Radikale Dinge geschehen bei uns im Kleinen

Im letzten Jahr hat sich in den USA viel getan. Noch vor unserem Livestream zur BLM-Bewegung sprachen wir letztes Jahr im Rahmen einer Konferenz des Weltbundes der Demokratischen Jugend mit Maicol David von der Young Communist League über die Situation des Landes und die Einschätzungen der US-amerikanischen GenossInnen.

POSITION: Was kannst du über die Situation in deinem Land sagen? Welche Kämpfe werden geführt und welche Rolle spielt die YCL dabei?

Maicol: Wir haben drei wichtige Ansätze. Erstens: die Bildungsarbeit, zweitens: der Organisationsaufbau und drittens: die gezielte Arbeit und das bewusste Herantreten an Menschen, die sich zur Wahl registrieren lassen, manche von ihnen zum ersten Mal. Was bedeutet dieser letzte Punkt? Fast 50% aller grundsätzlich Wahlberechtigten in den USA waren zur letzten Wahl nicht als WählerInnen registriert, d.h. sie konnten nicht wählen. Hinzu kommt: diese Wahlregistratur muss alle acht Jahre erneuert werden, was gerade bei jungen Menschen und solchen über 60 Jahren oft nicht geschieht. Damit arbeiten wir, gehen mit den Wahlanmeldeformularen auf sie zu und fragen sie dabei, für welchen Kandidaten sie stimmen werden. Sehr oft sagen die Menschen, dass sie weder mit dem Kandidaten der Demokraten noch mit dem der Republikaner zufrieden sind und das ist der Moment, an dem wir anfangen, mit ihnen Alternativen zu diskutieren. Wegen der starken, antikommunistischen Vorbehalte hilft uns dieses Vorgehen, an die Menschen heranzukommen

Wie ist euer Verhältnis zur demokratischen Partei?

Maicol: Die Demokraten als solche sind nicht einheitlich, es gibt vielmehr vier verschiedene Fraktionen, die von klassisch konservativ bis zu links reichen. Direkt unterstützen wir keine davon, aber wir sehen natürlich, wie sich unterschiedliche Personen in verschiedenen Fragen, etwa dem Bereich der Gesundheitsversorgung, positionieren. Auch ein Bernie Sanders stößt Drohungen gegenüber Cuba oder Venezuela aus, aber seine Forderungen zur Gesundheitsversorgung sind gut. Wir positionieren uns also zu den Inhalten, die wir unterstützen, nicht zu den Personen. Auf lokaler Ebene, etwa bei Wahlen zum Stadtrat oder bei Bürgermeisterwahlen, ist es einfacher, da gelingt es manchmal, die Dominanz der zwei großen Parteien zu brechen, wenn einzelne GenossInnen kandidieren. Allgemein kann man sagen: radikale Dinge geschehen bei uns im Kleinen, auf lokaler Ebene.

Du bezeichnest Trump als Faschisten. Schätzt ihr also ein, dass sich die USA zu einem faschistischen Staat entwickelt haben?

Maicol: Nein. Trump als Person ist ein Faschist, aber wir bezeichnen die USA nicht als faschistischen Staat. Wir sind nicht verboten, auch die linken Teile der Demokraten nicht, aber Trump als Person und Teile seiner Regierung, sein Schwiegersohn [gemeint ist Jared Kushner, Anm.d.Red.], der auf ganzer Linie Zionist ist [gemeint ist, dass Kushner beispielsweise eine Zwei-Staaten-Lösung de facto ablehnt und die israelischen Annexionen anerkennt, Anm.d.Red.], Teile der Regierung unter Trump, die ja manchmal wöchentlich wechselt, diese Leute sind Faschisten. Gleiches gilt für den Supreme Court, dem obersten Gerichtshof, dem zwei Vergewaltiger als Richter angehören. Es gibt Genossen in der KP, die Nixon, Reagan und Bush erlebt haben und sie sagen: so schlimm wie jetzt war es noch nie.

Das Interview führte Tatjana, Schwabach

Quelle:

SDAJ – Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend