PRO ASYL ist alarmiert wegen der fortlaufenden Menschenrechtsverletzungen durch Frontex

Grundlegende Reform notwendig – neue Frontex-Spitze nur ein erster Schritt

PRO ASYL fordert das deutsche Innenministerium auf, an die Spitze von Frontex keine Person zu wählen, der illegale Zurückweisungen (Pushbacks) und andere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Am Dienstag, 20. Dezember, will der Verwaltungsrat der europäischen Grenzagentur Frontex eine neue Exekutivdirektorin oder einen neuen Exekutivdirektor bestimmen. Zur Wahl steht unter anderem die derzeitige Staatssekretärin im kroatischen Innenministerium, Terezija Gras.

„Die kroatische Polizei und andere staatliche Akteure begehen seit Jahren systematische Menschenrechtsverletzungen: An den Außengrenzen werden Menschen misshandelt, geprügelt und gewaltsam zurückgedrängt. Staatssekretärin Terezija Gras steht für diese Politik und hat sie immer wieder verteidigt. Würde sie neue Frontexchefin, besteht die Gefahr, dass systematische Rechtsbrüche und gewaltsame Zurückweisungen zur Norm innerhalb von Frontex-Operationen werden“, sagt Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von PRO ASYL.

Erst Anfang Dezember hatten PRO ASYL und das Centre for Peace Studies im Bericht »Systematische Menschenrechtsverletzungen an Kroatiens Grenzen« die Brutalität erneut zusammengefasst. Die Organisationen zeichnen in dem Bericht nach, dass Pushbacks das Fundament des kroatischen Grenzschutzes bilden. In den vergangenen Jahren wurden wiederholt Vorwürfe gegen Terezija Gras sowie Rücktrittsforderungen öffentlich, wie zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Tod der sechsjährigen Madina im kroatischen Grenzgebiet. Gras soll Menschenrechtsverteidiger*innen unter Druck gesetzt und unabhängige Ermittlungen in dem Fall behindert haben.

Die Grenzschutzagentur Frontex wird immer wieder von Skandalen erschüttert, zuletzt musste Ende April 2022 der damalige Frontex-Direktor Fabrice Leggeri zurücktreten. Dem Rücktritt vorangegangen waren Berichte eines Untersuchungsausschusses im EU-Parlament zu Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen und Medienberichte über Verwicklungen von Frontex in illegale Zurückweisungen an den EU-Außengrenzen.

Die Interimsleitung hatte in den vergangenen Monaten Aja Kalnaja inne, die den Posten behalten will und sich ebenfalls zur Wahl stellen lässt. Doch auch sie führte die bisherige Linie fort. Zudem gab es am Freitag Medienberichte, wonach das EU-Antibetrugsamt OLAF gegen Frontex ermittelt und sich dabei auch für Kalnaja interessiert.

„Die Wahl einer neuen Frontex-Spitze kann nur ein erster Schritt sein, diese skandalträchtige EU-Agentur grundlegend zu reformieren – ohne Tabus. Frontex ist menschenrechtlich außer Kontrolle“, so Kopp. Die internen Überwachungsmechanismen haben versagt, eine zwingend gebotene externe Kontrolle ist bis heute nicht etabliert. PRO ASYL fordert einen demokratischen, parlamentarisch kontrollierten Grenzschutz. Nötig ist eine unabhängige Überwachung von Frontex, um sicherzustellen, dass die EU-Agentur im Einklang mit dem Völkerrecht und der EU-Grundrechtecharta agiert.

Zur Reformagenda gehört auch: Das gigantische Frontex-Budget – aktuell etwa 750 Millionen Euro – muss massiv gekürzt werden, ebenso müssen die Verantwortungsbereiche reduziert und verändert werden.

Zur Information: Ende November hatten sich die Kandidat*innen dem Europäischen Parlament vorgestellt, einen Videomitschnitt finden Sie hier.

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Quelle: Pro Asyl