Lohnsteuerreform: Versprechen & Wirklichkeit

Die türkis-grüne Lohnsteuerreform ist mit der Regierungsklausur nun also auf Schiene gebracht. Und das neue Kabinett feiert sich über diese – als wortidente Blaupause von Türkis-Blau übernommenen – Lohnsteuerreform. Aus Sicht der einfachen ArbeiterInnen und Angestellten allerdings zu Unrecht.

Die Mär der „Armutsbekämpfung“ und „Entlastung derGeringverdiener“

Zwar findet sich der 1. Schrittder Lohnsteuerreform, die „Senkung des Eingangssteuersatzes von 25% auf 20%“ ab2021, im Regierungsprogramm neben dem Steuerkapitel zugleich im „Paket zurArmutsbekämpfung“. Nur ist dies eine glatte Irreführung.

Denn das ärmste Einkommensdrittel, satte 1,3 Mio. Beschäftigte im Land, die ohnehin schon so wenig verdient, dass sie unter dem Eingangssteuersatz liegen (wofür man mehr als 1.250 Euro brutto verdienen muss), gehen dabei schlicht leer aus und erhalten nicht einen müden Cent mehr im Geldbörsl. (Zumal schlichtweg überhaupt keine, nicht einmal eine basale Erhöhung der Negativsteuer vereinbart wurde).

Für die Beschäftigten der 1. Steuerstufe wiederum, bringt die Tarifreform maximal 350,- Euro im Jahr ab einem Bruttomonatsgehalt von rd. 1.800,- Euro. Das gleicht noch nicht einmal die kalte Progression aus. Ja, für eine Beschäftigte mit einem Nettoeinkommen von 1.125,- Euro aufs Konto bringt die Tarifreform beispielsweise leidgliche 11,- Euro im Monat. Auch sie beißen in Wirklichkeit in den sauren Apfel. Das heißt: Geringerverdiener und Niedriglöhner, viele weibliche Beschäftigte, prekär Beschäftigte sowie Werktätige mit Migrationshintergrund schauen demnach weitgehend durch die Finger.

Unterm Strich: Eine Reform für Gutverdiener

Beim dem mit 2022 kommenden 2. Schritt der weiteren Senkung der zweiten und dritten Stufe der Einkommenssteuer von 35% auf 30% und von 42% auf 40%, steckt der Teufel der Gesamtreform wiederum im Detail.

Zwar ist eine Senkung der unterenEinkommenssteuersätze zunächst prinzipiell zu begrüßen. Da die Einkommenssteuerin Österreich allerdings ein zusammengesetzt progressiver Tarif ist, in dem diehöheren Einkommen die jeweiligen Steuerentlastung durch alle Tarifstufenmitnehmen und aufsummieren – also auch von der Senkung der unterenTarifstufen voll profitieren – ist deren Steuerentlastung auch höher, als dieder mittleren und geringeren Einkommen. So tritt die Höchstentlastung von 1.580Euro im Jahr, erst ab einem Bruttomonatseinkommen von 6.000 Euro ein (nur 3%der Steuerpflichtigen verdienen so viel oder mehr), während dasDurchschnittseinkommen der Beschäftigten in Österreich bei ca. 2.300 Euroliegt.

Dass die Einkommenssteuerreform also „insbesondere geringe und mittlere Einkommen spürbar entlastet“ ist, wie im Regierungsprogramm formuliert, falsch.

Richtig ist vielmehr, dass die Beschäftigten undKonsumentInnen – aktuell 80% des Gesamtsteueraufkommens beitragend – auch nachder türkis-grünen Steuerreform die Goldesel und Melkkühe der Nation bleiben.

Zugleich frisst die kalte Progression mit dem Aufschub der Lohnsteuerreform auf die Jahre 2021 bzw. 2022 nach aktuellen Berechnungen rd. 400 Mio. Euro pro Jahr Aufschub von den Löhnen und Gehältern weg.

Drohende Sparpakete zur Finanzierung

Gleichzeitig sinken die Steuereinnahmen mit dervorliegend geplanten Einkommenssteuersenkung massiv ab. Oder andersrum kostetsie massive 4 Mrd. Euro jährlich (ein Zehntel davon kommt Selbständigen zu), sodass mangels Gegenfinanzierung (über etwa Millionärssteuern etc.) Belastungs-und Sparpakete auf uns zurollen werden und wir diese „Reform“ letztlich aus dereigenen Tasche zahlen müssen.

Für einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Lohnsteuer

Dies ließe sich vermeiden und eine sozialer ausgestaltete Lohnsteuerreform erreichen, wenn die Steuersätze entsprechend differenzierter angepasst würden, der Progressionsverlauf nach oben verlängert und der Spitzensteuersatz wieder rigoros angehoben würde. Damit ließe sich nämlich zum einen eine sozial ausgleichendere Steuerreform erzielen und die Staatseinnahmen per Saldo, also in ihrem Volumen, aufrecht erhalten oder sogar erhöhen.

Dafür bräuchte es allerdings eine gänzlich neue, gewerkschaftlich eigenständige Lohnsteuerreform-Konzeptionen und den aktiven, ernsthaften Kampf um deren Durchsetzung.

Quelle:

KOMintern