Rettet das Grundrecht auf Asyl!

Auf der Demonstration „Rettet das Grundrecht auf Asyl“, die am 29.09.2018 in Traunstein stattfand, sprach für die VVN-BdA Traunstein Rainer Thiemann:

Wir können heute leider nur noch das europäische Grundrecht auf Asyl verteidigen, weil das ursprüngliche Asylrecht vor 25 Jahren durch die großen Parteien stark verändert wurde. Es wird seit vielen Monaten immer wieder behauptet, dass dieses ehemalige Asylrecht nichts mit dem Nazifaschismus zu tun gehabt hätte, sondern nur eine Rechtsansicht , der sich im Jahre 1948 etablierenden UN–Weltrechtsordnung, gewesen sei. Das ist nicht richtig.

Das Recht auf Asyl hat mit den Erfahrungen derer zu tun, die während des deutschen Nazifaschismus und des europäischen Faschismus verfolgt wurden und oft gezwungen waren, ins Exil zu gehen. Die Väter und wenigen Mütter des Grundgesetzes, vor allem der komplette Hauptausschuss, stimmten dem einschlägigen Paragraphen des GG mit nur drei Gegenstimmen, also mit überwältigender Mehrheit zu, weil alle, auch die Christsozialen und die Sozialdemokraten, von den Erfahrungen der Nazizeit geprägt waren.

Ein Beispiel für das damalige Rechtsverständnis: Als der KPD-Abgeordnete Renner den Antrag stellte, den unbestrittenen Passus „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ um die Worte „einschließlich des Rechts auf Arbeit“ zu erweitern, wandte Carlo Schmid für die Christsozialen ein, diese Erweiterung sei vollkommen überflüssig, da man ja schon in §2 Grundgesetz das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit festgeschrieben habe. Und dazu gehöre immer das Recht auf Arbeit! Adenauer stimmte wie alle anderen zu!

Liebe Freundinnen und Freunde:

Wir können also festhalten:

1. Arbeitsverbote für Asylbewerber oder gleichgestellte Personen haben nichts , aber auch gar nichts mit den Absichten der Väter des Grundgesetzes zu tun und sind oder wären grundgesetzwidrig im Sinne der Väter des Grundgesetzes!

2. Wir Antifaschisten fordern die Mindestrechte einzuhalten und das sind Rechte, die für die Väter des Grundgesetzes selbstverständlich waren, und zwar in einer Situation, wo hier ALLES VERARMT WAR und Hunger und Not herrschten:

Kein Arbeitsverbot für Flüchtlinge in Europa
Keine Residenzpflicht für Flüchtlinge in unserem Land

Nun stehen wir heute hier und können uns für das europäische Grundrecht auf Asyl einsetzen, welches extrem bedroht ist. Auch ein Herr G. und Frau W. von einer Scheinalternative für Deutschland haben auf einer Bundespressekonferenz betont: „Die grundsätzliche Lösung des Problems liegt darin, das individuelle persönliche Grundrecht auf Asyl abzuschaffen.“ Dann würden Beamte prüfen, ob jemand dableiben darf oder nicht. Asyl wird zur Ermessenssache. Die jeweilige Regierung würde nach Interessenlage entscheiden. Das erinnert an 1933 bis 1945.

Meine Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,
Das haben wir schon auf der grossen Konferenz von Evian im Jahre 1938 erlebt, wo die europäischen Staaten mit Nazi-Deutschland über die Aufnahme von Juden verhandelten und kein einziger Staat wollte diese aufnehmen!
Die 10000 jüdischen Kinder die dann letztendlich aus Österreich nach England fahren konnten ,waren nur ein Ergebnis persönlichen Engagements einiger privater Kreise in England .Sonst war das Verhalten der europäischen Politiker eine politische und moralische Bankrotterklärung.
Deutschland wurde eben bis 1938 von den späteren Kriegsgegners gepäppelt und gefördert.

Und was stand dann hier in Traunstein und Bayern nach der Konferenz in den Nazizeitungen?

Seht her! Wir mögen dieses Judenpack nicht, sie können jetzt gehen……Aber seht her, wie Recht wir haben, denn die anderen Staaten wollten die Juden auch nicht haben!

So war es tatsächlich damals, als es kein Asylrecht gab und jeder Antifaschist oder Jude um Aufnahme betteln musste. Völkischer Beobachter (Nazizeitung): „die anderen sind ja noch grössere Antisemiten als wir!!!!“

Von 1993 bis 2015 haben Bundesgerichte mit ihrer Rechtssprechung die Beanspruchung des Grundrechts auf Asyl stückweise geschmälert, und auch Frau Merkel gibt der nationalistischen Internationale in Europa Stück für Stück nach.

Und denjenigen AFDler, meine Damen und Herren, die sich hier in unseren Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein aus der russlandsdeutschen Szene heraus etabliert haben sei folgendes gesagt:

Willy Brandt hat 1972 als Bundeskanzler der Bundesrepublik der damaligen Sowjetunion mit dem Moskauer Vertrag das Recht auf Familie gemäß der Grundrechtecharta abgerungen und in Helsinki verankern lassen. Millionen Menschen, die in ihrem sowjetischen Pass als Nationalität deutsch eingetragen hatten, oder mit einer solchen Person verheiratet waren, profitierten davon.

Und nun stellen die AFD- Leute mit russlandsdeutschen Hintergrund, die selbst oder ihre Eltern von diesem Grundrecht profitiert haben, das Grundrecht auf Familienzusammenführung in Frage, bzw. es soll dieses Recht nur für sie allein gelten, nicht für Menschen anderer Regionen! Das ist ihre absurde völkische Weltanschauung! Grundrechte nach Abstammung, nicht nach Menschsein!

Wir sagen hier und heute: ihr steht außerhalb der Verfassung, ihr seid keine Staatsbürger auf republikanischer Grundlage, sondern offene Rassisten. Keine Demokraten, sondern willige Helfershelfer für völkische Herrschaft. Wir fordernd deshalb auch aktuell:
Das Grundrecht auf Familienzusammenführung jetzt sofort und ohne Einschränkung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

spätestens seit Nine Eleven, aber auch schon vorher, ist eine weltpolitische Situation eingetreten, die starke Auswirkungen auf die Entwicklung der Fluchtbewegung nach Europa hatte, was wir auch hier in den Landkreisen zu spüren bekommen haben. Die ungerechte Weltwirtschaftsordnung wird von den Westmächten unter Führung der USA mit allen Mitteln verteidigt. Der Nahe Oste ist destabilisiert, die humane Entwicklung in vielen afrikanischen Staaten stagniert. Dazu kommen die Folgen von Umweltzerstörung, speziell Klimawandel. Deutschland verfolgt im Rahmen der NATO immer stärker eine militaristische, imperiale Außenpolitik. Nicht die Befriedung, der Ausgleich und die gleichzeitige Entwicklung der Menschheit werden in den Mittelpunkt gestellt. Nein, mit alten und neuen Feindbildern wird die Gesellschaft auf militärische Abenteuer eingestimmt. Unsere Streitkräfte werden auf Auslandseinsätze hin orientiert, und nun soll auch noch der Weltraum als Schlachtfeld erschlossen werden.

Was machen dabei unsere demokratisch gewählten Politiker im Landkreis? Da treffen sich Minister Marcel Huber, Frau Minister Kanniber, der Landrat von Traunstein Herr Siegfried Walch, der Landrat vom Berchtesgadener Land Herr Grabner, die Bürgermeister unserer Städte und Gemeinden zusammen mit Herrn Ramsauer und begeistern sich, wenn deutsche Soldaten in die Welt hinausziehen!

Was reden sie denn, vor den Generalen und Bürgermeistern unserer Region und den jungen, neu vereidigten Soldaten?

Minister Huber: „Die Auslandseinsätze sind ein Bekenntnis zu wehrhaften Demokratie.“ Marcel Huber ist für Rüstungsexporte und gegen jede Kritik daran, Landrat Siegfried Walch klatscht dabei, wenn der Minister sagt: „Man kann dem IS -Terror nicht mit Mahnwachen begegnen. Deshalb ja zu Rüstungsexporten.“ Wie wenn Deutschland Rüstungsgüter zur Bekämpfung des IS exportieren würde! Diese Beschönigung der immer militarisierteren Politik, die dauernde Unwahrhaftigkeit gegenüber der Bevölkerung hat Methode. Wir liefern Rüstungsgüter an jede Diktatur, die unseren Interessen entspricht, wenn der Export profitabel ist, auch an das wahabitische Regime der Saudis und andere islamistische Führer und Militärs, auch an kriegsführende Länder – sie bekommen deutsche Rüstungsgüter, wenn sie strategisch unsere angeblichen Interessen absichern! Es kommt noch besser: Landrat Grabner offiziell:

„Wer Flüchtlingsströme verhindern will, und das Leid und die Entwurzelung der Flüchtlinge aufhalten will, muss Ja zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr sagen.“

Meine Damen und Herren!

Das zeigt sich in Afghanistan ebenso wie in Mali. Die Flüchtlingsströme haben sich mit der Militarisierung der Außenpolitik vergrößert, die Aufrüstung macht die Welt viel unsicherer. Dasselbe gilt für eine Globalisierung, die nur einseitig Vorteile für eine Minderheit bringt. Es mag sein, das die Bundeswehr manchmal Flüchtlinge am Weitergehen hindert. Aber dies ist keine Verhinderung von Flüchtlingsströmen. So stellen es sich freilich die nationalistischen und völkischen Kreise bei uns vor.

Wir sind an dieser Stelle einmal für geschlossene Grenzen! Residenzpflicht!
Schließen wir die Grenze für die Bundeswehr, auch für die Gebirgsjäger!

Marcel Huber , CSU, hat beim Abmarsch von Soldaten aus Bad Reichenhall nach Afghanistan unter Beifall der Landräte , der Herren Walch und Herrn Grabner, und der Landtags- und Bundestagsabgeordneten verkündet:
„Das ist der Beitrag zum Bekenntnis einer wehrhaften Demokratie!“

Ist es grundgesetzkonform, unsere Demokratie am Hindukusch zu verteidigen? Niemals!

Ist denn seit dem sogenannten „Krieg gegen den Terror“ die Demokratie gefestigt worden? Heute werden zwei Drittel von Afghanistan von den Islamisten kontrolliert. Andere Provinzen werden von loyalen Warlords beherrscht. Es gibt kaum ein staatliches Gewaltmonopol. Staatliche Ordnung ist auf die Hauptstadt und Provinzstädte beschränkt. Ein demokratisches System sieht anders aus.

Liebe Landräte, liebe Bürgermeister der Landkreise Traunstein und BGL, lieber Herr Huber, hören sie endlich auf, diese militaristische Politik zu unterstützen, die nachweisbar Flüchtlingsströme erzeugt hat und erzeugt.

Treten Sie für eine wirtschaftliche und soziale Offensive in Nordafrika und im Nahen Osten ein – mit Basisdemokratie, Kommunalisierung und Ausbildungsoffensiven.

Keine einzige Strategie , die auf Militär, Polizei, Abschottung, Grenzkontrollen, autoritäre Gesetze und Abschiebelager setzt, kann die sozialen und ökologischen Katastrophen der Zukunft verhindern, insbesondere nicht die Folgen daraus, denn Europa war und wird nie eine Festung sein. Das ist rein technisch –Gott sei Dank- noch über einen längeren Zeitraum nicht möglich.

Wenn wir aber aktiv für die Lösung der erkennbaren Probleme arbeiten, wird es Heimatverlust zu einem großen Teil nur noch aus beruflichen Gründen geben. Und  dann zumeist freiwillig.

Ein neuer Marshallplan für Nordafrika und den Nahen Osten verhindert zukünftige Völkerwanderungen.
Schnell die Klimaziele erreichen, verhindert Völkerwanderungen.
Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit verhindert Völkerwanderungen.

Quelle:

VVN-BdA Landesvereinigung Bayern