800 Wochen Protest: Erklärung der Samstagsmütter

Wir sind entschlossen! Wir werden unsere Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit nicht aufgeben!

Als Familien – und Menschenrechtsverteidiger der verschwundenen Menschen in der Türkei, deren Existenz nach der Verhaftung durch die Sicherheitskräfte des Staates nicht sichergestellt ist und nie wieder von ihnen gehört wurde, ist der friedliche Widerstand, den wir mit der Forderung gestartet haben, „die Vermissten zu finden und Gerechtigkeit zu fordern“, jetzt 800 Wochen lang.

Seit 800 Wochen kämpfen wir in der Türkei, in der Verfassung, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, unabhängige Justiz und Gerechtigkeit nur einen einzigen Namen haben, trotz allem Drucks für Wahrheit und Gerechtigkeit.

Wir klagen seit 800 Wochen an: Welches Schicksal ist unseren Angehörigen widerfahren, die nach ihrer Inhaftierung verschwunden sind? Warum werden diejenigen, die unsere Angehörigen verschwinden ließen, unter missachten aller rechtlicher Grundlagen geschützt?

Warum können trotz aller Beweise, trotz der Zeugen, trotz des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, Gerichtsurteile, die Akten des Verschwundenen nicht straffrechtlich verfolgt werden?

Warum wird unser Recht auf Wahrheit und Gerechtigkeit verweigert?

Warum unterschreibt, ratifiziert und implementiert die Türkei nicht das Übereinkommen der Vereinten Nationen über den Schutz aller Menschen durch gewaltsamen Verlust?

Anstatt diese Fragen zu beantworten, wollen die Mächte uns mit Repression und Gewalt zum Schweigen bringen. So sehr, dass eine der ersten Aktionen des Präsidialsystems der Regierung, das am 24. Juni 2018 in Kraft trat, darin bestand, unseren friedlichen Protest für die Verschwundenen auf dem Galatasaray-Platz in der 699. Woche zu verbieten. Galatasaray wurde seit dem 25. August 2018 mit Wasserwerfern, Haftfahrzeugen, Barrieren und schwer bewaffneten Polizisten 24 Stunden lang unter Blockade gehalten, damit wir nicht dort unseren friedlichen Protest vollziehen können. Galatasaray ist der Ort unserer friedlichen Treffen, die durch die Verfassung und internationale Übereinkommen garantiert sind, denen die Türkei beigetreten ist. Der Protest auf dem Platz ist unser legitimes Recht. Aber in der Türkei wird es zur Zeit als „terroristische Aktivität“ betrachtet.

In unserer 800. Protestwoche fragen wir diejenigen, die den Staat regieren, insbesondere Präsident Erdogan: Ist die Verfassung in der Türkei noch in Kraft? Wenn die Verfassung in der Türkei in Kraft wäre, würde sie das Recht auf „Versammlungen und Demonstrationen“ als grundlegendes verfassungsmäßiges Recht anerkennen und „jedem das Recht auf Versammlungen und Demonstrationen ohne vorherige Genehmigung gewähren, so wie es in der türkischen Verfassung festgeschrieben ist.“

Obwohl die türkische Verfassung so klar und deutlich ist, wird trotzdem der Galatasaray-Platz für uns verboten. Unser Wusch nach Gerechtigkeit für unsere verschwundenen Angehörigen und unser öffentlicher Auftritt, gilt als Verbrechen, das mit schweren Waffen unterdrückt werden muss.

Wir wiederholen in unserer 800. Woche noch einmal: Den Galatasaray Platz seit 101 Wochen mit Polizeigewalt zu verbieten bedeutet einen schweren Angriff auf unsere verfassungsmäßigen Rechte und Freiheiten. Der Verstoß des Staates gegen die Verfassung ist ein Missbrauch seiner Befugnisse und ein Verbrechen. Die Gesellschaft sollte sich in diesem Verbrechen nicht mit dem Schweigen begnügen.

Wir erklären noch einmal in unserer 800. Woche: Wir sind entschlossen. Wir werden die Rechte und Freiheiten verteidigen, die uns zu Menschen machen, verteidigen. Wir werden nicht schweigen bis die Türkei zu einem demokratischen Rechtsstaat wird, in dem niemand in Haft verloren geht. Wir werden unsere Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit fortsetzen, bis der letzte Vermisste gefunden ist und bis die letzten Täter bestraft worden ist. Wir werden den Galatasaray Platz nicht aufgeben, auf dem wir die Suche nach unseren Angehörigen öffentlich zeigen und an sie erinnern.

Samstagsmütter

Kommission gegen das Verschwindenlassen des Menschenrechtsvereines İstanbul

Quelle:

KOMintern