Den Mittals dieser Welt müssen die Flügel gestutzt werden

Vor einem halben Dutzend Jahren kam die Nachricht, dass das Schifflinger Hüttenwerk definitiv geschlossen werde, nachdem die gesamte Produktion bereits 2011 eingestellt worden war.

Die Demontage der »Schëfflinger Schmelz« war zu jenem Zeitpunkt der letzte Akt in einer langen Reihe von Schließungen von Betriebsabteilungen und ganzen Hüttenwerken, die 1974 begonnen hatten und die mit der feindlichen Übernahme von Arcelor durch den indischen Kapitalisten Lakshmi Mittal keineswegs abgeschlossen waren.

Obwohl der Luxemburger Staat ein bedeutender Aktionär von ARBED-Arcelor war, rührte die Regierung während all der Jahre keinen Finger, um Schließungen zu verhindern – auch nicht im Verwaltungsrat des Stahlkonzerns. Sie beschränkte sich vielmehr darauf, die Demontage mit öffentlichen Geldern zu begleiten und sie »sozialverträglich« zu gestalten, so dass große Proteste gegen den Abbau von Tausenden von hochqualifizierten Arbeitsplätzen ausblieben.

Die Alternative – die einzige Alternative –, um die Hüttenwerke und Arbeitsplätze zu erhalten und in moderne Betriebe und die Weiterverarbeitung von Stahlprodukten zu investieren, wäre eine Verstaatlichung der Betriebe von ARBED-Arcelor gewesen. Aber die KPL war die einzige politische Partei, die diesen Weg gehen wollte. Tausende Stahlarbeiter unterstützten die Forderung nach Verstaatlichung mit ihrer Unterschrift, und im Stahlsyndikat des OGBL gab es sogar eine Mehrheit dafür, aber die nationale Leitung der größten Gewerkschaft – gefangen in der Ideologie der Sozialpartnerschaft und behaftet mit antikommunistischen Vorurteilen – wollte das nicht zur Kenntnis nehmen.

Seit der Übernahme der Luxemburger Stahlindustrie durch Mittal wurden übrigens keine großen Investitionen in neue Stahlbetriebe vorgenommen, der Abbau von Arbeitsplätzen ging weiter, und das Schifflinger Werk wurde geschlossen, obwohl es – wie eine vom OGBL in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie zeigte – mit einem Minimum an Investitionen, 350 bis 390 Vollzeitbeschäftigten und einer Produktion von 650.000 bis 800.000 Tonnen hätte weiter arbeiten und Gewinn abwerfen können.

Dass im Schifflinger Fall wie bei allen vorangegangenen Abbau- und Schließungsplänen nicht die Interessen der Stahlarbeiter und ihrer Familien, noch die nationalen Interessen berücksichtigt wurden, hat mit den Besitzverhältnissen zu tun. Nicht die Lohnabhängigen zählen, sondern die Profitinteressen einer kleinen Minderheit von Kapitalisten.

Im Falle des Düdelinger Werkes von ArcelorMittal, das der Stahlkonzern, zusammen mit weiteren Betrieben in Belgien und anderswo demnächst verschachern will, um das größte europäische Stahlwerk im italienischen Apulien zu kaufen, von dem Mittal sich hohe Profite verspricht, ist das nicht anders.

Die Rolle der EU-Kommission in dieser Sache besteht darin, als idealer Gesamtkapitalist für einen Ausgleich zwischen den großen Kapitalgruppen zu sorgen. Immerhin wurden die EU und ihre Vorgängerorganisationen geschaffen, um die Interessen des Kapitals auf kontinentaler Ebene durchzusetzen.

Lamentieren oder sich gelegentlich aufplustern, wie das der eine oder andere Minister tut, hilft da wenig, solange keine Bereitschaft da ist, den Mittals dieser Welt die Flügel zu stutzen und dafür zu sorgen, dass die Wirtschaft den Lohnabhängigen zu dienen hat und nicht umgekehrt.

Ali Ruckert

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek