Corona und Kapitaloffensive

Die „Corona-Krise“ bedeutet massive Angriffe auf die Arbeiterklasse

Seit Anfang März nimmt die Zahl der Infizierten an SARS CoV-2 auch in Deutschland rasant zu. Auch wenn bei einem Großteil der Infizierten der Krankheitsverlauf mild abläuft, ist die Gefahr ernstzunehmender Gesundheitsverschlechterungen bis hin zur Todesfolge nicht zu leugnen. Die herrschende Klasse nutzt die Lage für umfassende Krisenmaßnahmen zulasten der breiten Masse der Bevölkerung. Dabei profitieren sie von einer schwachen ArbeiterInnenbewegung, die sich nur allzu leicht in das Krisenmanagement der Herrschenden integrieren lässt.

Am 22. März einigten sich Bund und Länder auf weitreichende Einschränkungen des sozialen Lebens. Im öffentlichen Raum wurde ein Kontaktverbot verhängt, das die Zusammenkunft von mehr als zwei Personen, die nicht familiär oder häuslich miteinander verbunden sind, untersagte. Durch strenge Kontrollen und drastische Strafen bei Vergehen konnten diese Vorgaben relativ problemlos umgesetzt werden. Doch auch ohne Repressionsandrohungen scheint die Einschränkung des Freizeitlebens auf hoher Freiwilligkeit zu basieren.

Längere Schichten, weniger Schutz

Kaum beachtet wird, dass sich das soziale Leben berufstätiger Menschen zu weiten Teilen in Produktionshallen und Büroräumen abspielt. Dort, wo die Arbeitenden Tag für Tag ihre Arbeitskraft zugunsten der Vermehrung des Reichtums ihrer Chefs einsetzen, ist „Social Distancing“ ein Fremdwort. Produktions- und Vertriebsketten wurden nicht unterbrochen, sondern die gesellschaftliche Arbeit musste zugunsten des Profits weitergehen. Dadurch gerieten diejenigen, die nicht durchgehend auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz ausweichen konnten, weiterhin ungeschützt in Kontakt mit zahlreichen Menschen. Mangelnde Vorsichtsmaßnahmen durch die erwartbaren Lieferengpässe an Desinfektionsmitteln und Schutzmasken setzten Millionen Beschäftigte unnötigen Infektionsrisiken aus. Und als würde das nicht schon reichen, müssen dank der voreiligen Reduzierung von Taktungen in öffentlichen Verkehrsmitteln die Arbeitswege weiterhin in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln überbrückt werden.
Für die Unternehmen hingegen spannte die Bundesregierung frühzeitig einen Rettungsschirm auf. Das als „Corona-Krise“ betitelte Phänomen ist letztendlich nur das letzte Puzzlestück einer sich seit längerem anbahnenden Wirtschaftskrise, die ihre Ursache in der Überproduktion hat. Der Kapitalismus schafft in regelmäßigen Abständen sogenannte „zyklische Krisen“, deren Kern darin besteht, dass die produzierte Menge an Waren nicht ausreichend AbnehmerInnen in der Bevölkerung findet. Das führt dazu, dass Waren und Produktionsmittel (also Produzenten und Maschinen) vernichtet werden müssen. Also wurde schleunigst die Anpassung des KurzarbeiterInnengeldes umgesetzt. Unternehmen konnten somit Beschäftigte, für die sie aktuell keine Verwendung haben, mit 60 bzw. 67 % (bei Beschäftigten mit Kindern) ihres Nettoeinkommens abspeisen. Die Beiträge übernimmt die Bundesagentur für Arbeit, die sich wiederum durch Steuern und Abgaben der arbeitenden Bevölkerung finanziert. Daneben drohen Massenentlassungen z.B. in der von der Krise besonders stark betroffenen Metall- und Automobilindustrie. Den Unternehmen hingegen werden großzügig Steuern erlassen und sie erhalten -als Liquiditätshilfen getarnte- staatliche Kredite, deren Rückzahlung mehr als fraglich ist. Außerdem hat die Bundesregierung die gesetzliche Grundlage zur Ausweitung der Arbeitszeit in „systemrelevanten“ Berufsgruppen auf 12 Stunden pro Tag geschaffen. Die täglich vorgeschriebene Ruhezeit wird gleichzeitig auf 9 Stunden zwischen zwei Schichten reduziert.

Uneinigkeit und mangelnde Kampflust

Alle diese Maßnahmen treffen die lohnabhängig Beschäftigten besonders schwer. Millionen droht Armut durch Arbeitsplatzverlust oder Kurzarbeit. Diejenigen, deren Arbeitsplätze vorerst gesichert sind, sind gezwungen, noch mehr und unter noch härteren Bedingungen weiter zu schaffen. Viele Gründe also dafür, dass sich die Arbeitenden wehren müssen, um ihr Überleben in der Krise zu verteidigen. Allerdings sind die Gewerkschaften, die wirkungsmächtigste Selbstorganisation der Beschäftigten, voll im Krisenmodus der herrschenden Klasse angekommen. So können sich die DGB-Gewerkschaften aktuell noch nicht einmal auf eine klare Forderung zum KurzarbeiterInnengeld einigen. Während die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sich mit einer Petition an die Bundesregierung wandte, in der die Erhöhung des KurzarbeiterInnengeldes auf 90% gefordert wurde, beharrten der DGB und z.B. die NGG in Stellungnahmen auf die Forderung nach 80% des Nettogehalts. Ein weiteres Beispiel der geringen Kampfeslust der Gewerkschaften ist die überhastete Absage der Demos und Kundgebungen zum 1. Mai. Bereits am 20. März erklärte der DGB Vorsitzende Reiner Hoffmann die Absage aller Maikundgebungen. Die Gewerkschaftsführungen verschließen sich seitdem jeglichen Initiativen auf lokaler Ebene, die trotz Kontaktverbot und unter Einhaltung sämtlicher Infektionsschutzregeln Aktionen im öffentlichen Raum durchführen wollen. Ausgerechnet am traditionsreichen Internationalen Kampftag der Arbeiterklasse wäre eine gewaltige und sichtbare Manifestation der ArbeiterInnenbewegung wichtiger denn je.

Was tun?

Wie kann also der Widerstand gegen die Angriffe von Regierung, Banken und Konzernen organisiert werden? Wir dürfen nicht aufhören, in den Gewerkschaften und im Betrieb auf die einseitige Abwälzung der Krisenlasten hinzuweisen. Wir müssen mit den KollegInnen über die Auswirkungen der Krisenmaßnahmen diskutieren und auf gemeinsame Aktionen drängen. Nur wenn wir zusammenstehen und gemeinsam Druck auf die UnternehmerInnen ausüben, werden unsere Rechte Beachtung finden. Denn auch in der Krise gilt: Es gibt kein Wir von Kapitalisten und Arbeiterklasse- um unsere Sache müssen wir uns selbst kümmern!

Sepp, Wuppertal

Quelle:

SDAJ – Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend