang etwas ändert.Wir nennen die Chamber nicht gern eine Quatschbude, weil das denen in die Hände spielt, denen selbst die bürgerliche Demokratie zu weit links angesiedelt ist, aber was sich diese Woche dort in der Diskussion über die Wohnungsproblematik abspielte, endete wieder einmal wie das Hornberger Schießen.

Natürlich gibt es auch Lösungen für das Wohnungsproblem, weil das ja keine Naturerscheinung ist. Aber das würde voraussetzen, dass die bestehenden und noch zu schaffenden staatlichen und kommunalen Wohnungsbaugesellschaften erstens die Zahl der von ihnen geplanten Wohnungen vervielfachen müssten und zweitens Tausende von Bauarbeiter einstellen müssten – was auch ein Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in der Großregion wäre –, damit der Bau von 6.000 oder mehr Wohnungen im Jahr über eine längere Zeit überhaupt zu schaffen wäre. Ebensolch konsequente Maßnahmen müssten getroffen werden, um der Spekulation mit Bauland einen Riegel vorzuschieben.

Weil solche Überlegungen sich ausschließlich im Programm der Kommunistischen Partei wiederfinden, den einzelnen Abteilungen der bürgerlichen Einheitspartei aber völlig fremd sind, können Veranstaltungen wie die am Donnerstag in der Chamber nicht mehr sein als ein Sturm im Wasserglas.

Vor drei Wochen hatten wir dies übrigens genau an dieser Stelle angekündigt und vorausgesagt, dass die verschiedenen Regierungs- und Oppositionsparteien in nächster Zeit zu großer Form auflaufen würden, um den Menschen für die Zukunft Lösungen für Probleme zu versprechen, die sie in der Vergangenheit selbst verschuldeten.

Die Chamberdebatte zur Wohnungsbauproblematik war in dieser Hinsicht erst der Anfang. Folgen werden recht bald die entsprechenden Hochglanzbroschüren, nicht nur mit neuen Versprechen zum Wohnungsbau.Wer noch einmal auf diese Manöver hereinfällt, darf nicht erwarten, dass es nach dem 14. Oktober anders, beziehungsweise besser wird.

Ali Ruckert

 

Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek