Vom pazifistischen Paulus zum kriegerischen Saulus

Wenige Tage vor Ostern hat das EU-Parlament Pläne für einen milliardenschweren Rüstungsfonds beschlossen. Der Fonds, der 2021 einsatzbereit sein soll, wird zunächst mit 13 Milliarden Euro für Rüstung und künftige Kriege ausgestattet.

Diese Entscheidung kommt nicht überraschend, sondern ist eine logische Konsequenz des Lissabon-Vertrags, der die EU-Länder dazu verpflichtet, systematisch aufzurüsten.

Begründet wird dies von den neuen kalten Kriegern einerseits mit der angeblichen »Bedrohung durch Russland«, andererseits will die EU-»Friedensunion« militärisch unabhängiger von den USA und der NATO werden, um überall in der Welt ihre geopolitischen Interessen und die Profite ihrer Konzerne auch militärisch durchsetzen zu können.

Deutschland und Frankreich müssten auch und vor allem im Bereich der militärischen Fähigkeiten der EU, die Führungsrolle übernehmen, polterte am gestrigen Freitag Armeeminister François Bausch in der Wochenzeitung »d’Lëtzebuerger Land«. Da ist es nicht verwunderlich, dass der olivgrüne Minister den Protest einer Parteikollegin am Atomwaffenlager »Kleine-Brogel« als »falsche Form und falschen Zeitpunkt aufgrund veränderter geopolitischer Rahmenbedingungen« abkanzelte.

Bausch ist das perfekte Beispiel für die Wandlung eines pazifistischen Paulus zum kriegerischen Saulus.

Er selbst rechtfertigt diesen Verrat mit schwülstigen Erklärungen, während das »Land« daraus schlussfolgert, dass weniger der parteipolitische Aufstieg der Grünen als vielmehr die kulturelle Ergrünung weiter Teile der Gesellschaft die militante, unter Umständen auch militärische Verteidigung des Erreichten »gegen kulturfremde Bedrohungen« im weitgehenden sozialen Konsens legitimiere.

Wer aufrüsten will, findet immer eine Rechtfertigung dafür. Das war so, als im Kalten Krieg die Bedrohungslüge erfunden wurde und der Sowjetunion unterstellt wurde, sie wolle ganz Europa mit ihren Panzern überrollen, das war nicht anders, als die »Bommeleeër« vor 35 Jahren in Luxemburg im Auftrag der USA und der Geheimarmee der NATO die Aufrüstung der Armee und der Polizei herbeibombten, das hat sich bis heute nicht geändert.

Inzwischen ist es wieder einmal der »Ennemi mat der Pelzekap« – diesmal allerdings ohne den Roten Stern – der herhalten muß, um die höchsten Luxemburger Rüstungsausgaben aller Zeiten und den Kauf eines Militärflugzeugs, eines Spionagesatelliten, militärischer Drohnen, militarisierter Helikopter und neuer Militärfahrzeuge zu rechtfertigen.

Diese Aufrüstung, die mit einer Ausweitung der militärischen Aufgaben der Armee und mit dem Anheuern von Söldnern einhergehen soll (so darf man doch wohl Bürger mit einem ausländischen Pass nennen, die sich in den Dienst des Luxemburger Staates stellen), geschieht in breitem politischem Konsens und wird von allen Parteien unterstützt, die ansonsten auch Anhänger der kapitalistischen Ausbeutergesellschaft sind – nach dem Motto: Wir haben zwar 17 Prozent Arme, 25.000 Arbeitslose und 30.000 fehlende Wohnungen, aber die in einem Angriffkrieg gegen Russland zu verteidigen müssen wir jederzeit bereit sein.

Wie man sieht, wird es in nächster Zeit erforderlich sein, die Friedensbewegung, die vor zwei Wochen erstmals seit langen Jahren wieder mit Erfolg einen Ostermarsch gegen Krieg und NATO und für Abrüstung organisierte, zu stärken. Damit die Militaristen aller Couleur in die Schranken verwiesen werden.

Ali Ruckert

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek